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OB-Wahlkampf
„Im Prinzip ist jeder Frankfurter einmal über Social Media erreicht worden“
Im vergangenen OB-Wahlkampf haben die Favoriten-Parteien unterschiedlich viel Geld für Wahlwerbung auf Social Media ausgegeben. Wie sich die SPD „Sichtbarkeit“ erkaufte, lesen Sie hier.
Bei Wahlkämpfen werden schon lange nicht mehr nur Hausbesuche gemacht und Plakate aufgehängt. Auch auf den sozialen Medien sind viele potentielle Wähler unterwegs und da verwundert es kaum, dass auch dort die Werbetrommel heftig gerührt wird. Wie sehr die sozialen Medien dann jedoch tatsächlich genutzt werden, ist gerade von Partei zu Partei unterschiedlich. So war es auch beim vergangenen OB-Wahlkampf in Frankfurt.
Aus Daten von frankfurter-wahlen, die sich auf den Werbebericht von Facebook beziehen, ging hervor, dass die SPD mit über 50 000 Euro am meisten von den Parteien für Werbung auf Facebook und Instagram ausgegeben hat. Die SPD hat dabei mit der Frankfurter Digitalagentur bitfuel zusammengearbeitet, die sich auf digitale Werbung spezialisiert hat und teils vorgegebene Inhalte betreut, wie eben auch Wahlwerbung.
Zielgruppe der SPD waren Jüngere und junge Familien
Die Agentur im Ostend, die unter anderem auch Inhalte für das Marketing von Firmen aus der Finanzbranche oder von Lebensmittelherstellern bereitstellt, habe für die Sozialdemokraten deren Social-Media-Investition verwaltet, erklärt dessen Geschäftsführer Bernhard Haas. Die Aufgabe hätte darin bestanden, mit dem Geld „Sichtbarkeit“ zu kaufen, also Plätze auf Facebook und Instagram, um dort zielgruppengerecht kleine Videos auszuspielen.
Haas, der seit zwei Jahren selbst bei der SPD ist, habe der Partei unentgeltliche Hilfe für den Wahlkampf angeboten, was diese dankend angenommen habe. Die ausgespielten Videos seien dabei eine Mixtur der vorgegebenen Wahlinhalte der SPD gewesen und deren „Übersetzung“ der Agentur. Strategisches Ziel der SPD war laut Haas dabei, Jüngere und junge Familien zu erreichen. Es gehe um das „Schalten von relevanten Botschaften an relevante Zielgruppen“.
Videos mit dem Bahnbabo für Niederrad, mit jungen Leuten für die Stadtmitte
Insgesamt habe die Agentur über 40 Werbevideos geschaltet und eine hohe Reichweite erzielen können: Es seien bis zu 700 000 Kontakte mit vier Millionen Impressionen angesprochen worden. „Im Prinzip ist jeder Frankfurter einmal über Social Media erreicht worden“, sagt Haas.
Dabei wurden die Videos laut Haas so gestaltet, dass es „theoretisch für jeden Stadtteil eine eigene Werbung“ gegeben habe. So wurden für das Nordend mit den Inhalten eher junge Familien angesprochen, für Bockenheim wurde auf das Thema Miete eingegangen. Vor der Stichwahl habe es dann ein Video mit dem Bahnbabo für Niederrad gegeben und für die Stadtmitte Videos mit jüngeren Leuten.
Auch die beiden Wahlphasen seien beachtet worden: Vor dem ersten Wahlgang sei das konkrete Ziel gewesen, gegen die Mitbewerberin Manuela Rottmann (Bündnis 90/Die Grünen) zu gewinnen. Vor der Stichwahl habe es dann gegolten, alle Wähler zu gewinnen, die für Uwe Becker (CDU) in der ersten Wahlphase gestimmt haben.
Grüne nutzten eigene Internetseite für Wahlkampf
In anderen Parteien wurden die sozialen Medien ebenfalls als wichtiges Instrument eingesetzt, um viele Wähler zu erreichen – wenn auch nicht so intensiv wie die SPD. Grünen-Vorstandvorsitzende Julia Frank und Götz von Stumpfeldt erklären auf Anfrage, dass „die Partei leider noch nicht die gleichen Möglichkeiten wie die anderen beiden größeren Parteien haben.“ Darum sei ein Vergleich in diesem Bereich etwas schwierig.
