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Keine Rechtsform und Geldsorgen
StadtschülerInnenrat Frankfurt reagiert auf Kultusministerium
Im Kultusministerium habe man nichts von den Problemen des Frankfurter StadtschülerInnenrates gewusst – dieser zeigt sich verärgert. Unterdessen solidarisieren sich die Jusos in Frankfurt und Hessen.
Update, 29. April: In einer Pressemitteilung von Samstag, 27. April, nimmt der StadtschülerInnenrat Frankfurt Stellung zu einem am selben Tag in der FAZ veröffentlichten Artikel, in dem sich das Kultusministerium „irritiert“ zeigt, „dass es bisher keine Beschwerden gab“. Des Weiteren seien die kommunalen Spitzenverbände zu keiner Phase der Gesetzgebung des Schulgesetzes mit Änderungswünschen an das Ministerium herangetreten: „Nach einem Dutzend von Presseberichten, haben wir bedauerlicherweise nach wie vor von keinem Akteur einen einzigen konstruktiven Lösungsvorschlag bekommen. Anstelle dessen wird uns die ganze Zeit vorgeworfen, dass die Probleme nie thematisiert wurden”, heißt es diesbezüglich vonseiten des Honorargeschäftsführers Kevin Saukel.
Dass die Stadt- und Kreisschülerräte in der Vergangenheit immer wieder mit dem Schulträger oder den unteren Schulaufsichtsbehörden gesprochen hätten, ließe sich nicht abstreiten. Zu sagen, dass es bisher keine Beschwerden gegeben hätte, sei jedoch „auch ein Weg uns zu sagen, dass unsere Arbeit und Probleme unwichtig sind“, äußert sich der Frankfurter Stadtschulsprecher Luka Ivan Ivanovic. Auf 70 000 Schülerinnen und Schüler kämen drei Stadtverbindungslehrkräfte, denen jeweils zwei Stunden pro Woche für ihre Tätigkeiten zustünden. Dass dies nicht reiche, sei eine logische Konsequenz. „Dann muss man sich aber auch nicht wundern, wenn junge Menschen nicht mehr an die Demokratie glauben.“
Jusos Frankfurt und Hessen solidarisieren sich mit StadtschülerInnenrat
Unterdessen solidarisieren sich die Jusos Frankfurt sowie die Jusos Hessen mit dem StadtschülerInnenrat. „Für uns ist klar: Der SSR muss erhalten bleiben!“, sagt Paul Lüber, Sprecher der Jusos Frankfurt. Der SSR sei für viele junge Menschen die erste Möglichkeit der demokratischen Mitbestimmung und trage somit unmittelbar zur politischen Bildung der Frankfurter Jugendlichen bei, ergänzt seine Kollegin Dorit Meyer und Lukas Schneider, Vorsitzender der Jusos Hessen, fordert die Verantwortlichen in Stadt und Land dazu auf, „gemeinsam eine nachhaltige langfristige Lösung für die Rechtsform“ zu finden.
Kreis- und Stadtschülerräte in Hessen schlagen Alarm
Update, 26. April: Nicht nur den StadtschülerInnenrat Frankfurt plagen rechtliche und finanzielle Sorgen, insgesamt 14 Kreis- und Stadtschülerräte in ganz Hessen schlagen nun Alarm und weisen auf Missstände hin. Gemeinsam haben sie ein Positionspapier formuliert und stellen fünf konkrete Forderungen: mehr Respekt und Austausch auf Augenhöhe, richtige Mitbestimmung statt Scheinbeteiligung, eine Rechtsform, Räume für Schülervertretungen sowie eine unabhängige Finanzierung.
Verfasst und herausgegeben wurde das Positionspapier von den Stadtschülerräten Frankfurt, Darmstadt, Kassel, Marburg und Hanau, den Kreisschülerräten Gießen, Offenbach, Hochtaunus, Darmstadt-Dieburg, Kassel, Werra-Meißner und Hersfeld-Rotenburg sowie dem Stadt- und Kreisschülerrat Fulda. Unterstützt werden sie zudem von den Kreisschülerräten Lahn-Dill, Main-Taunus und Bergstraße, die sich mit den Verfassern solidarisieren.
