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Gegen Hass-Parolen auf deutschen Straßen
Zwischen Israel-Kritik und Opas Antisemitismus
Wie kann man einem neuen Antisemitismus entgegenwirken und aus welcher Ecke kommt er? Darüber diskutierten Daniel Cohn-Bendit (Grüne), Erziehungswissenschaftler Micha Brumlik und Historikerin Stefanie Schüler-Springorum.
Wegen des Nahost-Konflikts fanden in diesem Sommer eine Reihe großer Demonstrationen in ganz Deutschland statt – dabei bahnte sich auch Antisemitismus den Weg in die Öffentlichkeit. Einer der traurigen Höhepunkte des öffentlich zur Schau gestellten Judenhasses war eine Demo in Frankfurt, bei der Hassparolen durch ein Polizeimikrofon gerufen wurden.
Diese Entwicklung nahm die Gesellschaft der Freunde und Förderer des Jüdischen Museums zum Anlass, zu einer Podiumsdiskussion zu laden. Unter dem Titel „Schon wieder – Antisemitische Parolen auf deutschen Straßen“ diskutierten Daniel Cohn-Bendit (Grüne), Erziehungswissenschaftler Micha Brumlik und Historikerin Stefanie Schüler-Springorum. Die Runde sprach vor allem davon, wie man mit dem neuen Antisemitismus, der nicht mehr vornehmlich aus der rechten Ecke der Gesellschaft kommt, umgeht. Und ob die zahlreichen Demonstrationen gegen Judenhass, die als Antwort organisiert wurden, der richtige Weg sind.
Cohn-Bendit, Abgeordneter im Europaparlament und ehemaliger Frankfurter Stadtrat, warnte vor einer Gleichsetzung des Staates Israels und dem Judentum. „Ich selbst bin ein leidenschaftlicher Kritiker der Politik Israels“, betonte der jüdische Politiker. Er kritisierte daher die Kundegebung vor knapp zwei Wochen in der Hauptstadt unter dem Motto „Steh auf! Nie wieder Judenhass!“. Denn eingeladen hatte der Zentralrat der Juden – und nicht etwa eine religionsunabhängige Stelle – und es wehten viele Israel-Fahnen am Brandenburger Tor. „Ich will nicht unter einer nationalstaatlichen Fahne gegen Antisemitismus demonstrieren“, sagte er. Denn, da waren sich alle einig, Judenhass sei nicht allein ein Problem der Juden, sondern der ganzen Gesellschaft.
Moderatorin Esther Schapira vom HR Fernsehen hakte daraufhin nach, wie weit man mit Kritik an Israel gehen darf. „Kann man die Abschaffung des Staates Israel fordern, ohne antisemitisch zu sein?“, fragte sie provokant. „Nein“, war die einstimmige Antwort.
Thema war auch, ob die neue Welle des Antisemitismus wirklich nur von Muslimen ausgehe. Brumlik, der bis zum Frühjahr 2013 an der Goethe-Uni lehrte, erzählte von einer Anti-Israel-Demo in Berlin. „Ich war entsetzt, wie viele junge Frauen mit Kopftuch da waren und Kinderwägen vor sich her geschoben haben“, berichtete er. Dennoch seien dort auch „merkwürdige Allianzen“ mit rechten Gruppierungen geschlossen worden. „Ich denke nicht, dass Opas Antisemitismus ganz tot ist. Er ist nur nicht mehr artikulationsfähig“, so Brumlik.
Schüler-Springorum, die das Zentrums für Antisemitismusforschung an der TU in Berlin leitet, erzählte von Umfragen, laut denen rund 20 Prozent der Gesellschaft antisemitisch seien. „Ich glaube nicht, dass die Zahl stimmt. Es sind weit mehr, diese 20 Prozent sind nur die letzte, die so dumm sind, nicht einigermaßen annehmbar zu antworten.“ Sie stellte auch die These auf, dass ständige Umfragen über Antisemitismus vielleicht ungewollt dazu beitragen, antisemitisches Gedankengut in den Köpfen der Menschen zu halten.
