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Mit 50 zu 40 Stimmen wurde Jan Schneider gewählt
Koalition schneidert sich Dezernat aus den Rippen
Die Koaliton wählte gestern den CDU-Landtagsabgeordneten Jan Schneider zum hauptamtlichen Stadtrat. Damit folgt der 32-jährige Jurist im November auf den Posten von Volker Stein, der wie auch der OB das jährlich 300 000 Euro teure Amt für verzichtbar hält.
Mit seinen 32 Jahren ist Jan Schneider (CDU) nun der jüngste Frankfurter Stadtrat aller Zeiten. Ein Überflieger quasi, dessen Amt den städtischen Haushalt und somit auch den Bürger jährlich um 300 000 Euro belastet. Das wäre vielleicht kein strittiger Punkt, wenn die Stadt nicht an jeder Stelle sparen würde, ja sogar Preise für die Schwimmbäder anhebt, um das Stadtsäckel zu füllen. Gleichzeitig handelt es sich dabei um ein Dezernat, das bislang Volker Stein (FDP) inne hat, das er selbst – nachdem die ehemalige Oberbürgermeisterin Petra Roth ihm ein paar Aufgabenfelder entzogen und diese umverteilt hat – für verzichtbar hält und auch der neue Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) hält den Posten für überflüssig. Die CDU aber verteidigt die Anzahl der Dezernate mit aller Macht und hat gemeinsam mit dem Koalitionspartner, den Grünen, gestern mit 50 zu 40 Stimmen für Schneider votiert. Allen Argumenten der gegnerischen Parteien in der Stadtverordnetenversammlung zum Trotz.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Michael zu Löwenstein hielt vor der Wahl noch ein flammendes Plädoyer für Jan Schneider. Dieser sei zwar noch recht jung, was man ihm aber nicht zum Nachteil auslegen solle, dafür könne er ja nichts. Aber er sei seit langen Jahren in öffentlichen Angelegenheiten tätig und über alle Parteigrenzen hinaus beliebt– letztere Aussage verursachte ein Raunen in den Reihen der Opposition. Es sei töricht, Schneiders Talente zu verschenken. Und der Vorwurf gegen Schneider, der Jurist habe in seinem Leben noch nichts Richtiges gearbeitet sei abwegig. „Die politische Tätigkeit ist durchaus ein Beruf an sich“. Schneider ist seit 12 Jahren Mitglied im Ortsbeirat 12 und seit sieben Jahren Stadtverordneter, seit 2012 Mitglied des Hessischen Landtags. „Die Zuständigkeit des Stadtrats wurde reduziert, ohne dass die Stadt ins Chaos getrieben worden wäre“, sagte zu Löwenstein und wurde durch Applaus der SPD unterbrochen. „Herr Feldmann hat verkündet, er hätte eine Einsparidee. Die kam aber in auffälligen zeitlichen Zusammenhang mit dem Vorschlag der CDU Jan Schneider als Nachfolger einzuführen, während man auf die Einsparungen in Feldmanns Dezernat noch warte. „Das sind doch taktische Spielchen und ich glaube nicht, dass sie dem Amt des OB würdig sind!“ wetterte zu Löwenstein. Ferner warf er dem Oberbürgermeister vor illegitimer Weise das Amt Steins um drei Monate verlängert zu haben, zumal sich Volker Stein bei allen seiner Fähigkeiten nie durch Qualifikationen für das e-Government profiliert habe.
