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Expertengruppe soll OB beraten
Feldmann und sein Fluglärmkompetenzteam
Für alle Themen, die dem Oberbürgermeister wichtig sind, die also auch Wahlkampfthemen waren, stellt Peter Feldmann Expertengruppen zusammen, die ihn kompetent beraten sollen. Neu ist das Team zu Fluglärm.
Selten erlebt man Politiker, die im Wahlkampf Themen setzen, diese gebetsmühlenartig wiederholen, um sie zum persönlichen Markenzeichen zu machen und diese dann nach erfolgreicher Wahl tatsächlich im politischen Alltag wieder aufgreifen. Mit aller Konsequenz arbeitet sich Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) an seiner zuvor erstellten Themenliste ab und möchte über vieles nicht allein aus dem luftleeren Raum entscheiden. Darum gründe er zu seinen strategisch bedeutsamen Themen, wie er sagt, Expertenteams. So geschehen bei den Themen Kinderarmut und Bildung, bei der Lebenssituation von Senioren, beim Thema Wohnen und beim Thema Nationale Wirtschaft. Nun fehlt ein Sujet, das den Betroffenen am Herzen liegt, vielen weniger Betroffenen aber umso mehr herzlich egal ist: Fluglärm.
Am Montag stellte Feldmann nun sein achtköpfiges Expertenteam zum Thema Fluglärm vor. Eine illustre Mischung aus Menschen, die alle für sich eher mit den Leidtragenden des Flughafens zu tun haben. Niemand in der Runde vertritt die Deutsche Flugsicherung oder die Fraport. Letztere findet ja Berücksichtigung mit Peter Feldmann höchst selbst, der im Aufsichtsrat der Flughafenbetreibergesellschaft sitzt und daher eine etwas gewagte Zwitterrolle einnimmt. Ansonsten versichert Feldmann, dass auch externe Expertenmeinungen zu Flughafeninteressen gerne gehört würden. Geplant sei, dass man sich in regelmäßigen Abständen trifft. Doch welche Ergebnisse kann das bringen? Man weiß es nicht. Die Entscheidung, Sarah Sorge das Ressort Kindergarten zu entziehen, mag etwa aus einer Expertenrunde heraus entstanden sein. Etwas Ähnliches legt Feldmann im Gespräch nahe. Doch ansonsten sind bisher noch nicht viele Lösungsansätze zu Frankfurter Problemen an die Öffentlichkeit gedrungen, aller bisherigen Expertengruppen zum Trotz.
Um so ambitionierter lässt sich da die Expertengruppe Fluglärm an, die just in einer Zeit ihre Arbeit aufgenommen hat, da sich die hessische Regierung zu bilden sucht. Ob da die erklärten Ziele des Expertenteams – den Gesundheitsschutz vor die Auslastung des Flughafens zu stellen, ein striktes Nachtflugverbot von 6 bis 22 Uhr durchzusetzen und für Fluglärmreduzierung zu kämpfen – Thema bei den Koalitionsverhandlungen sein werden? "Mir ist oft geraten worden: Lass die Finger von diesem Thema“, sagt Peter Feldmann. „Diese Haltung halte ich für zynisch. Man bewegt nur Dinge, wenn man sie benennt.“
Nun ja, benannt wird das Thema immer montags, wenn die Bürgerinitiativen aus Frankfurt und dem Umland am Flughafen lautstark demonstrieren, benannt wird das Problem auch in Klagen, die vor Gericht regelmäßig abgeschmettert werden und benannt wurde das Thema auch im Wahlkampf, als es zu Spontaneintritten in flughafenausbaukritische Parteien kam – doch passiert ist bisher sehr wenig und laut ist es vor allem im Süden Frankfurts und im Umland immer noch. Hört man Peter Feldmann reden, so scheint er zu glauben, etwas bewegen zu können. Zumindest Gehör will er finden, sagt er. „Wir können keine formellen Beschlüsse fassen.“
Der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling jedenfalls begrüßt Feldmanns Expertengruppe und die Tatsache, dass Feldmann nicht nur nach einer Frankfurter Lösung, sondern als künftiger Regionaldezernent nach einer regionalen Lösung sucht. Überhaupt habe er mit seinen Besuchen bei Amtskollegen im Rhein-Main-Gebiet für Überraschung gesorgt, sagt Feldmann und grenzt sich damit von seiner Amtsvorgängerin ab. Dieses Miteinander habe man vorher wohl nicht gekannt.
Es sei ihm unerklärlich, wie es jemals zu einer Erweiterung des Flughafens gekommen sei, obwohl sich die Zahl der Flugbewegungen nicht signifikant geändert hätte, wettert Feldmann. Dass größere Flugzeuge mehr Fluggäste transportieren als mehrere kleine, könnte eine Erklärung sein, aber darum geht es Feldmann nicht. „In diesem Konflikt gibt es keine schnelle Lösung. Die Initiative richtet sich an alle in der Region und es geht um Verantwortung und nicht um Macht“, sagt das Stadtoberhaupt. Er arbeite eng mit Rosemarie Heilig zusammen, die Mitglied der außerdem bestehenden Lärmschutzkommission sei. Man wolle verzahnt arbeiten.
