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Fluglärm
"Wer uns besucht, ist schnell solidarisch"
Ursula Fechter von der Wählergemeinschaft der FlughafenAusbauGegner (FAG) über die Chancen einer Verfassungsbeschwerde gegen die Nordwest-Landbahn, die Green-City-Bewerbung der Stadt und Peter Feldmann.
Ursula Fechter ist seit 14 Jahren engagierte Flughafenausbaugegnerin. Seit 1998 gehört der Bürgerinitiative Sachsenhausen (BIS) an und 2001 trat sie der Wählergemeinschaft der FAG bei. Zu ihren letzten Erfolgen zählt sie eine Niederlage, die Frankfurt beim Green City Award erlitt.
Journal Frankfurt: Frau Fechter, in Sachen Landebahn zieht ein Ehepaar unterstützt von der BIS jetzt sogar bis vors Bundesverfassungsgericht. Glauben Sie daran, dass die Richter das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts wirklich aufheben werden?
Ursula Fechter: Wir sind zuversichtlich, dass unsere Beschwerde angenommen wird. Es geht in der Verfassungsbeschwerde ja um die Verletzung des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit. Die im Verwaltungsverfahren vorgelegten Stellungnahmen, die ganz eindeutig die grundrechtsrelevanten Gesundheitsgefahren belegt haben, wurden von den Gerichten nicht berücksichtigt und schon gar nicht abgewogen. Jeder Bürger muss aber rechtliches Gehör finden können. Wird das anerkannt, muss die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aufgehoben werden.
Oberbürgermeister Peter Feldmann hat im Wahlkampf angekündigt, sich für die Belange der von Fluglärm geplagten Bürger einzusetzen. Sind Sie soweit zufrieden?
Peter Feldmann hatte in seinem Wahlkampf den Kampf gegen den Fluglärm zu einem seiner Hauptthemen gemacht. Zehn Jahre lang hat sich die Stadtregierung unter Oberbürgermeisterin Roth nicht um die Belange der fluglärmgeplagten Bürger gekümmert. Ihr einziger Rat war der Hinweis auf das demokratische Recht wegzuziehen, wenn es jemand zu laut wäre. Die Vertretung der Stadt in der Fluglärmkommission war praktisch nicht wahrnehmbar, während andere Bürgermeister sich für ihre Kommunen vehement eingesetzt haben. Insoweit beginnt nun eine neue Ära. Wir haben zu ersten Mal das Gefühl, nicht nur dass der Oberbürgermeister unsere Nöte Ernst nimmt, sondern dass auch unser Rat gefragt ist. Auch bei der nächsten Vollversammlung der BIS am 10. Oktober will Feldmann kommen. Darüber freuen wir uns.
Freude ist ein relativer Begriff. Seit 14 Jahren engagieren Sie sich als Flughafenausbaugegnerin. Gebracht hat es wenig. Spüren Sie da nicht Resignation?
Es ist richtig, dass ich mich seit Beginn der Planung für die neue Landebahn in der Bürgerinitiative Sachsenhausen (BIS) und seit 2001 in der Wählergemeinschaft der FAG engagiere. Das ist eine lange Zeit, die ich mit vielen Mitstreitern hinter mir habe. Aber von Resignation kann keine Rede sein. Wir haben Erfolge vorzuweisen und seit der Eröffnung der Nord-West-Landebahn hat sich der Widerstand multipliziert.
Von welchen Erfolgen ist hier die Rede? Die Landebahn wurde ja eröffnet.
Wir haben den Bau der Landebahn um viele Jahre verschoben. Ursprünglich sollte wesentlich früher gebaut, spätestens bis 2006 zu Fußball WM, die ohne die neue Bahn angeblich nicht stattfinden konnte, eingeweiht werden. Schließlich wurde Ende 2011 daraus. Die BIS hat es als einzige geschafft, private Musterkläger bis zum Bundesverwaltungsgericht zu bringen, wir haben eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht und werden im Zweifel bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gehen.
Wären die Betroffenen noch schlimmer dran?