StadtschülerInnenrat Frankfurt droht mit Auflösung
Erstmeldung, 23. April: Es steht nicht gut um den StadtschülerInnenrat Frankfurt (SSR). Die Interessenvertretung der rund 70 000 Frankfurter Schüler hat neben Geldsorgen auch ein rechtliches Hindernis: Er hat bis heute keine Rechtsform. Weil für beide Probleme weder von der Stadt noch von dem Land Hessen Lösungen bereitstehen, droht der SSR nun mit der Auflösung zum 1. September, wie aus einer Mitteilung hervorgeht.
Hintergrund der Problematik ist, dass der SSR eine Interessensvertretung ist und damit keine Rechtsform besitzt. „Wir können keine Verträge für Veranstaltungsräume oder Kauf- und Mietverträge beispielsweise für unsere Website, IT-Infrastruktur oder Veranstaltungen abschließen. Wir können keine Personen einstellen. Im Prinzip sind wir keine Organisation, die handeln kann“, erklärt Kevin Saukel vom SSR.
Bemühungen, dem SSR eine Rechtsform zu geben, reichen zurück ins Jahr 2016, wo in Absprache mit städtischen Institutionen die Gründung als Förderverein besprochen wurde, wie es weiter heißt. Es folgten achtjährige Auseinandersetzungen mit Stadt und Land, die jedoch ergebnislos geblieben seien. Eine mögliche Andockung an den
Frankfurter Jugendring etwa wurde abgelehnt.
StadtschülerInnenrat Frankfurt hat keine Rechtsform
Kern des Problems: Saukel selbst unterschreibt als Honorarkraft seit Ende 2018 in seinem Namen für alle Tätigkeiten und Verträge des SSRs und haftet damit persönlich für alle Gefahren. Seit 2018 habe man deshalb den SSR in eine „legale“ Struktur überführen wollen. „Scheinselbstständigkeit, Schulden in privater Hand, ausgebrannte Stadtschulsprecher:innen, Kinderschutz, Unterfinanzierung, fehlende Arbeitnehmer:innenrechte, die Nichterreichung der gesetzlichen Aufgaben des SSRs – Wir haben zu allen und weiteren Punkten bereits Unterlagen”, sagt er.
Stadt und Land sehen sich nicht als zuständig für StadtschülerInnenrat Frankfurt
Der SSR beklagt zudem ein Zuständigkeitsproblem: Rechtliche Prüfungen von Stand und Land hätten ergeben, dass beide nicht für den SSR zuständig sind, sondern die jeweils andere Seite dafür in Frage kommt. „Es ist, als würden Stadt und Land seit Jahren ein Ping-Pong-Spiel mit dem SSR betreiben. Wir sind immer wieder in Gesprächen gewesen, wo uns versichert wurde, dass nach einer Lösung gesucht wird“, erklärt Stadtschulsprecher Luka Ivan Ivanovic.
Wie es in der Mitteilung weiter heißt, haben die ehrenamtlichen Mitglieder aufgrund der angespannten Lage immens viel Arbeit neben ihrem Schulalltag. „Durchschnittlich hatte jede:r Stadtschulsprecher:in in den letzten sieben Generationen über 150 Termine im Jahr. Das ist so, als würde man jeden zweiten Tag für den SSR unterwegs sein und dort sind noch nicht mal die Arbeiten an Projekten wie den Schul-Suizidpräventionstag und die Vorbereitung der Termine einkalkuliert“, erklärt Saukel.
StadtschülerInnenrat fordert rechtliche Struktur und ausreichend Geld
Auch die gesetzliche Verpflichtung, die Schülervertretungsarbeit an den Frankfurter Schulen zu fördern, bedeute jedes Jahr einen großen Aufwand. „Wie sollen wir das denn alles schaffen? Wir haben 21 900 Euro an Sachmitteln. Wir kommen kaum mit der laufenden Vorstandsarbeit hinterher. Wenn schon Rechte und Pflichten im Gesetz oder in den Verordnungen festgehalten werden, muss man auch ausreichende Mittel bereitstellen oder man kann es auch ganz lassen“, sagt Ivanovic.
