Offenbachs Oberbürgermeister Horst Schneider spricht über die kommende Stichwahl gegen seinen Herausforderer Peter Freier von der CDU, die Ambitionen der Grünen und die geringe Wahlbeteiligung.
Interview: Nils Bremer /
Journal Frankfurt: Herr Schneider, anders als bei der letzten Wahl müssen Sie diesmal ins Stechen gegen Peter Freier von der CDU. Sind Sie dennoch zufrieden? Horst Schneider: Es ist ein Etappensieg, wobei ich ehrlich sage: Der Stichwahl hätte es nicht bedurft. Angesichts der Umstände ist das Ergebnis aber auch nicht weiter verwunderlich.
Mit "Umstände" meinen Sie, dass es diesmal mit Birgit Simon auch eine Kandidatin der Grünen gab. Hat sie Ihnen die entscheidenden vier Prozent abgeluchst? Das liegt doch auf der Hand. Im Übrigen hat mir bisher keiner überzeugend darlegen können, warum die Grünen überhaupt kandidiert haben. Die Wahl zu haben, bedeutet Alternativen zu haben. Im ganzen Wahlkampf von Birgit Simon ist aber nicht deutlich geworden, worin überhaupt der inhaltliche Unterschied zu mir liegt.
Was sind Ihre Pläne, falls Sie sich gegen Peter Freier durchsetzen können? Es liegen große Aufgaben vor uns. Offenbach ist eine Stadt mit einer dramatischen Finanzlage, in der zugleich die Schulbausanierung vorangetrieben werden muss, in der die City-Erneuerung abgeschlossen werden muss, in der Wohngebiete wie der Hafen oder Bürgel-Ost vorangebracht werden müssen.
Bei solch großen Aufgaben, hätte man sich eine höhere Wahlbeteiligung doch wünschen können. 25 Prozent sind ein Skandal. Das ist ein Trend, der sich in der Kommunalpolitik in den großen Städten schon seit Jahren ablesen lässt. Das liegt auch daran, das die Widersprüche der persönlichen Lebensumstände der Menschen unübersehbar sind und die "große" Politik wenig tut, um etwas daran zu ändern.
Sie suchen die Schuld bei der Landes- oder der Bundesregierung? Die Mieten steigen, die Hartz-IV-Sätze sind niedrig - das sind existentielle Themen, an denen die Kommunalpolitik relativ wenig ändern kann.
Dabei heißt es doch immer: die Kommunalpolitik greift am direktesten ins Leben der Menschen ein. Da muss ich Ihnen widersprechen. Unsere Mittel von 354 Millionen Euro werden zu 95 Prozent von Bund und Land ausgegeben. Natürlich können wir mit dem Rest des Geldes kleinere Städtebauprojekte voranbringen, können Einbahnstraßen einrichten und auch mal einen Park. Es sind aber größtenteils administrative Funktionen, die eine Gemeinde und ihre Vertreter sichern.
Bei einer solch geringen Wahlbeteiligung: lohnt sich da die Direktwahl des Oberbürgermeisters überhaupt noch? Ich war nie ein Freund dieser Veränderung in der Hessischen Gemeindeordnung. Die Direktwahl wirkt dort wie ein Fremdkörper. Gleichwohl versuchen wir unsere Wählerschichten zu mobilisieren und ich finde, dass uns das ganz gut gelingt. Nebenbei bemerkt ist die Wahlbeteiligung auch bei den Kommunalwahlen nicht viel höher. Das liegt nicht nur an den oben genannten Gründen, sondern auch am komplizierten Wahlsystem. Kumulieren und Panaschieren ist geradezu absurd in Großstädten. Die Regelung kommt ja aus Baden-Württemberg, dort mag sie in Gemeinden mit zehn- oder zwanzigtausend Einwohnern auch funktionieren. Man kennt sich dort, man kennt auch die Politiker. Wer kennt denn in Offenbach oder Frankfurt die Stadtverordneten und kann bei der Wahl entsprechend entscheiden?