Ich bin davon überzeugt, dass ohne unseren Widerstand, vor allem auch ohne die Montagsdemos am Frankfurter Flughafen, es kein Nachtflugverbot gegeben hätte. Ich selbst habe als OB-Kandidatin den Flughafenausbau zu einem bestimmenden Thema im OB-Wahlkampf gemacht. Boris Rhein, der CDU Kandidat von Frau Roth und glühender Ausbaubefürworter wurde auch durch unsere Wahlempfehlung dann nicht gewählt. Ich war zusammen mit zwei Mitstreitern in Brüssel und wir haben erreicht, dass Frankfurt nicht Green City wurde.
Sind also der Fluglärm und die steigenden Emissionswerte aufgrund des Ausbaus Schuld für die Green-City-Niederlage?
Die Begründung der Kommission, warum Frankfurt den Award nicht bekommen hat, sondern am Ende auf Platz 3 durchgereicht wurde, war eindeutig. In der Presseerklärung der EU wurde darauf hingewiesen, dass durch den Flughafenausbau der Grüngürtel im Frankfurter Süden nicht mehr als Erholungsgebiet zu nutzen ist. Das hatten wir unter anderem dem Vorsitzenden der Kommission in Brüssel anschaulich erläutert.
Wie hat es Frankfurt überhaupt so weit geschafft?
Wer sich die Hochglanzbroschüre und den Werbefilm angesehen hat, wird das verstehen. Darin wurde der Flughafenausbau nur in einem Satz erwähnt. Wir haben dann die entscheidenden Informationen geliefert.
Mittlerweile leistet eine breitere Masse Widerstand gegen den Ausbau. Wann begann das Umdenken?
Der breite Widerstand kam erst durch die persönliche Betroffenheit der Menschen. Plötzlich wurden neue Stadtteile in Frankfurt unzumutbar verlärmt, im Umland wurden durch die niedrigen Gegenanflüge Gemeinden auch in relativ großer Entfernung vom Flughafen betroffen. Wenn Sie einmal zu den Montagsdemos gehen, dann werden Sie sich wundern, wie viele unterschiedliche Stadtschilder dort auftauchen.
Demonstranten übernachten im Terminal. Versucht man aus dem Flughafendebakel eine Tragikomödie zu inszenieren?
Aber nein. Wir nehmen zwar den Widerstand sehr ernst, aber er ist sehr vielfältig und abwechslungsreich. Fraport versucht ja verzweifelt über seine teure Werbeagentur sein katastrophales Image wieder aufzupolieren, aber wir sind besser und kreativer und zu uns kommen die Leute freiwillig und gerne aufgrund ihrer Betroffenheit. Die Demonstrationen machen uns Mut und wir gehen mit dem guten Gefühl, dass wir in dieser Auseinandersetzung das Grundgesetz, das uns körperliche Unversehrtheit garantiert, auf unserer Seite haben, nach Hause.
Die Lufthansa versucht am Nachtflugverbot zu rütteln, weil es durch beispielsweise ungünstige Wetterlagen zu Verspätungen kommen kann, die nicht zu beeinflussen sind.
Tatsache ist, dass die Lufthansa in ihren Flugplänen keine Puffer hat und die Verspätungen damit zum großen Teil schon vorprogrammiert sind. Man hat manchmal das Gefühl, dass sie es bewusst darauf ankommen lassen. Passagiere einsteigen zu lassen, obwohl es absehbar ist, dass das Flugzeug nicht pünktlich starten kann, dahinter kann man nur Absicht vermuten. Wenn zweihundert Leute im Flughafen übernachten müssen, sind nicht die Bürgerinitiativen schuld sondern die Fehlplanung der Airlines. Die Lufthansa hatte auch kein Problem damit, während der Tarifauseinandersetzungen tausende von Fluggästen stranden zu lassen. Und noch ein Wort zu geforderten „flexiblen Nachtflugverbot“. Was soll das? Bei der Grenze zwischen Tageschutzzone 1 mit Anspruch auf bezahlte Lärmschutzmaßnahmen geht um einen Zentimeter, mit der Begründung, dass irgendwo die Grenze sein muss. So ist es: 23 Uhr ist 23 Uhr. Wobei wir die gesetzliche Nacht von 22 bis 6 Uhr fordern.
Sind die Frankfurter solidarisch, oder demonstrieren nur explizit Betroffene?