Doch wie steht das Mitglied des Fraport-Aufsichtsrats zum geplanten Terminal 3? „Ich hab im Stadtparlament meine Skepsis dazu zum Ausdruck gebracht“, sagt Feldmann und klingt dabei kryptisch, wenn er erklärt, mit der Inbetriebnahme werde jetzt erst im Jahr 2021 gerechnet, diese Verschiebung nach hinten gebe ihm Hoffnung, das in der Frage noch Bewegung sei. Immerhin sei derzeit doch vieles möglich, was vor Kurzem strikt als unmöglich abgelehnt worden sei, wie etwa Gleitflug oder steilere Anflugwinkel. Generell solle Frankfurt angesichts entstehender Riesenflughäfen im Nahen Osten mit seinem Luftverkehrskreuz nicht als Einzelkämpfer gegenüber anderen deutschen Airports auftreten. Die Flughäfen Köln oder auch Hahn seien nicht Frankfurts Feinde. Stattdessen plädiert Feldmann für ein nationales Bündnis. Ob das die Fraport auch so locker sieht?
Fest steht jedenfalls, dass Peter Feldmann für Entscheidungen seine Experten zu Rate zieht: den evangelischen Pfarrer Hubert Meisinger, der Referent für Umweltfragen ist, den katholischen Pfarrer Werner Portugall, der in den Gemeinden Schwanheim, Goldstein und Niederrad sowohl mit Fluglärmgeplagten als auch mit Flughafenmitarbeitern zu tun hat. Dass der Fluglärm sich auf das Kreislauf- und Nervensystem auswirkt, davon sind die Experten Thomas Münzel, Ärztlicher Direktor der Klinik für Kardiologie und Angiologie der Universitätsmedizin Mainz, Volker Seifert, Vize-Präsident Deutsche Gesellschaft für Neurochirurgie der Uni Frankfurt und Wolf Singer, Direktor des Max-Planck-Instituts für Hirnforschung, überzeugt. Die Region zusammenbringen will Thomas Norgall, stellvertretender Geschäftsführer und Naturschutzreferent des BUND Hessen. Für Ursula Fechter, die Sprecherin der Bürgerinitiative Sachsenhausen, ist es ein wichtiges Signal, dass sich Feldmann dem Thema Fluglärm annimmt, denn sie beklagt die scheinbare Unvereinbarkeit von Bürgerwillen und repräsentativer Demokratie in Zeiten, in denen mangelndes Vertrauen zu Politikverdrossenheit führt. Helmut Mader von der Bürgerinitiative „In Eintracht gegen Fluglärm“ kritisiert die Wirtschaftsethik, die ihn eher an das 19. Jahrhundert erinnert als an die heutige Zeit, weil die Gesundheit mit Arbeitsplätzen abgewogen wird.
Das Experten-Team ist damit komplett und kann nun mit der Arbeit beginnen und Peter Feldmann beraten. Aber wie sagte schon Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl: „Entscheidend ist, was hinten rauskommt.“
Am Montag stellte Feldmann nun sein achtköpfiges Expertenteam zum Thema Fluglärm vor. Eine illustre Mischung aus Menschen, die alle für sich eher mit den Leidtragenden des Flughafens zu tun haben. Niemand in der Runde vertritt die Deutsche Flugsicherung oder die Fraport. Letztere findet ja Berücksichtigung mit Peter Feldmann höchst selbst, der im Aufsichtsrat der Flughafenbetreibergesellschaft sitzt und daher eine etwas gewagte Zwitterrolle einnimmt. Ansonsten versichert Feldmann, dass auch externe Expertenmeinungen zu Flughafeninteressen gerne gehört würden. Geplant sei, dass man sich in regelmäßigen Abständen trifft. Doch welche Ergebnisse kann das bringen? Man weiß es nicht. Die Entscheidung, Sarah Sorge das Ressort Kindergarten zu entziehen, mag etwa aus einer Expertenrunde heraus entstanden sein. Etwas Ähnliches legt Feldmann im Gespräch nahe. Doch ansonsten sind bisher noch nicht viele Lösungsansätze zu Frankfurter Problemen an die Öffentlichkeit gedrungen, aller bisherigen Expertengruppen zum Trotz.
