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Kulturdezernat geht an die SPD

Semmelroth: "Das ist ein schwerer politischer Fehler"

Am Dienstag hat Kulturdezernent Felix Semmelroth (CDU) beim Oberbürgermeister seinen Ruhestand zum 1. Juli beantragt. Dass seine Parteikollegen sein Amt der SPD überließen, sorgt für eine Verbitterung Semmelroths.
Zehn Jahre bekleidete Felix Semmelroth das Amt des Kulturdezernenten und hatte es in der Zeit wahrlich nicht immer leicht. Nicht nur, weil jeder glaubt, bei Kultur mitreden zu können, aber auch, weil selbst die Parteifreunde aus der CDU ihm mit für ihn unerfüllbaren Sparwünschen in die Quere kamen. So manches Mal schien Semmelroth allein auf weiter Flur zu kämpfen und die Erklärung, die der studierte Literaturwissenschaftler am Dienstagmittag abgab, bestätigte den Eindruck nur. Bitterkeit und Wehmut waren da zu hören, als Semmelroth berichtete, dass er beim Oberbürgermeister schriftlich seinen Ruhestand zum 1. Juli eingereicht habe. Semmelroth spricht von Indiskretionen in den vergangenen Monaten, von Diskussionen, die sein Alter in den Mittelpunkt und somit seinen Posten zur Disposition stellten und „von einem dröhnenden Schweigen seiner Partei nach außen hin“. Es ist kein Geheimnis, dass Semmelroth am 30. August 67 Jahre alt werden wird und dass seine Amtszeit bis 2017 gegangen wäre. Doch er habe ohnehin, ganz unabhängig von dem Ausgang der Kommunalwahl vorgehabt, an seinem Geburtstag in den Ruhestand zu gehen, jetzt gehe er schon vorher, wo doch die Nachfolge schon in den Startlöchern stehe. „Noch länger dazubleiben wäre doch töricht. Es gibt keinen sachlichen Grund über die Wahl hinaus, mein Amt fortzusetzen.“

Der Fehler der CDU, die Chance der SPD
Für die SPD ist der einstige Genosse, der dann zur CDU wechselte, voll des Lobes, nicht ohne Zynismus versteht sich: „Man hat die Bedeutung der Kultur für Frankfurt nicht recht erkannt, die SPD aber hat die Chance ergriffen und beim Kulturdezernat sowie bei der Planungsdezernat, einem ebenso gestaltenden Dezernat, zugegriffen. Dieses Verhandlungsgeschick muss man professionell anerkennen.“ Bei der SPD müssten erstmal vier Sozialdemokraten gewählt werden, während das bei der CDU nicht nötig sei. Es sei eine innovative Verhandlungsführung bei Koalitionsgesprächen, erst das Personal zu verteilen und dann erst über Inhalte zu reden. „Das Kulturdezernat herzugeben, ist ein schwerer politischer Fehler“, so Semmelroth. Nun werde halt ein Sozialdemokrat im November das von der CDU angeschobene neugebaute Historische Museum einweihen.