Zurzeit demonstrieren vor allem die Betroffenen. Aber ich habe auch im OB-Wahlkampf festgestellt, dass die Solidarität wächst. Den Button der FAG „rettet Dribbdebach“ tragen viele Leute. Wer bei uns zu Besuch ist, ich wohne in der Lärmschutzzone 1, ist nach kurzer Zeit solidarisch.
Journal Frankfurt: Frau Fechter, in Sachen Landebahn zieht ein Ehepaar unterstützt von der BIS jetzt sogar bis vors Bundesverfassungsgericht. Glauben Sie daran, dass die Richter das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts wirklich aufheben werden?
Ursula Fechter: Wir sind zuversichtlich, dass unsere Beschwerde angenommen wird. Es geht in der Verfassungsbeschwerde ja um die Verletzung des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit. Die im Verwaltungsverfahren vorgelegten Stellungnahmen, die ganz eindeutig die grundrechtsrelevanten Gesundheitsgefahren belegt haben, wurden von den Gerichten nicht berücksichtigt und schon gar nicht abgewogen. Jeder Bürger muss aber rechtliches Gehör finden können. Wird das anerkannt, muss die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aufgehoben werden.
Oberbürgermeister Peter Feldmann hat im Wahlkampf angekündigt, sich für die Belange der von Fluglärm geplagten Bürger einzusetzen. Sind Sie soweit zufrieden?
Peter Feldmann hatte in seinem Wahlkampf den Kampf gegen den Fluglärm zu einem seiner Hauptthemen gemacht. Zehn Jahre lang hat sich die Stadtregierung unter Oberbürgermeisterin Roth nicht um die Belange der fluglärmgeplagten Bürger gekümmert. Ihr einziger Rat war der Hinweis auf das demokratische Recht wegzuziehen, wenn es jemand zu laut wäre. Die Vertretung der Stadt in der Fluglärmkommission war praktisch nicht wahrnehmbar, während andere Bürgermeister sich für ihre Kommunen vehement eingesetzt haben. Insoweit beginnt nun eine neue Ära. Wir haben zu ersten Mal das Gefühl, nicht nur dass der Oberbürgermeister unsere Nöte Ernst nimmt, sondern dass auch unser Rat gefragt ist. Auch bei der nächsten Vollversammlung der BIS am 10. Oktober will Feldmann kommen. Darüber freuen wir uns.
Freude ist ein relativer Begriff. Seit 14 Jahren engagieren Sie sich als Flughafenausbaugegnerin. Gebracht hat es wenig. Spüren Sie da nicht Resignation?
Es ist richtig, dass ich mich seit Beginn der Planung für die neue Landebahn in der Bürgerinitiative Sachsenhausen (BIS) und seit 2001 in der Wählergemeinschaft der FAG engagiere. Das ist eine lange Zeit, die ich mit vielen Mitstreitern hinter mir habe. Aber von Resignation kann keine Rede sein. Wir haben Erfolge vorzuweisen und seit der Eröffnung der Nord-West-Landebahn hat sich der Widerstand multipliziert.
Von welchen Erfolgen ist hier die Rede? Die Landebahn wurde ja eröffnet.
Wir haben den Bau der Landebahn um viele Jahre verschoben. Ursprünglich sollte wesentlich früher gebaut, spätestens bis 2006 zu Fußball WM, die ohne die neue Bahn angeblich nicht stattfinden konnte, eingeweiht werden. Schließlich wurde Ende 2011 daraus. Die BIS hat es als einzige geschafft, private Musterkläger bis zum Bundesverwaltungsgericht zu bringen, wir haben eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht und werden im Zweifel bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gehen.
Wären die Betroffenen noch schlimmer dran?
Ich bin davon überzeugt, dass ohne unseren Widerstand, vor allem auch ohne die Montagsdemos am Frankfurter Flughafen, es kein Nachtflugverbot gegeben hätte. Ich selbst habe als OB-Kandidatin den Flughafenausbau zu einem bestimmenden Thema im OB-Wahlkampf gemacht. Boris Rhein, der CDU Kandidat von Frau Roth und glühender Ausbaubefürworter wurde auch durch unsere Wahlempfehlung dann nicht gewählt. Ich war zusammen mit zwei Mitstreitern in Brüssel und wir haben erreicht, dass Frankfurt nicht Green City wurde.
