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Oberbürgermeisterwahl
Stichwahl - und Peter Feldmann holt schwer auf
Boris Rhein kommt nach dem vorläufigen Endergebnis bei der Oberbürgermeisterwahl auf 39,1 Prozent, Peter Feldmann auf 33. Damit kommt es zu einer nicht unspannenden Stichwahl. Die Grünen sind abgeschlagen.
Es wurde ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Boris Rhein (CDU) und Peter Feldmann (SPD). Beide müssen nun bei der Stichwahl am 25. März noch mal antreten. Damit war im Wesentlichen zu rechnen, zumal es bei insgesamt zehn Kandidaten unwahrscheinlich war, dass ein Kandidat mehr als 50 Prozent der Stimmen auf sich vereinen würde. Dass Feldmann und Rhein derart nah beieinander liegen würden, macht die Stichwahl jedoch enorm spannend. Da kommt es dann darauf an, welche Wahlempfehlungen die Verlierer ausgeben.
Boris Rhein sieht es positiv: "Das ist ein gutes Ergebnis bei zehn Bewerbern." Das seien neun Prozent mehr als bei der letzten Kommunalwahl - auch neun Prozent mehr als die Umfragen geweissagt hätten. Die Strategie des CDU-Kandidaten sieht folgendes vor: "Der Römer muss handlungsfähig bleiben - ein Oberbürgermeister braucht eine Mehrheit im Parlament", so Rhein. Er trat am Wahlabend vor dem Oberbürgermeister-Büro von Petra Roth vor die Presse – mit der Amtsinhaberin, Ministerpräsident Volker Bouffier und Frankfurts CDU-Chef Uwe Becker im Schlepptau. Letzter meint: "Das ist ein kleiner Vertrauensbeweis. Jetzt müssen wir den Wählern nahe bringen, dass Rhein der einzige ist, der eine politische nämlich laut Koalitionsvertrag eine schwarz-grüne Mehrheit hinter sich hat."
Peter Feldmann tritt derweil um die Ecke im Haus am Dom auf, wo die SPD-Anhänger ihre Wahlparty begehen. Blitzlichtgewitter wie bei einem Popstar. Der SPD-Oberbürgermeisterkandidat Peter Feldmann sieht überwältigt aus, und wird mit „Peter“-Rufen angefeuert. Ruhm und Ehre für die SPD, das war zuletzt selten. Umso mehr freut sich der Frankfurter SPD-Chef Gernot Grumbach: „Wir haben was erreicht, was keiner vorher in der Form vermutet hätte.“ Peter Feldmann zeigt sich begeistert: „Das ist ein richtiger Hammer! Das ist ein bisschen mehr als ich erwartet habe. Es gibt sie noch die SPD, und alle, die sie fast schon tot gesagt haben, haben jetzt vergnügte Gesichter und das tut mir jetzt gut.“
Feldmann muss sich dennoch anstrengen, um den Abstand zwischen ihm und dem hessischen Innenminister zu verringern: „Die Wähler, die bislang andere Kandidaten unterstützt haben, sollten sich überlegen, ob sie nicht lieber jemanden wählen, der für bestimmte Werte steht“, sagt er deshalb.
Die Grünen verlieren im Vergleich zu Kommunalwahl deutlich – man könnte auch sagen, sie sinken mit ihrer Kandidatin Rosemarie Heilig auf ihren Vor-Fukushima-Wert hinab. Frau Heilig findet die 14 Prozent jedenfalls ganz okay: "Es ist ein passables Ergebnis, wenn man den kurzen Wahlkampf bedenkt." Sie sagt auch, dass die Medien sie schnell marginalisiert hätten. Beim Thema Flughafen sei sie mit ihrer Meinung anders als andere Kandidaten nicht umgeschwenkt. Doch warum konnte Rosemarie Heilig nicht mehr bei den Wählern punkten? Sarah Sorge erklärt das so: „Vielleicht ist bei den Leuten immer noch in den Köpfen, dass es die zwei großen Parteien gibt. Rosemarie Heilig hat einen sehr guten Wahlkampf gemacht, war aber nicht so bekannt und musste dafür viel tun.“
Und wen sollen die Grünen jetzt wählen? Wer soll Chef der designierten Umweltdezernentin Rosemarie Heilig im schwarz-grünen Magistrat werden? "Wir Grünen haben noch nie Wahlempfehlung abgegeben – das sollen die Wähler entscheiden", sagt sie. Sarah Sorge betont immerhin, dass es schon schön wäre, einen Oberbürgermeister zu haben, der eine Mehrheit im Parlament hat. Ihr Parteikollege Daniel Cohn-Bendit sieht's da weniger nebulös. Er hatte schon vor Wochen bekannt, im Falle einer Stichwahl für Peter Feldmann zu stimmen. Im Journal Frankfurt vom kommenden Dienstag bekräftigt er diese Meinung noch.
