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Matthias Zimmer zum CDU-Austritt Erika Steinbachs

"Manchmal gibt es aus Syrakus keine Rückfahrkarte"

Neben Erika Steinbach ist Matthias Zimmer CDU-Bundestagsabgeordneter aus Frankfurt. Er verurteilt in seinem offenen Brief den angekündigten Austritt seiner Noch-Parteikollegin – und vermisst Dankbarkeit.
Liebe Erika Steinbach,
über die Medien hast Du uns wissen lassen, dass Du sowohl die CDU als auch die Fraktion verlässt. Damit ist ein langer, durchaus wechselseitiger Entfremdungsprozess an das vielleicht unvermeidliche Ende gekommen. Ich darf hierzu als Büronachbar im Jakob-Kaiser-Haus des Deutschen Bundestages und als Wahlkreisnachbar im selben Frankfurter Kreisverband der CDU einige Anmerkungen machen.

Du beklagst, die Politik der Kanzlerin breche Recht. Wir sind beide keine Juristen und deshalb auf die Expertise Dritter angewiesen. Das ist gerade in juristischen Fragen mitunter problematisch. Der Bundesminister des Inneren hat wiederholt in der Fraktion die Rechtsauffassung der Bundesregierung dargelegt, die der Deinen völlig entgegen steht. Diese Rechtsauffassung der Bundesregierung wird offenbar von namhaften Juristen geteilt. Du behauptest also einen Rechtsbruch, hast aber, anders als der frühere Kollege Gauweiler, nie eine Anstrengung unternommen, dies auf dem Klagewege feststellen und klären zu lassen. Deshalb, nota bene: Eine bloße Behauptung konstituiert noch keinen Rechtsbruch. Wie viele andere Kolleginnen und Kollegen bin ich davon überzeugt, dass die damals getroffenen Maßnahmen mit dem Recht vereinbar waren.

Auch in den innerparteilichen Gremien fand die Politik der Kanzlerin große Zustimmung. Ich erinnere an den Bundesparteitag in Karlsruhe 2015, auf dem der Kurs mit überwältigender Mehrheit unterstützt wurde. Du warst leider nicht dort, sonst hättest Du ja für deine Position werben können – ich zweifle aber, dass dies am eindeutigen Votum etwas geändert hätte. Du warst mit Deiner Position in der CDU isoliert, verhältst Dich aber wie ein Falschfahrer, der sich darüber wundert, wo denn all die Falschfahrer herkommen.

Deine Kritik an Volker Kauder vermag ich auch nicht zu teilen. Es ist Aufgabe des Fraktionsvorsitzenden, den Laden zusammen zu halten. Und er hat sich oft genug dafür eingesetzt, dass abweichende Meinungen zu Wort kommen, auch im Plenum. Ihm vorzuwerfen, er sei ein „Vollzugsbeamter der Kanzlerin“, trifft nicht die Realität – zumal Volker Kauder in vielen Fragen die Eigenständigkeit der Fraktion gegenüber der Regierung und der Kanzlerin nicht nur betont, sondern auch kraftvoll durchgesetzt hat.

Fleisch vom Fleische der CDU nennst Du die AfD. Dem kann nur ein groteskes Missverständnis entweder über das Programm der CDU oder der AfD zugrunde liegen. Die CDU war immer die Europa-Partei, die AfD will dieses großartige Friedenswerk zerstören. Für die CDU waren und sind die transatlantischen Beziehungen ein Markenkern, die AfD fühlt sich sehr viel stärker zu Putins Russland hingezogen. Die Reihe ließe sich fortsetzen. Nichts von dem, für das die AfD steht, war oder ist Markenkern der CDU. Weder in der inhaltlichen Substanz noch im Stil der politischen Auseinandersetzung.

Dann sprichst Du über das Konservative. Für mich ist Konservativsein zunächst eine Haltung: Sie beinhaltet die Beachtung von Maß und Mitte, den Vorrang der Erfahrung über die Ideologie. Sie ist für mich aber auch mit der Betonung bestimmter Tugenden verbunden, die einmal leichtfertig als „Sekundärtugenden“ disqualifiziert worden sind. Dazu gehören Loyalität, aber auch Stil und Anstand. Über Stilfragen lässt sich vermutlich trefflich streiten, aber Du selbst bist wiederholt in der Fraktion angesprochen worden, weil viele Kolleginnen und Kollegen das Gefühl hatten: Mit Deinen Ausbrüchen auf twitter verletzt Du die Regeln von Stil und Anstand. Und Dir ist auch bekannt, dass gerade deswegen Dein Ausschluss aus der Fraktion sehr ernsthaft diskutiert worden ist.

Jetzt, gewissermaßen nach dem Ladenschluss Deiner politischen Karriere, jene Partei unter Absingen schmutziger Lieder zu verlassen, der Du diese ganze Karriere verdankst; der Kanzlerin Rechtsbruch zu unterstellen, die Dich sehr häufig in Deiner Arbeit als Präsidentin des Bundes der Vertriebenen und auch in der Fraktion unterstützt hat und ohne deren Hilfe auch das Zentrum gegen Vertreibungen nicht zu einem solch guten Ende gekommen wäre – all das kann ich persönlich nur schlecht mit meinen Vorstellungen von Loyalität, Stil und Anstand, auch nicht mit meinem Bild des Konservativen in Einklang bringen. Dankbarkeit, ich weiß es, ist keine politische Kategorie. Aber musstest Du uns das so deutlich vor Augen führen?

Nein, mit meinem positiv besetzten Bild eines Konservativen haben weder Deine Positionen noch Dein Verhalten etwas gemeinsam. Es bleibt doch ein ziemliches Geschmäckle, das auf Dein politisches Wirken rückwirkend einen dunklen Schatten wirft. Ich hoffe, dass Du mit Deinen neuen politischen Freunden der AfD, die Deinen Austritt aus der CDU hymnisch feiern, jene kongenialen politischen Partner findest, die Du bei der Union so schmerzlich vermisst hast. Nur eines will ich Dir auf die Reise mitgeben: Manchmal gibt es aus Syrakus keine Rückfahrkarte.

Mit freundlichem Gruß
Matthias Zimmer
 
Fotogalerie:
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15. Januar 2017, 09.31 Uhr
Matthias Zimmer
 
 
 
 
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