Am Sonntag haben wir die Qual der Wahl und können unter zwölf mehr oder weniger exotischen Kandidaten wählen. Nicht einfach, aber damals – im Jahr 2012 – war es auch nicht so viel leichter. Ein Rückblick.
Nicole Brevoord /
Die Zeit rast, fast hatten wir angesichts der Kandidatenfülle in diesem Jahr die vergangene OB-Wahl verdrängt. Gab es schon immer so viele Kandidaten und darunter bunte Vögel? Wir erinnern uns mühsam ....
Es war das Jahr 2012 und 464.000 Wahlberechtigte sollten über die Nachfolge der langjährigen Oberbürgermeisterin Petra Roth befinden, die seit 1995 die Stadt geprägt hatte, aber vermutlich aus politischen Gründen ein Jahr vor Ende ihrer letzten Amtszeit zurücktrat.
Es sah zunächst ganz gut für den CDU-Kandidaten und Innenminister Boris Rhein aus. Bei der ersten Wahl konnte er 39,1 Prozent der Stimmen für sich verbuchen, aber das reichte nicht für eine Mehrheit, denn der bis zu seinem Haustürklingeln während des Wahlkampfs in der Bevölkerung eher unbekannte SPD-Kandidat Peter Feldmann hatte sich mit 33 Prozent an seine Fersen geheftet.
Und bei der Stichwahl wendete sich dann das Blatt: Feldmann gewann mit 57,4 Prozent und Boris Rhein mit seinen 42,6 Prozent ging, wie zu erwarten war, zurück in den Landtag, wo er derzeit das Amt des Hessischen Ministers für Wissenschaft und Kunst bekleidet. Damals sagte man ihm nach, es sei nicht Feldmann, sondern einfach die Rhein-Vermeidungs-Variante gewählt worden, auch, weil man Petra Roth die taktierende Nachfolgeregelung verübelt hatte.
Und dann gab es aber noch acht weitere Kandidaten. Mit 14 Prozent landete Rosemarie Heilig, damals Gesundheitsdezernentin und Nachfolgerin von Manuela Rottmann, auf den dritten Platz. Jetzt hat die heutige Umweltdezernentin bei der OB-Wahl ihrer Kollegin Nargess Eskandari-Grünberg das Feld überlassen.
Ebenfalls 3,8 Prozent der Stimmen entfielen auf Herbert Förster, damals Mitglied der Piraten. Das Rathaus als Oberbürgermeister hat er nicht geentert, so wie auch die Piraten in Frankfurt eher kenterten, Förster ist nun in der "Fraktion".
Die Wahlplakate von Oliver Maria Schmitt waren Kult ("Mit Handkäse gegen Fluglärm"), neuneinhalb Thesen und keine für Offenbach wollte er an den Römer schlagen, aber nur 1,8 Prozent der Wähler wollten dem Mitglied von Die Partei ihre Stimme geben. Da erhofft sich Nico Wehnemann in diesem Jahr vermutlich mehr – vor sechs Jahren war er noch der Megaphon-Halter von Schmitt:
Unser Oberbürgermeister der Herzen war 2012 ja Jean Jules Tatchouop, der auf der Zeil mit einem weißen kochmützigenartigen Hut stand, auf dem sein Wahlprogramm Platz fand. Der aus Kamerun stammende, bescheiden auftretende Kandidat behauptete, er ernähre sich nur von heißem Wasser mit Essig und Honig und von Mandeln. Sein Plan ein spirito-materielles Weltwirtschaftssystem von Frankfurt aus zu starten, fand wohl wenig Anklang, 0,2 Prozent der Stimmen entfielen auf ihn. Zuletzt hörten wir von dem heute 70-Jährigen, als der Dreckinspektor der Bild-Zeitung über die unsachgemäße Entsorgung des Wahlkampfstandes berichtete.
Carl Maria Schulte, den Demokratiereformator, sollte man bei der Aufzählung der Kandidaten nicht vergessen, auch wenn er nur 0,1 Prozent der Wählerschaft überzeugen konnte. Als Bundespräsident und ZDF-Intendant wollte er, wie man hört, auch schon kandidieren, leider blieb uns nur eine andere Geschichte in Erinnerung: Im Kaisersaal kam es zu einer handgreiflichen Szene, bei der der Protokollchef Karlheinz Voss attackiert wurde. Das Ganze hatte ein juristisches Nachspiel und wir haben immer noch das leicht verstörende Bild von Carl Maria Schulte im chinesischen Seidenjäckchen vor Augen ...