Gelöst wurde das Problem an diesem Abend nicht. Konsens bestand aber darin, dass Antisemitismus genau wie Fremden- oder Schwulenhass gemeinsam angegangen werden muss, und nicht von einzelnen Gruppierungen.
Diese Entwicklung nahm die Gesellschaft der Freunde und Förderer des Jüdischen Museums zum Anlass, zu einer Podiumsdiskussion zu laden. Unter dem Titel „Schon wieder – Antisemitische Parolen auf deutschen Straßen“ diskutierten Daniel Cohn-Bendit (Grüne), Erziehungswissenschaftler Micha Brumlik und Historikerin Stefanie Schüler-Springorum. Die Runde sprach vor allem davon, wie man mit dem neuen Antisemitismus, der nicht mehr vornehmlich aus der rechten Ecke der Gesellschaft kommt, umgeht. Und ob die zahlreichen Demonstrationen gegen Judenhass, die als Antwort organisiert wurden, der richtige Weg sind.
Cohn-Bendit, Abgeordneter im Europaparlament und ehemaliger Frankfurter Stadtrat, warnte vor einer Gleichsetzung des Staates Israels und dem Judentum. „Ich selbst bin ein leidenschaftlicher Kritiker der Politik Israels“, betonte der jüdische Politiker. Er kritisierte daher die Kundegebung vor knapp zwei Wochen in der Hauptstadt unter dem Motto „Steh auf! Nie wieder Judenhass!“. Denn eingeladen hatte der Zentralrat der Juden – und nicht etwa eine religionsunabhängige Stelle – und es wehten viele Israel-Fahnen am Brandenburger Tor. „Ich will nicht unter einer nationalstaatlichen Fahne gegen Antisemitismus demonstrieren“, sagte er. Denn, da waren sich alle einig, Judenhass sei nicht allein ein Problem der Juden, sondern der ganzen Gesellschaft.
Moderatorin Esther Schapira vom HR Fernsehen hakte daraufhin nach, wie weit man mit Kritik an Israel gehen darf. „Kann man die Abschaffung des Staates Israel fordern, ohne antisemitisch zu sein?“, fragte sie provokant. „Nein“, war die einstimmige Antwort.
Thema war auch, ob die neue Welle des Antisemitismus wirklich nur von Muslimen ausgehe. Brumlik, der bis zum Frühjahr 2013 an der Goethe-Uni lehrte, erzählte von einer Anti-Israel-Demo in Berlin. „Ich war entsetzt, wie viele junge Frauen mit Kopftuch da waren und Kinderwägen vor sich her geschoben haben“, berichtete er. Dennoch seien dort auch „merkwürdige Allianzen“ mit rechten Gruppierungen geschlossen worden. „Ich denke nicht, dass Opas Antisemitismus ganz tot ist. Er ist nur nicht mehr artikulationsfähig“, so Brumlik.
Schüler-Springorum, die das Zentrums für Antisemitismusforschung an der TU in Berlin leitet, erzählte von Umfragen, laut denen rund 20 Prozent der Gesellschaft antisemitisch seien. „Ich glaube nicht, dass die Zahl stimmt. Es sind weit mehr, diese 20 Prozent sind nur die letzte, die so dumm sind, nicht einigermaßen annehmbar zu antworten.“ Sie stellte auch die These auf, dass ständige Umfragen über Antisemitismus vielleicht ungewollt dazu beitragen, antisemitisches Gedankengut in den Köpfen der Menschen zu halten.
Gelöst wurde das Problem an diesem Abend nicht. Konsens bestand aber darin, dass Antisemitismus genau wie Fremden- oder Schwulenhass gemeinsam angegangen werden muss, und nicht von einzelnen Gruppierungen.
24. September 2014, 12.14 Uhr
Christina Weber
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