Fischers Fritz fischt bekanntlich gern, aber warum tut das Lieschen Müller nicht? Unsere Kolumnistin Ana Marija Milkovic sinniert über die Weihen des Angelsports, die doch auch Frauen offen stehen sollten.
Ana Marija Milkovic /
Eine meiner Lieblingskolumnen von Harald Martenstein handelt über die Männerbastion im Angelsport. Selbst Jahre nach Erscheinen macht mir das Lesen dieser Kolumne immer noch Spass. Ideengeberin für die Kolumne war eine Abgeordnete in Mecklenburg-Vorpommern, die darauf hingewiesen hatte, dass 94 Prozent der organisierten Angler männlich sind. Anscheinend, rätselte Martenstein, fängt die Problematik unzulänglicher Diversität im Angelsport zwischen den Doppel-X und XY-Chromosomen mit dem Beginn der Pubertät an. Bis zur Pubertät eignen wir Menschen uns unsere Fertigkeiten unabhängig unseres Geschlechts an. Kinder lernen gleichwertig lesen, schreiben, rechnen. Harald Martenstein verstand das Problem jedenfalls nicht, warum Mädchen nun auch in der Männerbastion Angeln gefördert werden sollen.
Diversität ist topaktuell. Diversität ist ein soziologisches Konzept, anhand dessen Gruppen und individuelle Merkmale unterschieden und anerkannt werden. In der Wirtschaft ist Diversity Bestandteil der Personalrekrutierung. Betrachtet werden auch Alter, Ethnie, Geschlecht, sexuelle Orientierung. Manchmal ist sogar der persönliche Arbeitsstil von Belang. Natürlich sind uns durch den kulturellen gesellschaftlichen Kontext Grenzen gesetzt. Nicht überall sind die Arbeitswelten von Facebook erwünscht. Bei Volkswagen scheint mir das nicht umsetzbar. Auch der Minirock hat es in diesem Jahr noch immer nicht in die Chefetage geschafft. Kurze Hosen sind aber auch nicht erwünscht. Gleichwertigkeit anstelle von Vielfalt wird in der Chefetage zumindest in der Kleiderordnung gelebt. Das ist doch schon einmal ein Anfang.
Frau Monegel fand es jedenfalls notwendig, Mädchen gleichwertig mit Jungen im Angelsport zu fördern. Die Kleiderordnung spielte dabei erst einmal für sie keine Rolle. Das erkenne ich an. Ich kam bei meinen Überlegungen, ob Angeln für die Entwicklung von Mädchen wichtig ist, nicht weiter und rief in der Redaktion an. Das weibliche Naturell stünde dem Angeln entgegen, bekam ich dort gesagt. Ein Mann ein Wort, hingegen eine Frau ein Wörterbuch. Letzteres scheint in der Redaktion mit dem Angelsport nicht vereinbar.
Ich verstehe das Problem schon. Sozialisierung ist ein Fertigessen, das uns in wiederkehrenden Abständen in der Nahrungskette für Mädchen und Jungen getrennt aufgetischt wird. Der Volksmund besagt zudem, wer den Teller nicht aufisst, verantworte das schlechte Wetter. Ich habe mich einmal hingesetzt und die Namen der Tiefdruckgebiete recherchiert. 2018 standen ausnahmslos weibliche Vornamen für Schlechtwetterzonen Pate.
Zurück zur Wirtschaft. Kapitalismus, so Churchill, steht für ungleiche Verteilung von Gütern, hier die Angelhaken, währenddessen der Sozialismus das Elend, Diskussionen um Angelhaken, verteilt. Männer scheinen in ihren Handlungen vorrangig zu Kapitalisten und Frauen als Sozialisten erzogen worden zu sein. Das Konzept anderes herum zu leben, scheint mir ein probates Mittel die Perspektive für Frauen zu ändern. Erst danach wird die Diskussion um den Angelsport zu vernachlässigen sein. Das wäre nicht einmal die schlechteste Idee.