Manuel Stock von den Grünen blies anschließend in dasselbe Horn. Es sei genügend Arbeit für neun hauptamtliche Dezernenten da. Stock verwies auf den SPD-Fraktionschef Klaus Oesterling, der sich im Februar 2011 noch gegen eine Verkleinerung der Dezernate ausgesprochen hatte. Auch der Grünenpolitiker bezichtigte die SPD machtpolitischer Spielchen. „Eine Koalition braucht nicht nur gute Inhalte, sondern auch Personal, dass diese umsetzt. Die Wahl von Personen ist der Lackmustest für Koalitionen.“
Daraufhin folgte das Donnerwetter von SPD-Chef Klaus Oesterling, dessen Argumentation wiederum der Koalition taktische Spielchen unterstellte. Schneider müsse das Amt am 1. November einzig und allein deshalb antreten, weil Boris Rhein an der OB-Wahl gescheitert sei. Jetzt brauche dieser einen Landtagswahlkreis und Schneider müsse deshalb weggewählt werden, um dabei dann auch noch wohl versorgt zu werden. „Für welches Amt kandidiert Jan Schneider denn?“, fragte Oesterling. Felix Semmelroth habe seinerzeit für das Kulturdezernat kandidiert, Tom Koenigs für Umwelt. „Alle haben für Aufgaben kandidiert. Für welche Aufgabe kandidiert der Kollege Schneider?“ Das ermunterte eine Person zum Zwischenruf „Altersversorgung!“
Oesterling bemängelte ferner, dass Schneider bisher keine inhaltliche Aussage über sein Wirken getroffen habe. In einem Interview mit der FAZ habe er auf die Frage lapidar geantwortet: “Ich möchte mich an Spekulationen nicht beteiligen.“ Ein Zitat, was wiederum Gelächter bei der SPD-Fraktion hervorrief. Ferner warf Oesterling Schneider vor, gegenüber der Zeitung geäußert zu haben: „Ich bin nicht angetreten, um inhaltlich Steins Nachfolger zu sein.“ Was den höhnischen Einwurf einbrachte: „Er nimmt, was er kriegen kann!“. Schneider werde ja bestens mit einer B8-Vergütung versorgt.
Diese Argumentation unterstützte auch Dominike Pauli von den Linken in ihrer Argumentation. Sie trug dabei ein T-Shirt mit der Aufschrift „Frankfurts teuerste Hängematte“. Pauli warf der Koalition vor, sie spare an Bildung, ließe Schulen vergammeln und erhöhe die Eintrittspreise für die Schwimmbäder, aber für einen Versorgungsposten gebe man Geld aus. Aber der Stadtkämmerer habe ja schon mal geäußert, Herzensangelegenheiten (damals im Zusammenhang mit der Altstadt) dürften nun mal etwas mehr kosten. „Die Bürger können bei all den Einsparungen verlangen, dass Sie auch den eigenen Gürtel enger schnallen.“
Annette Rinn (FDP) pflichtete in ihrem Plädoyer der Argumentation ihrer Vorredner bei. „Nein, der Posten muss nicht besetzt werden. Schon gar nicht in Zeiten knapper Kassen, Es kann nicht sein, dass den Bürgern Einsparungen zugemutet werden und man selbst nicht mitmacht.“ Wolfgang Hübner von den Freien Wählern argumentierte, seine Partei habe schon im Wahlprogramm 2011 festgestellt, acht Dezernatsposten seien genug. Das Bürgerbegehren gegen das Dezernat habe bereits 6000 Unterschriften vorzuweisen. „Wenn der OB sagt, wir brauchen das Dezernat nicht und selbst der Dezernent sagt, wir brauchen es nicht, dann lösen wir heute nur ein personalpolitisches Problem der CDU. Es geht dabei gar nicht darum, ob der Kandidat geeignet ist oder nicht. Die Botschaft ist: Die Personalie ist gelöst, aber die bitteren Pillen schluckt der Bürger. Das ist eine Niederlage für die Glaubwürdigkeit und kein guter Tag für Frankfurt!“
Dramatisch auch der Appell von Luigi Brillante von der Fraktion ELF Piraten: „Verhindert, dass Schande über Frankfurt einbricht. Dieser Makel wird Euch begleiten und wenn auch nur bis zur nächsten Wahl!“ Rainer Rahn vom Römerbündnis stichelte: „Wenn Sie jeden, der glaubt zu wissen, wie Verwaltung geht, zum Dezernenten wählen, dann können sie bald die Commerzbank Arena mit Dezernenten füllen." Rahn warnte, die Diskussion über die Aufgabe des künftigen Dezernenten Schneider werde schlimmer, als die Diskussion vor seiner Wahl und der Politiker zitierte Goethe: „Jede Lösung eines Problems ist ein neues Problem.“