Um so ambitionierter lässt sich da die Expertengruppe Fluglärm an, die just in einer Zeit ihre Arbeit aufgenommen hat, da sich die hessische Regierung zu bilden sucht. Ob da die erklärten Ziele des Expertenteams – den Gesundheitsschutz vor die Auslastung des Flughafens zu stellen, ein striktes Nachtflugverbot von 6 bis 22 Uhr durchzusetzen und für Fluglärmreduzierung zu kämpfen – Thema bei den Koalitionsverhandlungen sein werden? "Mir ist oft geraten worden: Lass die Finger von diesem Thema“, sagt Peter Feldmann. „Diese Haltung halte ich für zynisch. Man bewegt nur Dinge, wenn man sie benennt.“
Nun ja, benannt wird das Thema immer montags, wenn die Bürgerinitiativen aus Frankfurt und dem Umland am Flughafen lautstark demonstrieren, benannt wird das Problem auch in Klagen, die vor Gericht regelmäßig abgeschmettert werden und benannt wurde das Thema auch im Wahlkampf, als es zu Spontaneintritten in flughafenausbaukritische Parteien kam – doch passiert ist bisher sehr wenig und laut ist es vor allem im Süden Frankfurts und im Umland immer noch. Hört man Peter Feldmann reden, so scheint er zu glauben, etwas bewegen zu können. Zumindest Gehör will er finden, sagt er. „Wir können keine formellen Beschlüsse fassen.“
Der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling jedenfalls begrüßt Feldmanns Expertengruppe und die Tatsache, dass Feldmann nicht nur nach einer Frankfurter Lösung, sondern als künftiger Regionaldezernent nach einer regionalen Lösung sucht. Überhaupt habe er mit seinen Besuchen bei Amtskollegen im Rhein-Main-Gebiet für Überraschung gesorgt, sagt Feldmann und grenzt sich damit von seiner Amtsvorgängerin ab. Dieses Miteinander habe man vorher wohl nicht gekannt.
Es sei ihm unerklärlich, wie es jemals zu einer Erweiterung des Flughafens gekommen sei, obwohl sich die Zahl der Flugbewegungen nicht signifikant geändert hätte, wettert Feldmann. Dass größere Flugzeuge mehr Fluggäste transportieren als mehrere kleine, könnte eine Erklärung sein, aber darum geht es Feldmann nicht. „In diesem Konflikt gibt es keine schnelle Lösung. Die Initiative richtet sich an alle in der Region und es geht um Verantwortung und nicht um Macht“, sagt das Stadtoberhaupt. Er arbeite eng mit Rosemarie Heilig zusammen, die Mitglied der außerdem bestehenden Lärmschutzkommission sei. Man wolle verzahnt arbeiten.
Doch wie steht das Mitglied des Fraport-Aufsichtsrats zum geplanten Terminal 3? „Ich hab im Stadtparlament meine Skepsis dazu zum Ausdruck gebracht“, sagt Feldmann und klingt dabei kryptisch, wenn er erklärt, mit der Inbetriebnahme werde jetzt erst im Jahr 2021 gerechnet, diese Verschiebung nach hinten gebe ihm Hoffnung, das in der Frage noch Bewegung sei. Immerhin sei derzeit doch vieles möglich, was vor Kurzem strikt als unmöglich abgelehnt worden sei, wie etwa Gleitflug oder steilere Anflugwinkel. Generell solle Frankfurt angesichts entstehender Riesenflughäfen im Nahen Osten mit seinem Luftverkehrskreuz nicht als Einzelkämpfer gegenüber anderen deutschen Airports auftreten. Die Flughäfen Köln oder auch Hahn seien nicht Frankfurts Feinde. Stattdessen plädiert Feldmann für ein nationales Bündnis. Ob das die Fraport auch so locker sieht?
Fest steht jedenfalls, dass Peter Feldmann für Entscheidungen seine Experten zu Rate zieht: den evangelischen Pfarrer Hubert Meisinger, der Referent für Umweltfragen ist, den katholischen Pfarrer Werner Portugall, der in den Gemeinden Schwanheim, Goldstein und Niederrad sowohl mit Fluglärmgeplagten als auch mit Flughafenmitarbeitern zu tun hat. Dass der Fluglärm sich auf das Kreislauf- und Nervensystem auswirkt, davon sind die Experten Thomas Münzel, Ärztlicher Direktor der Klinik für Kardiologie und Angiologie der Universitätsmedizin Mainz, Volker Seifert, Vize-Präsident Deutsche Gesellschaft für Neurochirurgie der Uni Frankfurt und Wolf Singer, Direktor des Max-Planck-Instituts für Hirnforschung, überzeugt. Die Region zusammenbringen will Thomas Norgall, stellvertretender Geschäftsführer und Naturschutzreferent des BUND Hessen. Für Ursula Fechter, die Sprecherin der Bürgerinitiative Sachsenhausen, ist es ein wichtiges Signal, dass sich Feldmann dem Thema Fluglärm annimmt, denn sie beklagt die scheinbare Unvereinbarkeit von Bürgerwillen und repräsentativer Demokratie in Zeiten, in denen mangelndes Vertrauen zu Politikverdrossenheit führt. Helmut Mader von der Bürgerinitiative „In Eintracht gegen Fluglärm“ kritisiert die Wirtschaftsethik, die ihn eher an das 19. Jahrhundert erinnert als an die heutige Zeit, weil die Gesundheit mit Arbeitsplätzen abgewogen wird.
Das Experten-Team ist damit komplett und kann nun mit der Arbeit beginnen und Peter Feldmann beraten. Aber wie sagte schon Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl: „Entscheidend ist, was hinten rauskommt.“
29. Oktober 2013, 10.15 Uhr
Nicole Brevoord
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Text: Lukas Mezler / Foto: Glukosetest bei einer Diabetes-Erkrankung ©Adobestock/ Kwangmoozaa
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