Sind also der Fluglärm und die steigenden Emissionswerte aufgrund des Ausbaus Schuld für die Green-City-Niederlage?
Die Begründung der Kommission, warum Frankfurt den Award nicht bekommen hat, sondern am Ende auf Platz 3 durchgereicht wurde, war eindeutig. In der Presseerklärung der EU wurde darauf hingewiesen, dass durch den Flughafenausbau der Grüngürtel im Frankfurter Süden nicht mehr als Erholungsgebiet zu nutzen ist. Das hatten wir unter anderem dem Vorsitzenden der Kommission in Brüssel anschaulich erläutert.
Wie hat es Frankfurt überhaupt so weit geschafft?
Wer sich die Hochglanzbroschüre und den Werbefilm angesehen hat, wird das verstehen. Darin wurde der Flughafenausbau nur in einem Satz erwähnt. Wir haben dann die entscheidenden Informationen geliefert.
Mittlerweile leistet eine breitere Masse Widerstand gegen den Ausbau. Wann begann das Umdenken?
Der breite Widerstand kam erst durch die persönliche Betroffenheit der Menschen. Plötzlich wurden neue Stadtteile in Frankfurt unzumutbar verlärmt, im Umland wurden durch die niedrigen Gegenanflüge Gemeinden auch in relativ großer Entfernung vom Flughafen betroffen. Wenn Sie einmal zu den Montagsdemos gehen, dann werden Sie sich wundern, wie viele unterschiedliche Stadtschilder dort auftauchen.
Demonstranten übernachten im Terminal. Versucht man aus dem Flughafendebakel eine Tragikomödie zu inszenieren?
Aber nein. Wir nehmen zwar den Widerstand sehr ernst, aber er ist sehr vielfältig und abwechslungsreich. Fraport versucht ja verzweifelt über seine teure Werbeagentur sein katastrophales Image wieder aufzupolieren, aber wir sind besser und kreativer und zu uns kommen die Leute freiwillig und gerne aufgrund ihrer Betroffenheit. Die Demonstrationen machen uns Mut und wir gehen mit dem guten Gefühl, dass wir in dieser Auseinandersetzung das Grundgesetz, das uns körperliche Unversehrtheit garantiert, auf unserer Seite haben, nach Hause.
Die Lufthansa versucht am Nachtflugverbot zu rütteln, weil es durch beispielsweise ungünstige Wetterlagen zu Verspätungen kommen kann, die nicht zu beeinflussen sind.
Tatsache ist, dass die Lufthansa in ihren Flugplänen keine Puffer hat und die Verspätungen damit zum großen Teil schon vorprogrammiert sind. Man hat manchmal das Gefühl, dass sie es bewusst darauf ankommen lassen. Passagiere einsteigen zu lassen, obwohl es absehbar ist, dass das Flugzeug nicht pünktlich starten kann, dahinter kann man nur Absicht vermuten. Wenn zweihundert Leute im Flughafen übernachten müssen, sind nicht die Bürgerinitiativen schuld sondern die Fehlplanung der Airlines. Die Lufthansa hatte auch kein Problem damit, während der Tarifauseinandersetzungen tausende von Fluggästen stranden zu lassen. Und noch ein Wort zu geforderten „flexiblen Nachtflugverbot“. Was soll das? Bei der Grenze zwischen Tageschutzzone 1 mit Anspruch auf bezahlte Lärmschutzmaßnahmen geht um einen Zentimeter, mit der Begründung, dass irgendwo die Grenze sein muss. So ist es: 23 Uhr ist 23 Uhr. Wobei wir die gesetzliche Nacht von 22 bis 6 Uhr fordern.
Sind die Frankfurter solidarisch, oder demonstrieren nur explizit Betroffene?
Zurzeit demonstrieren vor allem die Betroffenen. Aber ich habe auch im OB-Wahlkampf festgestellt, dass die Solidarität wächst. Den Button der FAG „rettet Dribbdebach“ tragen viele Leute. Wer bei uns zu Besuch ist, ich wohne in der Lärmschutzzone 1, ist nach kurzer Zeit solidarisch.
26. September 2012, 11.27 Uhr
Interview: Yohana Gebrihiwet
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