Dieses Problems will sich die Koalition annehmen. Da drei der 93 wahlberechtigten Stadtverordneten am Donnerstagabend nicht da waren, fiel das Votum letztlich mit 50 zu 40 Stimmen für Jan Schneider aus. Am 1. November soll er sein Amt antreten, tags zuvor endet die Amtszeit des Infrastrukturdezernenten. Für was Schneider letztlich zuständig sein wird, darüber darf Peter Feldmann entscheiden.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Michael zu Löwenstein hielt vor der Wahl noch ein flammendes Plädoyer für Jan Schneider. Dieser sei zwar noch recht jung, was man ihm aber nicht zum Nachteil auslegen solle, dafür könne er ja nichts. Aber er sei seit langen Jahren in öffentlichen Angelegenheiten tätig und über alle Parteigrenzen hinaus beliebt– letztere Aussage verursachte ein Raunen in den Reihen der Opposition. Es sei töricht, Schneiders Talente zu verschenken. Und der Vorwurf gegen Schneider, der Jurist habe in seinem Leben noch nichts Richtiges gearbeitet sei abwegig. „Die politische Tätigkeit ist durchaus ein Beruf an sich“. Schneider ist seit 12 Jahren Mitglied im Ortsbeirat 12 und seit sieben Jahren Stadtverordneter, seit 2012 Mitglied des Hessischen Landtags. „Die Zuständigkeit des Stadtrats wurde reduziert, ohne dass die Stadt ins Chaos getrieben worden wäre“, sagte zu Löwenstein und wurde durch Applaus der SPD unterbrochen. „Herr Feldmann hat verkündet, er hätte eine Einsparidee. Die kam aber in auffälligen zeitlichen Zusammenhang mit dem Vorschlag der CDU Jan Schneider als Nachfolger einzuführen, während man auf die Einsparungen in Feldmanns Dezernat noch warte. „Das sind doch taktische Spielchen und ich glaube nicht, dass sie dem Amt des OB würdig sind!“ wetterte zu Löwenstein. Ferner warf er dem Oberbürgermeister vor illegitimer Weise das Amt Steins um drei Monate verlängert zu haben, zumal sich Volker Stein bei allen seiner Fähigkeiten nie durch Qualifikationen für das e-Government profiliert habe.
Manuel Stock von den Grünen blies anschließend in dasselbe Horn. Es sei genügend Arbeit für neun hauptamtliche Dezernenten da. Stock verwies auf den SPD-Fraktionschef Klaus Oesterling, der sich im Februar 2011 noch gegen eine Verkleinerung der Dezernate ausgesprochen hatte. Auch der Grünenpolitiker bezichtigte die SPD machtpolitischer Spielchen. „Eine Koalition braucht nicht nur gute Inhalte, sondern auch Personal, dass diese umsetzt. Die Wahl von Personen ist der Lackmustest für Koalitionen.“
Daraufhin folgte das Donnerwetter von SPD-Chef Klaus Oesterling, dessen Argumentation wiederum der Koalition taktische Spielchen unterstellte. Schneider müsse das Amt am 1. November einzig und allein deshalb antreten, weil Boris Rhein an der OB-Wahl gescheitert sei. Jetzt brauche dieser einen Landtagswahlkreis und Schneider müsse deshalb weggewählt werden, um dabei dann auch noch wohl versorgt zu werden. „Für welches Amt kandidiert Jan Schneider denn?“, fragte Oesterling. Felix Semmelroth habe seinerzeit für das Kulturdezernat kandidiert, Tom Koenigs für Umwelt. „Alle haben für Aufgaben kandidiert. Für welche Aufgabe kandidiert der Kollege Schneider?“ Das ermunterte eine Person zum Zwischenruf „Altersversorgung!“
Oesterling bemängelte ferner, dass Schneider bisher keine inhaltliche Aussage über sein Wirken getroffen habe. In einem Interview mit der FAZ habe er auf die Frage lapidar geantwortet: “Ich möchte mich an Spekulationen nicht beteiligen.“ Ein Zitat, was wiederum Gelächter bei der SPD-Fraktion hervorrief. Ferner warf Oesterling Schneider vor, gegenüber der Zeitung geäußert zu haben: „Ich bin nicht angetreten, um inhaltlich Steins Nachfolger zu sein.“ Was den höhnischen Einwurf einbrachte: „Er nimmt, was er kriegen kann!“. Schneider werde ja bestens mit einer B8-Vergütung versorgt.