Auch sie verwandten für den OB-Wahlkampf die sozialen Medien Facebook und Instagram, während Rottmann selbst auch aktiv auf Twitter war. Darüber hinaus verließen die Grünen sich auf weitere Online-Auftritte: „Im vergangenen OB-Wahlkampf haben wir eine eigene Homepage aufgesetzt, auf der alle Termine, Themen sowie weitere Hinweise unserer Kandidatin verfügbar waren und die fast täglich aktualisiert wurde“, schreiben die Grünen. Wichtiges Wahlthema gerade für junge Menschen sei dabei die Klimakrise gewesen.
CDU wollte seriösen Wahlkampf
Frank und von Stumpfeldt erklären aber auch, dass die sozialen Medien teils unterschiedliche Nutzergruppen haben: „Auf Facebook sind beispielsweise kaum noch jüngere Menschen unterwegs. Da ist Instagram oder TikTok erfolgsversprechender.“ So ähnlich sieht es auch die CDU. Deren Frankfurt-Geschäftsführer Thorsten Weber erzählt auf Anfrage, dass auf Facebook eher Menschen über 30 und auf Instagram eher Menschen Anfang 30 zu erreichen wären. Der Algorithmus suche eher nach Älteren bei politscher Werbung, Jüngere würden sich für andere Themen interessieren.
Er gibt an, dass die CDU den Wahlkampf heute „genauso geführt hat wie vor 30 Jahren“. Die sozialen Medien habe die Partei ebenso genutzt, aber sich allgemein stärker auf die 30- bis 40-jährigen Wähler konzentriert, da diese bei Kommunalwahlen mehr teilnehmen würden als etwa Mittzwanziger. Daher habe die CDU auf die „Klassiker“ gesetzt, wie Großflächenplakate, Flyer oder Zeitungsanzeigen. Die Flyer seien dabei auf die Stadtteile abgestimmt worden.
Weber glaubt deshalb auch nicht, dass es mehr Budget für den Online-Wahlkampf gebraucht hätte als die rund 10 000 Euro für Facebook und Instagram. Er betont außerdem: „Politik sollte seriös sein“. Wenn Uwe Becker auf dem Eisernen Steg einen Spagat gemacht hätte, wäre das vielleicht viral gegangen. Aber es wäre nicht ernst genommen worden.
Aus Daten von frankfurter-wahlen, die sich auf den Werbebericht von Facebook beziehen, ging hervor, dass die SPD mit über 50 000 Euro am meisten von den Parteien für Werbung auf Facebook und Instagram ausgegeben hat. Die SPD hat dabei mit der Frankfurter Digitalagentur bitfuel zusammengearbeitet, die sich auf digitale Werbung spezialisiert hat und teils vorgegebene Inhalte betreut, wie eben auch Wahlwerbung.
Die Agentur im Ostend, die unter anderem auch Inhalte für das Marketing von Firmen aus der Finanzbranche oder von Lebensmittelherstellern bereitstellt, habe für die Sozialdemokraten deren Social-Media-Investition verwaltet, erklärt dessen Geschäftsführer Bernhard Haas. Die Aufgabe hätte darin bestanden, mit dem Geld „Sichtbarkeit“ zu kaufen, also Plätze auf Facebook und Instagram, um dort zielgruppengerecht kleine Videos auszuspielen.
Haas, der seit zwei Jahren selbst bei der SPD ist, habe der Partei unentgeltliche Hilfe für den Wahlkampf angeboten, was diese dankend angenommen habe. Die ausgespielten Videos seien dabei eine Mixtur der vorgegebenen Wahlinhalte der SPD gewesen und deren „Übersetzung“ der Agentur. Strategisches Ziel der SPD war laut Haas dabei, Jüngere und junge Familien zu erreichen. Es gehe um das „Schalten von relevanten Botschaften an relevante Zielgruppen“.