Der Blick zurück
Es hat sich in den vergangenen zehn Jahren, während Semmelroths Amtszeit, viel getan in der Frankfurter Kulturlandschaft. „Kultur ist maßgeblich für das Selbstverständnis der Bevölkerung. Nicht zuletzt profitiert der Tourismus davon.“ Der Kulturfreund ließ wesentliche Entwicklungen Revue passieren, etwa die Eröffnung des Caricatura Museums 2008. Auch sei „die Infrastruktur kontinuierlich ausgebaut worden“. So habe man das Museum Angewandte Kunst, dessen baulicher Zustand ein Debakel gewesen sei, auf Vordermann gebracht und mit Matthias Wagner K eine, wie Semmelroth nochmals betonte, gute Wahl getroffen. Mehr junges Publikum und Themenwechsel seien die Folge. Das Deutsche Architektur Museum sei saniert worden, das Museum Judengasse habe wiedereröffnet, das Literaturhaus sei in den Portikus gezogen. „Trotz des Doppelhaushaltes bin ich froh, dass wir die kulturelle Vielfalt erhalten konnten und kein Haus schließen mussten. Die Sparmaßnahmen von 9,2 Millionen Euro hätten der Kulturstadt Frankfurt nachhaltigen Schaden zugeführt!“, ist sich Semmelroth sicher. Umso mehr freue er sich, dass das Romantikmuseum doch noch gebaut werde, obwohl es fast an 4 Millionen Euro gescheitert wäre. Dass die Bagger beim Jüdischen Museum tatsächlich zupacken, erfülle ihn mit Freude. Wenn Tatsachen geschaffen seien, könne man diese nicht mehr so schnell revidieren. Beim Museum der Weltkulturen habe man viel zu lang gezögert, den Erweiterungsbau halte er nach wie vor für notwendig, um die 67 000 Objekte der Sammlung zeigen zu können, und gerade um mit der Präsentation anderer Kulturen Vorurteile abzubauen. Ein Kinder- und Jugendtheater sei ihm noch ein Anliegen, dieses könnte im Zoo-Gesellschaftshaus untergebracht werden. Doch ob es so weit kommen wird, wer weiß?

Was die Zukunft bringt
Semmelroth habe sondiert und Gespräche geführt, auch zur Nachfolge von Max Hollein, der nach San Francisco wechselt und in Frankfurt drei Ausstellungshäuser geleitet hat. „Es ist eine komplexe Personalentscheidung und es ist nicht die beste Gesprächsgrundlage, sagen zu müssen, dass man nur noch wenige Wochen der Ansprechpartner ist.“

In Semmelroths Worten schimmert durch, was auch hinter der Hand bei Kulturschaffenden gemunkelt wird: Dass die SPD ordentlich den Rotstift bei der Kultur ansetzen werde. Dabei sei die Frankfurter Kulturszene untrennbar mit der CDU verknüpft, unter anderem mit dem damaligen Oberbürgermeister Walter Wallmann, „natürlich genauso mit Hilmar Hoffmann“ [Kulturdezernent, SPD]. In den 1990er-Jahren sei die Kulturstadt in Gefahr gewesen. Es sei Petra Roths Entscheidung gewesen, letztlich nicht aus der Alten Oper ein Musicalhaus zu machen. In den 90ern habe es in der Oper nur 93 Vorstellungen gegeben, heute habe sie eine Auslastung von mehr als 80 Prozent. 2004 sei das TAT geschlossen und das Forsythe Ballett aufgelöst worden, "weil die Leute meinten, man solle die nötigen Mittel nicht aufwänden".

Semmelroth betonte, dass er keinesfalls amtsmüde sei. „Ich hatte nur immer die Hoffnung, dass die CDU weiter das Dezernat besetzen werde.“
Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) hat indes Felix Semmelroth seinen Dank für die bisherige geleistete Arbeit ausgesprochen. „Der Rücktritt des Kulturdezernenten und der Abschied von Max Hollein beenden eine Ära in der Frankfurter Kultur. Jedem Abschied wohnt aber auch eine Chance für einen Neuanfang inne. Ich bin überzeugt, dass die Kulturpolitik weiterhin zentraler Punkt in der Stadtpolitik sein wird und die eine oder andere Akzentverschiebung unserer Stadt gut tun wird,“ sagt Oberbürgermeister Feldmann.

Und Felix Semmelroth? Der will sich ab Sommer verstärkt wieder der Literatur widmen, es warte etwa noch "Der grüne Heinrich" von Gottfried Keller darauf, von ihm gelesen zu werden.
 
Fotogalerie:
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3. Mai 2016, 15.34 Uhr
Nicole Brevoord
 
Nicole Brevoord
Jahrgang 1974, Publizistin, seit 2005 beim JOURNAL FRANKFURT als Redakteurin u.a. für Politik, Stadtentwicklung, Flughafen, Kultur, Leute und Shopping zuständig – Mehr von Nicole Brevoord >>
 
 
 
 
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