Partner
Junge Union startet konservatives Forum
Jan Fleischhauer: "Ich will niemanden bekehren"
Die Junge Union will ein konservatives Forum etablieren. Zum Auftakt kommt der Journalist Jan Fleischhauer - im JOURNAL-Interview spricht er über eine grundsolide Kanzlerin und eine darniederliegende SPD.
JOURNAL FRANKFURT: Herr Fleischhauer, Frankfurt gilt als Grünen-Hochburg, weil die wichtigen politischen Schaltstellen von Vertretern dieser Partei besetzt sind. Haben Sie Angst herzufahren?
Jan Fleischhauer: Ich bin grundsätzlich ein ziemlich angstfreier Mensch. Das gilt auch, soweit es die Grünen betrifft.
Dabei ist selbst die CDU in Frankfurt tendenziell eher links. Das muss Sie als konservativen Kommentator doch wurmen?
Es wird Sie vielleicht überraschen, aber das sehe ich ganz entspannt. Jede Partei ist gut beraten, auf die Vorlieben und Abneigungen ihrer Wählerschaft zu achten, und die sind in einer Großstadt nun einmal anders als auf dem Lande. Wer für die CDU in einer Metropole antritt, wird deshalb eher linksliberale Positionen vertreten. Das ist in Frankfurt mit Petra Roth so gewesen, das war auch in Hamburg mit Ole von Beust so.
Bundesweit geht die CDU Angela Merkels aber einen ähnlichen Weg - und verprellt doch damit manch altgedienten Wähler.
Ich glaube, das Problem ist hier eher, dass die Bundeskanzlerin innenpolitisch gelegentlich zu opportunistisch agiert. Der Grund für die Energiewende war bei ihr ja nicht plötzliche Einsicht in die Gefahr der Atomenergie, sondern der Blick auf die Umfragen. In der Außenpolitik anderseits verfährt sie seit Monaten sehr unbeirrt von allen Stimmungsumschwüngen, das beginnt sich jetzt auszuzahlen. Selbst von der Wulff-Affäre scheint sie zu profitieren.
Weil sie sich totstellt?
Nein, weil sich niemand vorstellen kann, dass sie ihre Hotelrechnung am Ende eines Wochenendes mit ihrem Mann nicht selbst bezahlt. Dieses Grundsolide an ihr mögen die Leute.
Sie haben die Christdemokratie also noch nicht aufgegeben?
Das Feld der Herausforderer ist jedenfalls nicht so stark, dass die Kanzlerin schlaflose Nächte verbringen müsste. Wer außerhalb des engsten Führungszirkels im Willy-Brandt-Haus glaubt ernsthaft, dass wir im Augenblick besser da stünden, wenn Sigmar Gabriel uns durch die Euro-Krise steuern müsste? Man darf nicht vergessen. Die Herren Gabriel, Steinmeier und Steinbrück verbindet, bei allen inhaltlichen Unterschieden, eine Sache – sie haben alle drei jedes mal krachend verloren, wenn sie sich dem Wähler gestellt haben.
Mit Ihrem Buch "Unter Linken" wie auch in Ihrer Kolumne "Der schwarze Kanal" haben Sie sich zum Meinungsmacher einer konservativen Strömung aufgegriffen. Soll das einmal in eine neue Partei münden?
Um Gottes Willen. Ich bin Journalist und nicht Politiker, was bedeutet, dass ich die Wirklichkeit so nehme wie sie ist. Ich will niemanden bekehren, bei mir gibt es auch keine Aufnahmeanträge für irgendetwas. "Der schwarze Kanal" erfüllt, wenn Sie so wollen, zwei Funktionen. Erstens verschafft er einer politischen Sicht Gehör, die in den Medien nach meinem Eindruck deutlich unterrepräsentiert ist. Zweitens gibt er mir die Möglichkeit, das aufzuspießen, was ich für Bullshit halte.
Ein Beispiel?
Ein klarer Fall von hochgradigem Bullshit ist für mich zum Beispiel, wenn Jürgen Trittin im Bundestag darüber klagt, dass dieses Land auf dem Weg in eine andere Republik sei, nur weil ein Minister bei seiner Doktorarbeit geschlampt hat. Wenn die große Moralisierungsmaschine anläuft, wird es schnell komisch.