Insgesamt habe die Agentur über 40 Werbevideos geschaltet und eine hohe Reichweite erzielen können: Es seien bis zu 700 000 Kontakte mit vier Millionen Impressionen angesprochen worden. „Im Prinzip ist jeder Frankfurter einmal über Social Media erreicht worden“, sagt Haas.
Dabei wurden die Videos laut Haas so gestaltet, dass es „theoretisch für jeden Stadtteil eine eigene Werbung“ gegeben habe. So wurden für das Nordend mit den Inhalten eher junge Familien angesprochen, für Bockenheim wurde auf das Thema Miete eingegangen. Vor der Stichwahl habe es dann ein Video mit dem Bahnbabo für Niederrad gegeben und für die Stadtmitte Videos mit jüngeren Leuten.
Auch die beiden Wahlphasen seien beachtet worden: Vor dem ersten Wahlgang sei das konkrete Ziel gewesen, gegen die Mitbewerberin Manuela Rottmann (Bündnis 90/Die Grünen) zu gewinnen. Vor der Stichwahl habe es dann gegolten, alle Wähler zu gewinnen, die für Uwe Becker (CDU) in der ersten Wahlphase gestimmt haben.
In anderen Parteien wurden die sozialen Medien ebenfalls als wichtiges Instrument eingesetzt, um viele Wähler zu erreichen – wenn auch nicht so intensiv wie die SPD. Grünen-Vorstandvorsitzende Julia Frank und Götz von Stumpfeldt erklären auf Anfrage, dass „die Partei leider noch nicht die gleichen Möglichkeiten wie die anderen beiden größeren Parteien haben.“ Darum sei ein Vergleich in diesem Bereich etwas schwierig.
Auch sie verwandten für den OB-Wahlkampf die sozialen Medien Facebook und Instagram, während Rottmann selbst auch aktiv auf Twitter war. Darüber hinaus verließen die Grünen sich auf weitere Online-Auftritte: „Im vergangenen OB-Wahlkampf haben wir eine eigene Homepage aufgesetzt, auf der alle Termine, Themen sowie weitere Hinweise unserer Kandidatin verfügbar waren und die fast täglich aktualisiert wurde“, schreiben die Grünen. Wichtiges Wahlthema gerade für junge Menschen sei dabei die Klimakrise gewesen.
Frank und von Stumpfeldt erklären aber auch, dass die sozialen Medien teils unterschiedliche Nutzergruppen haben: „Auf Facebook sind beispielsweise kaum noch jüngere Menschen unterwegs. Da ist Instagram oder TikTok erfolgsversprechender.“ So ähnlich sieht es auch die CDU. Deren Frankfurt-Geschäftsführer Thorsten Weber erzählt auf Anfrage, dass auf Facebook eher Menschen über 30 und auf Instagram eher Menschen Anfang 30 zu erreichen wären. Der Algorithmus suche eher nach Älteren bei politscher Werbung, Jüngere würden sich für andere Themen interessieren.
Er gibt an, dass die CDU den Wahlkampf heute „genauso geführt hat wie vor 30 Jahren“. Die sozialen Medien habe die Partei ebenso genutzt, aber sich allgemein stärker auf die 30- bis 40-jährigen Wähler konzentriert, da diese bei Kommunalwahlen mehr teilnehmen würden als etwa Mittzwanziger. Daher habe die CDU auf die „Klassiker“ gesetzt, wie Großflächenplakate, Flyer oder Zeitungsanzeigen. Die Flyer seien dabei auf die Stadtteile abgestimmt worden.
Weber glaubt deshalb auch nicht, dass es mehr Budget für den Online-Wahlkampf gebraucht hätte als die rund 10 000 Euro für Facebook und Instagram. Er betont außerdem: „Politik sollte seriös sein“. Wenn Uwe Becker auf dem Eisernen Steg einen Spagat gemacht hätte, wäre das vielleicht viral gegangen. Aber es wäre nicht ernst genommen worden.
4. Mai 2023, 15.59 Uhr
Till Geginat
Till Geginat
Jahrgang 1994, Studium der Theater-, Film- und Medienwissenschaft an der Goethe Universität Frankfurt, seit November 2022 beim JOURNAL FRANKFURT. Mehr von Till
Geginat >>
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24. Dezember 2024
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