Enttäuscht müssen auch die Flughafenausbaugegner sein: nur 4 Prozent stehen am Ende da, auch wenn sie in einigen Wahlbezirken im Frankfurter Süden locker die absolute Mehrheit der dortigen Wähler erreicht haben. Dabei hatte Spitzenkandidatin Ursula Fechter ein Signal nach Leipzig senden wollen, wo in diesen Tagen über den Flughafenausbau letztinstanzlich entschieden wird. "Andererseits haben wir erreicht, dass das Thema Flughafen von allen anderen Parteien im Wahlkampf diskutiert wurde", sagt sie. Ihr Mitstreiter Dirk Emmerich sagt deshalb auch augenzwinkernd: "So gesehen haben wir 100 Prozent erreicht." Ein Nachtflugverbot zwischen 22 und 6 Uhr, darauf hatten sich auch Boris Rhein und Peter Feldmann festgelegt, selbst wenn sie damit quer zu ihren Landesverbänden agierten.
Die Spitzenkandidatin der Linken, Janine Wissler, hatte für die Wahlparty im Club Voltaire sogar auf ihren Lieblingstatort aus Münster verzichtet. In der kommenden Woche soll entschieden werden, wem man die Wahlempfehlung gibt - wie der Kandidat der Piratenpartei kam Wissler auf 3,8 Prozent.
Unter den unabhängigen Kandidaten konnte lediglich Oliver Maria Schmitt mit 1,7 Prozent etwas mehr Stimmen auf sich vereinen als die übrigen: Jean-Jules Tatchouop kommt auf 0,2 Prozent, Harald Frenzel auf 0,2 Prozent, Karl-Maria Schulte auf 0,1 Prozent.
Überraschend die Reaktion von Herrn Tatchouop: „Ich bin so glücklich. Für mich ist der Weg das Ziel. Ich habe schon längst mein Ziel erreicht. Die Leute kommen zu mir und sprechen mich auf meine spirituelle Arbeit an. Das macht mir sehr viel Freude. Ich bin Hartz IV- Empfänger und trotzdem habe ich die Möglichkeit genutzt, zu kandidieren.“ Trotz allen Glücks kritisiert Tatchouop, dass zu vielen Diskussionsrunden nur die vielversprechendsten Kandidaten geladen wurden: „In einer Demokratie sollte man die Kandidaten nicht diskriminieren, sondern allen die gleichen Chancen geben.“
Die Wahlbeteiligung fiel wider Erwarten niedrig aus, nur 37,5 Prozent aller Wähler, mit Ausnahme der Briefwähler, wagten den Weg zur Wahlurne. So gesehen haben die Nichtwähler die Wahl wieder klar für sich entschieden. Soviel ist sicher: bei der Stichwahl am 25. März wird es wieder genauso kommen.
Die Wahlergebnisse der einzelnen Bezirke finden Sie auf der Webseite der Stadt Frankfurt.
Beachten Sie auch:
- Interview mit Boris Rhein
- Interview mit Peter Feldmann
- und viele weitere Artikel zur Oberbürgermeisterwahl
Boris Rhein sieht es positiv: "Das ist ein gutes Ergebnis bei zehn Bewerbern." Das seien neun Prozent mehr als bei der letzten Kommunalwahl - auch neun Prozent mehr als die Umfragen geweissagt hätten. Die Strategie des CDU-Kandidaten sieht folgendes vor: "Der Römer muss handlungsfähig bleiben - ein Oberbürgermeister braucht eine Mehrheit im Parlament", so Rhein. Er trat am Wahlabend vor dem Oberbürgermeister-Büro von Petra Roth vor die Presse – mit der Amtsinhaberin, Ministerpräsident Volker Bouffier und Frankfurts CDU-Chef Uwe Becker im Schlepptau. Letzter meint: "Das ist ein kleiner Vertrauensbeweis. Jetzt müssen wir den Wählern nahe bringen, dass Rhein der einzige ist, der eine politische nämlich laut Koalitionsvertrag eine schwarz-grüne Mehrheit hinter sich hat."
Peter Feldmann tritt derweil um die Ecke im Haus am Dom auf, wo die SPD-Anhänger ihre Wahlparty begehen. Blitzlichtgewitter wie bei einem Popstar. Der SPD-Oberbürgermeisterkandidat Peter Feldmann sieht überwältigt aus, und wird mit „Peter“-Rufen angefeuert. Ruhm und Ehre für die SPD, das war zuletzt selten. Umso mehr freut sich der Frankfurter SPD-Chef Gernot Grumbach: „Wir haben was erreicht, was keiner vorher in der Form vermutet hätte.“ Peter Feldmann zeigt sich begeistert: „Das ist ein richtiger Hammer! Das ist ein bisschen mehr als ich erwartet habe. Es gibt sie noch die SPD, und alle, die sie fast schon tot gesagt haben, haben jetzt vergnügte Gesichter und das tut mir jetzt gut.“
Feldmann muss sich dennoch anstrengen, um den Abstand zwischen ihm und dem hessischen Innenminister zu verringern: „Die Wähler, die bislang andere Kandidaten unterstützt haben, sollten sich überlegen, ob sie nicht lieber jemanden wählen, der für bestimmte Werte steht“, sagt er deshalb.