Den SSR einfach mit mehr Geld auszustatten, reicht laut SSR nicht, da es wegen der fehlenden Rechtsstruktur nicht für Personalmittel ausgegeben werden dürfe. Konkret fordert der SSR Stadt und Land deshalb auf, eine rechtliche Struktur für den SSR zu schaffen und genügend Mittel und Strukturen bereitzustellen, sodass die gesetzlichen Aufgaben erfüllt werden können. Sollte dem bis zum 31. August nicht nachgekommen werden, werde Saukel seine Stelle als Geschäftsstellenleiter kündigen und der Vorstand zurücktreten – die faktische Auflösung des SSR.
Dass die Stadt- und Kreisschülerräte in der Vergangenheit immer wieder mit dem Schulträger oder den unteren Schulaufsichtsbehörden gesprochen hätten, ließe sich nicht abstreiten. Zu sagen, dass es bisher keine Beschwerden gegeben hätte, sei jedoch „auch ein Weg uns zu sagen, dass unsere Arbeit und Probleme unwichtig sind“, äußert sich der Frankfurter Stadtschulsprecher Luka Ivan Ivanovic. Auf 70 000 Schülerinnen und Schüler kämen drei Stadtverbindungslehrkräfte, denen jeweils zwei Stunden pro Woche für ihre Tätigkeiten zustünden. Dass dies nicht reiche, sei eine logische Konsequenz. „Dann muss man sich aber auch nicht wundern, wenn junge Menschen nicht mehr an die Demokratie glauben.“
Unterdessen solidarisieren sich die Jusos Frankfurt sowie die Jusos Hessen mit dem StadtschülerInnenrat. „Für uns ist klar: Der SSR muss erhalten bleiben!“, sagt Paul Lüber, Sprecher der Jusos Frankfurt. Der SSR sei für viele junge Menschen die erste Möglichkeit der demokratischen Mitbestimmung und trage somit unmittelbar zur politischen Bildung der Frankfurter Jugendlichen bei, ergänzt seine Kollegin Dorit Meyer und Lukas Schneider, Vorsitzender der Jusos Hessen, fordert die Verantwortlichen in Stadt und Land dazu auf, „gemeinsam eine nachhaltige langfristige Lösung für die Rechtsform“ zu finden.
Update, 26. April: Nicht nur den StadtschülerInnenrat Frankfurt plagen rechtliche und finanzielle Sorgen, insgesamt 14 Kreis- und Stadtschülerräte in ganz Hessen schlagen nun Alarm und weisen auf Missstände hin. Gemeinsam haben sie ein Positionspapier formuliert und stellen fünf konkrete Forderungen: mehr Respekt und Austausch auf Augenhöhe, richtige Mitbestimmung statt Scheinbeteiligung, eine Rechtsform, Räume für Schülervertretungen sowie eine unabhängige Finanzierung.
Verfasst und herausgegeben wurde das Positionspapier von den Stadtschülerräten Frankfurt, Darmstadt, Kassel, Marburg und Hanau, den Kreisschülerräten Gießen, Offenbach, Hochtaunus, Darmstadt-Dieburg, Kassel, Werra-Meißner und Hersfeld-Rotenburg sowie dem Stadt- und Kreisschülerrat Fulda. Unterstützt werden sie zudem von den Kreisschülerräten Lahn-Dill, Main-Taunus und Bergstraße, die sich mit den Verfassern solidarisieren.
Erstmeldung, 23. April: Es steht nicht gut um den StadtschülerInnenrat Frankfurt (SSR). Die Interessenvertretung der rund 70 000 Frankfurter Schüler hat neben Geldsorgen auch ein rechtliches Hindernis: Er hat bis heute keine Rechtsform. Weil für beide Probleme weder von der Stadt noch von dem Land Hessen Lösungen bereitstehen, droht der SSR nun mit der Auflösung zum 1. September, wie aus einer Mitteilung hervorgeht.
