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Alt-Sachsenhausen
„Partikularinteressen einiger weniger werden über das Gemeinwohl gestellt“
Eine Anliegerinitiative im Frankfurter Partyviertel Alt-Sachsenhausen warnt vor dramatischen Entwicklungen, Gewalt und Verwahrlosung. Auch Gewerbetreibende sehen die Probleme, haben aber einen differenzierteren Blick auf die Situation.
Eskaliert die Situation im Partyviertel Alt-Sachsenhausen? Droht Frankfurt gar ein zweites Bahnhofsviertel? Eine Anliegerinitiative jedenfalls fordert einen „Schluss mit der Lärmfolter“, einen „Schluss mit der Behördenkapitulation“ und berichtet, dass die allgemeine Situation „in den letzten drei Jahren eine dramatische Entwicklung genommen“ habe. Es ginge nun darum, „geltendes Recht“ durchzusetzen. Sich nachts im Viertel zu bewegen, dürfe kein „Sicherheitsrisiko“ sein. Hört man andere Stimmen aus dem Viertel, so ist die dortige Entwicklung eher zeittypisch für die Entwicklung in deutschen Vergnügungsvierteln.
Die Situation sei allen Beteiligten Akteuren seit Jahrzehnten bekannt, wie der vor Ort langjährig tätige Gastronom und Betreiber des Oberbayern, Jürgen Vieth, die Lage einschätzt. Gewalt habe es im Viertel phasenweise immer schon gegeben, früher beispielsweise durch dort stationierte amerikanische GIs. Die Müllsituation sei vor allem auf die Zunahme von Fast-Food und die allgemeine Verpackungsflut zurückzuführen. Jedoch sind sich auch Vieth und andere ansässige Gewerbetreibende darüber einig, dass sich das Verhalten des Publikums verschlechtert hat. Der Aggressionsspiegel sei gestiegen, ein Kollege von Vieth prangert an, dass sich seit der Corona-Pandemie Partygäste immer öfter „völlig enthemmt“ verhielten.
Frankfurter Initiative möchte „Lebensbedingungen der Anwohner auf menschenwürdiges Niveau bringen“
Laut der Anliegerinitiative Alt-Sachsenhausen stehe das Viertel am Scheideweg. Ihre Initiatoren warnen davor, dass „Lärm, Vandalismus und zunehmende Kriminalität“ ein „sofortiges und konsequentes Handeln“ der Behörden erfordere. Akut ginge es darum, „zunächst die Lebensbedingungen der Anwohner auf ein menschenwürdiges Niveau zu bringen und eine nachhaltige Entwicklung des Viertels zu ermöglichen“.
Vieth und seine Kollegen sehen die Probleme, beschreiben jedoch auch eine andere Seite. Immerhin wüsste auch jeder bei einem Umzug ins Viertel, in welcher Umgebung die neue Wohnung liege. Auch Gentrifizierung spielt in dem Konflikt eine Rolle. Wie groß deren Einfluss auf die Situation vor Ort ist, lässt sich aber nur schwer beurteilen. Mit neuen Bewohnern kämen auch immer wieder neue Initiativen auf, die aber bisher immer wieder versandet seien. Die Gewerbetreibenden verweisen etwa auf Initiativen aus der Vergangenheit, wie beispielsweise „altSAXneu“, die explizit auch von ihnen ausgingen. Die Stadt habe den Initiativen immer Geld zur Verfügung gestellt, jedoch sonst wenig Einsatz für eine nachhaltige Veränderung gezeigt. So ist das Gefühl geblieben, die Stadt habe sich von den Problemen gewissermaßen „freigekauft“.
Die Entwicklungen im Viertel sind Vieth und seinen Kollegen zufolge jedoch nicht ungewöhnlich und müssten eher vor dem Hintergrund allgemeinerer gesellschaftlicher Entwicklungen gesehen werden. Früher habe es etwa andere Räume für Jugendliche gegeben, sie hätten sich nicht so sehr wie heute in Vergnügungsvierteln gesammelt. Ein Indiz für mehr Gewalt im Nachtleben seien Polizisten, die früher zu zweit, heute hingegen zu ihrer eigenen Sicherheit in Gruppen von fünf bis sechs Beamten durch das Viertel patrouillieren müssten. All das sei aber kein spezifisches Problem ihres Viertels, sondern zeige sich ebenfalls in den meisten vergleichbaren Vergnügungsvierteln.