Diese Argumentation unterstützte auch Dominike Pauli von den Linken in ihrer Argumentation. Sie trug dabei ein T-Shirt mit der Aufschrift „Frankfurts teuerste Hängematte“. Pauli warf der Koalition vor, sie spare an Bildung, ließe Schulen vergammeln und erhöhe die Eintrittspreise für die Schwimmbäder, aber für einen Versorgungsposten gebe man Geld aus. Aber der Stadtkämmerer habe ja schon mal geäußert, Herzensangelegenheiten (damals im Zusammenhang mit der Altstadt) dürften nun mal etwas mehr kosten. „Die Bürger können bei all den Einsparungen verlangen, dass Sie auch den eigenen Gürtel enger schnallen.“
Annette Rinn (FDP) pflichtete in ihrem Plädoyer der Argumentation ihrer Vorredner bei. „Nein, der Posten muss nicht besetzt werden. Schon gar nicht in Zeiten knapper Kassen, Es kann nicht sein, dass den Bürgern Einsparungen zugemutet werden und man selbst nicht mitmacht.“ Wolfgang Hübner von den Freien Wählern argumentierte, seine Partei habe schon im Wahlprogramm 2011 festgestellt, acht Dezernatsposten seien genug. Das Bürgerbegehren gegen das Dezernat habe bereits 6000 Unterschriften vorzuweisen. „Wenn der OB sagt, wir brauchen das Dezernat nicht und selbst der Dezernent sagt, wir brauchen es nicht, dann lösen wir heute nur ein personalpolitisches Problem der CDU. Es geht dabei gar nicht darum, ob der Kandidat geeignet ist oder nicht. Die Botschaft ist: Die Personalie ist gelöst, aber die bitteren Pillen schluckt der Bürger. Das ist eine Niederlage für die Glaubwürdigkeit und kein guter Tag für Frankfurt!“
Dramatisch auch der Appell von Luigi Brillante von der Fraktion ELF Piraten: „Verhindert, dass Schande über Frankfurt einbricht. Dieser Makel wird Euch begleiten und wenn auch nur bis zur nächsten Wahl!“ Rainer Rahn vom Römerbündnis stichelte: „Wenn Sie jeden, der glaubt zu wissen, wie Verwaltung geht, zum Dezernenten wählen, dann können sie bald die Commerzbank Arena mit Dezernenten füllen." Rahn warnte, die Diskussion über die Aufgabe des künftigen Dezernenten Schneider werde schlimmer, als die Diskussion vor seiner Wahl und der Politiker zitierte Goethe: „Jede Lösung eines Problems ist ein neues Problem.“
Dieses Problems will sich die Koalition annehmen. Da drei der 93 wahlberechtigten Stadtverordneten am Donnerstagabend nicht da waren, fiel das Votum letztlich mit 50 zu 40 Stimmen für Jan Schneider aus. Am 1. November soll er sein Amt antreten, tags zuvor endet die Amtszeit des Infrastrukturdezernenten. Für was Schneider letztlich zuständig sein wird, darüber darf Peter Feldmann entscheiden.
7. Juni 2013, 10.59 Uhr
Nicole Brevoord
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Text: Lukas Mezler / Foto: Glukosetest bei einer Diabetes-Erkrankung ©Adobestock/ Kwangmoozaa
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