Hintergrund der Problematik ist, dass der SSR eine Interessensvertretung ist und damit keine Rechtsform besitzt. „Wir können keine Verträge für Veranstaltungsräume oder Kauf- und Mietverträge beispielsweise für unsere Website, IT-Infrastruktur oder Veranstaltungen abschließen. Wir können keine Personen einstellen. Im Prinzip sind wir keine Organisation, die handeln kann“, erklärt Kevin Saukel vom SSR.
Bemühungen, dem SSR eine Rechtsform zu geben, reichen zurück ins Jahr 2016, wo in Absprache mit städtischen Institutionen die Gründung als Förderverein besprochen wurde, wie es weiter heißt. Es folgten achtjährige Auseinandersetzungen mit Stadt und Land, die jedoch ergebnislos geblieben seien. Eine mögliche Andockung an den
Frankfurter Jugendring etwa wurde abgelehnt.
Kern des Problems: Saukel selbst unterschreibt als Honorarkraft seit Ende 2018 in seinem Namen für alle Tätigkeiten und Verträge des SSRs und haftet damit persönlich für alle Gefahren. Seit 2018 habe man deshalb den SSR in eine „legale“ Struktur überführen wollen. „Scheinselbstständigkeit, Schulden in privater Hand, ausgebrannte Stadtschulsprecher:innen, Kinderschutz, Unterfinanzierung, fehlende Arbeitnehmer:innenrechte, die Nichterreichung der gesetzlichen Aufgaben des SSRs – Wir haben zu allen und weiteren Punkten bereits Unterlagen”, sagt er.
Der SSR beklagt zudem ein Zuständigkeitsproblem: Rechtliche Prüfungen von Stand und Land hätten ergeben, dass beide nicht für den SSR zuständig sind, sondern die jeweils andere Seite dafür in Frage kommt. „Es ist, als würden Stadt und Land seit Jahren ein Ping-Pong-Spiel mit dem SSR betreiben. Wir sind immer wieder in Gesprächen gewesen, wo uns versichert wurde, dass nach einer Lösung gesucht wird“, erklärt Stadtschulsprecher Luka Ivan Ivanovic.
Wie es in der Mitteilung weiter heißt, haben die ehrenamtlichen Mitglieder aufgrund der angespannten Lage immens viel Arbeit neben ihrem Schulalltag. „Durchschnittlich hatte jede:r Stadtschulsprecher:in in den letzten sieben Generationen über 150 Termine im Jahr. Das ist so, als würde man jeden zweiten Tag für den SSR unterwegs sein und dort sind noch nicht mal die Arbeiten an Projekten wie den Schul-Suizidpräventionstag und die Vorbereitung der Termine einkalkuliert“, erklärt Saukel.
Auch die gesetzliche Verpflichtung, die Schülervertretungsarbeit an den Frankfurter Schulen zu fördern, bedeute jedes Jahr einen großen Aufwand. „Wie sollen wir das denn alles schaffen? Wir haben 21 900 Euro an Sachmitteln. Wir kommen kaum mit der laufenden Vorstandsarbeit hinterher. Wenn schon Rechte und Pflichten im Gesetz oder in den Verordnungen festgehalten werden, muss man auch ausreichende Mittel bereitstellen oder man kann es auch ganz lassen“, sagt Ivanovic.
Den SSR einfach mit mehr Geld auszustatten, reicht laut SSR nicht, da es wegen der fehlenden Rechtsstruktur nicht für Personalmittel ausgegeben werden dürfe. Konkret fordert der SSR Stadt und Land deshalb auf, eine rechtliche Struktur für den SSR zu schaffen und genügend Mittel und Strukturen bereitzustellen, sodass die gesetzlichen Aufgaben erfüllt werden können. Sollte dem bis zum 31. August nicht nachgekommen werden, werde Saukel seine Stelle als Geschäftsstellenleiter kündigen und der Vorstand zurücktreten – die faktische Auflösung des SSR.
29. April 2024, 15.35 Uhr
Sina Claßen/Till Geginat
Till Geginat
Jahrgang 1994, Studium der Theater-, Film- und Medienwissenschaft an der Goethe Universität Frankfurt, seit November 2022 beim JOURNAL FRANKFURT. Mehr von Till
Geginat >>
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