Frankfurter Immobilienbesitzer sind „Knackpunkt für Veränderung“
Die Situation ist für alle Beteiligten kompliziert und für die Gastronomen scheinen keine sinnvolle Maßnahmen auf der Hand zu liegen. Die Initiative fordert zwar eine Sperrstunde ab 2 Uhr. Ein Kollege von Vieth, der diese Interpretation selbst auch für möglich hält, mutmaßt, dass die Behörden wenig Interesse an solchen Maßnahmen haben könnten, weil sich die Partygäste sonst weniger kontrollierbar im Stadtgebiet verteilen würden. Die Initiative hingegen sieht „Partikularinteressen einiger weniger Betriebe“, die bis in den frühen Morgen geöffnet haben, „über das Gemeinwohl eines ganzen Viertels gestellt.“
Vieth und andere Gewerbetreibende jedenfalls sehen die Immobilienbesitzer im Viertel als „Knackpunkt für Veränderung“. Diese hätten aber oft keinen Bezug zum Viertel, ließen die Gebäude verkommen und verlangten überzogene Mieten. Dadurch entstehe eine „Monokultur“ in Ausgehvierteln, obwohl Sachsenhausen immer „von der Vielfalt gelebt hat“, wie Vieth es ausdrückt. Diesen Aspekt betont auch die Anliegerinitiative: „Unser Ziel ist nicht die Abschaffung der lebendigen Kneipenkultur, sondern die Wiederherstellung eines ausgewogenen Miteinanders.“
Die Situation sei allen Beteiligten Akteuren seit Jahrzehnten bekannt, wie der vor Ort langjährig tätige Gastronom und Betreiber des Oberbayern, Jürgen Vieth, die Lage einschätzt. Gewalt habe es im Viertel phasenweise immer schon gegeben, früher beispielsweise durch dort stationierte amerikanische GIs. Die Müllsituation sei vor allem auf die Zunahme von Fast-Food und die allgemeine Verpackungsflut zurückzuführen. Jedoch sind sich auch Vieth und andere ansässige Gewerbetreibende darüber einig, dass sich das Verhalten des Publikums verschlechtert hat. Der Aggressionsspiegel sei gestiegen, ein Kollege von Vieth prangert an, dass sich seit der Corona-Pandemie Partygäste immer öfter „völlig enthemmt“ verhielten.
Laut der Anliegerinitiative Alt-Sachsenhausen stehe das Viertel am Scheideweg. Ihre Initiatoren warnen davor, dass „Lärm, Vandalismus und zunehmende Kriminalität“ ein „sofortiges und konsequentes Handeln“ der Behörden erfordere. Akut ginge es darum, „zunächst die Lebensbedingungen der Anwohner auf ein menschenwürdiges Niveau zu bringen und eine nachhaltige Entwicklung des Viertels zu ermöglichen“.
Vieth und seine Kollegen sehen die Probleme, beschreiben jedoch auch eine andere Seite. Immerhin wüsste auch jeder bei einem Umzug ins Viertel, in welcher Umgebung die neue Wohnung liege. Auch Gentrifizierung spielt in dem Konflikt eine Rolle. Wie groß deren Einfluss auf die Situation vor Ort ist, lässt sich aber nur schwer beurteilen. Mit neuen Bewohnern kämen auch immer wieder neue Initiativen auf, die aber bisher immer wieder versandet seien. Die Gewerbetreibenden verweisen etwa auf Initiativen aus der Vergangenheit, wie beispielsweise „altSAXneu“, die explizit auch von ihnen ausgingen. Die Stadt habe den Initiativen immer Geld zur Verfügung gestellt, jedoch sonst wenig Einsatz für eine nachhaltige Veränderung gezeigt. So ist das Gefühl geblieben, die Stadt habe sich von den Problemen gewissermaßen „freigekauft“.
Die Entwicklungen im Viertel sind Vieth und seinen Kollegen zufolge jedoch nicht ungewöhnlich und müssten eher vor dem Hintergrund allgemeinerer gesellschaftlicher Entwicklungen gesehen werden. Früher habe es etwa andere Räume für Jugendliche gegeben, sie hätten sich nicht so sehr wie heute in Vergnügungsvierteln gesammelt. Ein Indiz für mehr Gewalt im Nachtleben seien Polizisten, die früher zu zweit, heute hingegen zu ihrer eigenen Sicherheit in Gruppen von fünf bis sechs Beamten durch das Viertel patrouillieren müssten. All das sei aber kein spezifisches Problem ihres Viertels, sondern zeige sich ebenfalls in den meisten vergleichbaren Vergnügungsvierteln.
Die Situation ist für alle Beteiligten kompliziert und für die Gastronomen scheinen keine sinnvolle Maßnahmen auf der Hand zu liegen. Die Initiative fordert zwar eine Sperrstunde ab 2 Uhr. Ein Kollege von Vieth, der diese Interpretation selbst auch für möglich hält, mutmaßt, dass die Behörden wenig Interesse an solchen Maßnahmen haben könnten, weil sich die Partygäste sonst weniger kontrollierbar im Stadtgebiet verteilen würden. Die Initiative hingegen sieht „Partikularinteressen einiger weniger Betriebe“, die bis in den frühen Morgen geöffnet haben, „über das Gemeinwohl eines ganzen Viertels gestellt.“
Vieth und andere Gewerbetreibende jedenfalls sehen die Immobilienbesitzer im Viertel als „Knackpunkt für Veränderung“. Diese hätten aber oft keinen Bezug zum Viertel, ließen die Gebäude verkommen und verlangten überzogene Mieten. Dadurch entstehe eine „Monokultur“ in Ausgehvierteln, obwohl Sachsenhausen immer „von der Vielfalt gelebt hat“, wie Vieth es ausdrückt. Diesen Aspekt betont auch die Anliegerinitiative: „Unser Ziel ist nicht die Abschaffung der lebendigen Kneipenkultur, sondern die Wiederherstellung eines ausgewogenen Miteinanders.“
27. März 2025, 11.59 Uhr
Florian Aupor
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31. März 2025
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