Vertreten Sie eine verfolgte Minderheit?
Ich finde es immer wieder amüsant, wenn Leute beklagen, was man alles angeblich in Deutschland nicht sagen darf. Ich bin zumindest ein denkbar schlechter Kronzeuge für diese Unterdrückungsthese. Ich schreibe seit 22 Jahren für den SPIEGEL, ich habe eine wöchentliche Kolumne auf SPIEGEL Online, ich habe mit SPIEGEL TV einen Film gemacht, der auf RTL lief , und wenn alles gut geht erscheint bei Rowohlt demnächst ein zweites Buch.
Erstaunlich, wo doch der SPIEGEL als im Zweifel linkes Blatt gilt ...
Da spielen Sie auf ein Augstein-Zitat an, dass er übrigens auf seine Mitarbeiter gemünzt hatte. Augstein selbst war eigentlich ein Liberalnationaler, den ich übrigens gerne in meinen Kolumnen zitiere. Beim SPIEGEL pflegt man eine schöne hanseatische Tradition: nämlich Toleranz gegenüber abweichenden Meinungen.
Manche Ihrer Leser bringen diese Toleranz nicht mit, wenn man sich mal so in den Kommentaren auf SPIEGEL Online umschaut ...
Einige Leute regen sich furchtbar auf, das ist wahr. Die schreiben dann flehentliche Briefe an die Chefredaktion, meine Artikelserie bitte sofort einzustellen. Es gibt einen schönen Satz von Karl Krauss, der lautet: "Was trifft, trifft auch zu." In diesem Sinne kann ich nicht alles falsch gemacht haben.
>> Das konservative Forum - Auftaktveranstaltung mit Jan Fleischhauer
Ffm, Haus am Dom, Domplatz 3, 13. Februar 2012, 20 Uhr
Jan Fleischhauer: Ich bin grundsätzlich ein ziemlich angstfreier Mensch. Das gilt auch, soweit es die Grünen betrifft.
Dabei ist selbst die CDU in Frankfurt tendenziell eher links. Das muss Sie als konservativen Kommentator doch wurmen?
Es wird Sie vielleicht überraschen, aber das sehe ich ganz entspannt. Jede Partei ist gut beraten, auf die Vorlieben und Abneigungen ihrer Wählerschaft zu achten, und die sind in einer Großstadt nun einmal anders als auf dem Lande. Wer für die CDU in einer Metropole antritt, wird deshalb eher linksliberale Positionen vertreten. Das ist in Frankfurt mit Petra Roth so gewesen, das war auch in Hamburg mit Ole von Beust so.
Bundesweit geht die CDU Angela Merkels aber einen ähnlichen Weg - und verprellt doch damit manch altgedienten Wähler.
Ich glaube, das Problem ist hier eher, dass die Bundeskanzlerin innenpolitisch gelegentlich zu opportunistisch agiert. Der Grund für die Energiewende war bei ihr ja nicht plötzliche Einsicht in die Gefahr der Atomenergie, sondern der Blick auf die Umfragen. In der Außenpolitik anderseits verfährt sie seit Monaten sehr unbeirrt von allen Stimmungsumschwüngen, das beginnt sich jetzt auszuzahlen. Selbst von der Wulff-Affäre scheint sie zu profitieren.
Weil sie sich totstellt?
Nein, weil sich niemand vorstellen kann, dass sie ihre Hotelrechnung am Ende eines Wochenendes mit ihrem Mann nicht selbst bezahlt. Dieses Grundsolide an ihr mögen die Leute.
Sie haben die Christdemokratie also noch nicht aufgegeben?
Das Feld der Herausforderer ist jedenfalls nicht so stark, dass die Kanzlerin schlaflose Nächte verbringen müsste. Wer außerhalb des engsten Führungszirkels im Willy-Brandt-Haus glaubt ernsthaft, dass wir im Augenblick besser da stünden, wenn Sigmar Gabriel uns durch die Euro-Krise steuern müsste? Man darf nicht vergessen. Die Herren Gabriel, Steinmeier und Steinbrück verbindet, bei allen inhaltlichen Unterschieden, eine Sache – sie haben alle drei jedes mal krachend verloren, wenn sie sich dem Wähler gestellt haben.