Die Grünen verlieren im Vergleich zu Kommunalwahl deutlich – man könnte auch sagen, sie sinken mit ihrer Kandidatin Rosemarie Heilig auf ihren Vor-Fukushima-Wert hinab. Frau Heilig findet die 14 Prozent jedenfalls ganz okay: "Es ist ein passables Ergebnis, wenn man den kurzen Wahlkampf bedenkt." Sie sagt auch, dass die Medien sie schnell marginalisiert hätten. Beim Thema Flughafen sei sie mit ihrer Meinung anders als andere Kandidaten nicht umgeschwenkt. Doch warum konnte Rosemarie Heilig nicht mehr bei den Wählern punkten? Sarah Sorge erklärt das so: „Vielleicht ist bei den Leuten immer noch in den Köpfen, dass es die zwei großen Parteien gibt. Rosemarie Heilig hat einen sehr guten Wahlkampf gemacht, war aber nicht so bekannt und musste dafür viel tun.“
Und wen sollen die Grünen jetzt wählen? Wer soll Chef der designierten Umweltdezernentin Rosemarie Heilig im schwarz-grünen Magistrat werden? "Wir Grünen haben noch nie Wahlempfehlung abgegeben – das sollen die Wähler entscheiden", sagt sie. Sarah Sorge betont immerhin, dass es schon schön wäre, einen Oberbürgermeister zu haben, der eine Mehrheit im Parlament hat. Ihr Parteikollege Daniel Cohn-Bendit sieht's da weniger nebulös. Er hatte schon vor Wochen bekannt, im Falle einer Stichwahl für Peter Feldmann zu stimmen. Im Journal Frankfurt vom kommenden Dienstag bekräftigt er diese Meinung noch.
Enttäuscht müssen auch die Flughafenausbaugegner sein: nur 4 Prozent stehen am Ende da, auch wenn sie in einigen Wahlbezirken im Frankfurter Süden locker die absolute Mehrheit der dortigen Wähler erreicht haben. Dabei hatte Spitzenkandidatin Ursula Fechter ein Signal nach Leipzig senden wollen, wo in diesen Tagen über den Flughafenausbau letztinstanzlich entschieden wird. "Andererseits haben wir erreicht, dass das Thema Flughafen von allen anderen Parteien im Wahlkampf diskutiert wurde", sagt sie. Ihr Mitstreiter Dirk Emmerich sagt deshalb auch augenzwinkernd: "So gesehen haben wir 100 Prozent erreicht." Ein Nachtflugverbot zwischen 22 und 6 Uhr, darauf hatten sich auch Boris Rhein und Peter Feldmann festgelegt, selbst wenn sie damit quer zu ihren Landesverbänden agierten.
Die Spitzenkandidatin der Linken, Janine Wissler, hatte für die Wahlparty im Club Voltaire sogar auf ihren Lieblingstatort aus Münster verzichtet. In der kommenden Woche soll entschieden werden, wem man die Wahlempfehlung gibt - wie der Kandidat der Piratenpartei kam Wissler auf 3,8 Prozent.
Unter den unabhängigen Kandidaten konnte lediglich Oliver Maria Schmitt mit 1,7 Prozent etwas mehr Stimmen auf sich vereinen als die übrigen: Jean-Jules Tatchouop kommt auf 0,2 Prozent, Harald Frenzel auf 0,2 Prozent, Karl-Maria Schulte auf 0,1 Prozent.
Überraschend die Reaktion von Herrn Tatchouop: „Ich bin so glücklich. Für mich ist der Weg das Ziel. Ich habe schon längst mein Ziel erreicht. Die Leute kommen zu mir und sprechen mich auf meine spirituelle Arbeit an. Das macht mir sehr viel Freude. Ich bin Hartz IV- Empfänger und trotzdem habe ich die Möglichkeit genutzt, zu kandidieren.“ Trotz allen Glücks kritisiert Tatchouop, dass zu vielen Diskussionsrunden nur die vielversprechendsten Kandidaten geladen wurden: „In einer Demokratie sollte man die Kandidaten nicht diskriminieren, sondern allen die gleichen Chancen geben.“
Die Wahlbeteiligung fiel wider Erwarten niedrig aus, nur 37,5 Prozent aller Wähler, mit Ausnahme der Briefwähler, wagten den Weg zur Wahlurne. So gesehen haben die Nichtwähler die Wahl wieder klar für sich entschieden. Soviel ist sicher: bei der Stichwahl am 25. März wird es wieder genauso kommen.
Die Wahlergebnisse der einzelnen Bezirke finden Sie auf der Webseite der Stadt Frankfurt.
Beachten Sie auch:
- Interview mit Boris Rhein
- Interview mit Peter Feldmann
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11. März 2012, 19.30 Uhr
Nils Bremer, Nicole Brevoord
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24. Dezember 2024
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