Mit Ihrem Buch "Unter Linken" wie auch in Ihrer Kolumne "Der schwarze Kanal" haben Sie sich zum Meinungsmacher einer konservativen Strömung aufgegriffen. Soll das einmal in eine neue Partei münden?
Um Gottes Willen. Ich bin Journalist und nicht Politiker, was bedeutet, dass ich die Wirklichkeit so nehme wie sie ist. Ich will niemanden bekehren, bei mir gibt es auch keine Aufnahmeanträge für irgendetwas. "Der schwarze Kanal" erfüllt, wenn Sie so wollen, zwei Funktionen. Erstens verschafft er einer politischen Sicht Gehör, die in den Medien nach meinem Eindruck deutlich unterrepräsentiert ist. Zweitens gibt er mir die Möglichkeit, das aufzuspießen, was ich für Bullshit halte.
Ein Beispiel?
Ein klarer Fall von hochgradigem Bullshit ist für mich zum Beispiel, wenn Jürgen Trittin im Bundestag darüber klagt, dass dieses Land auf dem Weg in eine andere Republik sei, nur weil ein Minister bei seiner Doktorarbeit geschlampt hat. Wenn die große Moralisierungsmaschine anläuft, wird es schnell komisch.
Vertreten Sie eine verfolgte Minderheit?
Ich finde es immer wieder amüsant, wenn Leute beklagen, was man alles angeblich in Deutschland nicht sagen darf. Ich bin zumindest ein denkbar schlechter Kronzeuge für diese Unterdrückungsthese. Ich schreibe seit 22 Jahren für den SPIEGEL, ich habe eine wöchentliche Kolumne auf SPIEGEL Online, ich habe mit SPIEGEL TV einen Film gemacht, der auf RTL lief , und wenn alles gut geht erscheint bei Rowohlt demnächst ein zweites Buch.
Erstaunlich, wo doch der SPIEGEL als im Zweifel linkes Blatt gilt ...
Da spielen Sie auf ein Augstein-Zitat an, dass er übrigens auf seine Mitarbeiter gemünzt hatte. Augstein selbst war eigentlich ein Liberalnationaler, den ich übrigens gerne in meinen Kolumnen zitiere. Beim SPIEGEL pflegt man eine schöne hanseatische Tradition: nämlich Toleranz gegenüber abweichenden Meinungen.
Manche Ihrer Leser bringen diese Toleranz nicht mit, wenn man sich mal so in den Kommentaren auf SPIEGEL Online umschaut ...
Einige Leute regen sich furchtbar auf, das ist wahr. Die schreiben dann flehentliche Briefe an die Chefredaktion, meine Artikelserie bitte sofort einzustellen. Es gibt einen schönen Satz von Karl Krauss, der lautet: "Was trifft, trifft auch zu." In diesem Sinne kann ich nicht alles falsch gemacht haben.
>> Das konservative Forum - Auftaktveranstaltung mit Jan Fleischhauer
Ffm, Haus am Dom, Domplatz 3, 13. Februar 2012, 20 Uhr
13. Februar 2012, 10.12 Uhr
Interview: Nils Bremer
Mehr Nachrichten aus dem Ressort Politik
Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt
„Anti-Kater“ führt in die Irre
Das Oberlandesgericht Frankfurt hat entschieden, dass Mineraltabletten nicht unter der Bezeichnung „Anti-Kater“ verkauft werden dürfen.
Text: Daniel Geyer / Foto: Symbolbild © Adobe Stock/Cliff
PolitikMeistgelesen
- Interview„Frankfurt hat mein Herz. Es ist mein Zuhause“
- Bundestagswahl 2025Stadt Frankfurt sucht 4600 Wahlhelfer
- Nach Vandalismus unter FriedensbrückeGedenkbild für Hanau-Opfer in Frankfurt versiegelt
- Harris oder Trump?So hätte Frankfurt bei der US-Wahl abgestimmt
- 9. November„Wir geben nicht auf, wir sind Optimisten!“
24. November 2024
Journal Tagestipps
Freie Stellen