Viele Menschen setzen sich für den Erhalt von baukulturellem Erbe ein – auch in Frankfurt. Einige Beispiele, wie der Eiserne Steg und nun auch der Lange Franz, finden sich mitten in der Stadt. Es liegt offenbar in unserer DNA, schreibt Chefredakteurin Jasmin Schülke in ihrem Editorial.
Jasmin Schülke /
Wussten Sie es schon? Unsere Politiker regieren die Stadt aus einer Ruine heraus. Dieser Ansicht ist Architekt Christoph Mäckler, den ich für diese Ausgabe interviewt habe. Engagierte Bürgerinnen und Bürger machen sich gerade dafür stark, dass der „Lange Franz“, einer der beiden Rathaustürme, sein Dach zurückbekommt. Dazu wurde eine Crowdfunding-Kampagne gestartet. Wenn eine Million Euro zusammengekommen sind, will Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) die Stadtverordnetenversammlung davon überzeugen, den Restbetrag aus dem Haushalt dazuzugeben. Es wäre nicht das erste Mal in der Stadtgeschichte, dass die Frankfurter Fakten schaffen und die Politik nachzieht. Bürgerschaftliches Engagement liegt offenbar in unserer DNA. Einige Beispiele befinden sich mitten in Frankfurt und sind steinerne Zeugen unserer Stadtgeschichte. Viele Menschen setzen sich für den Erhalt des baukulturellen Erbes ein: Laut einer Umfrage der Bundesstiftung Baukultur (2018/19) finden 80 Prozent die Rekonstruktion vollständig zerstörter Gebäude nach historischem Vorbild grundsätzlich gut.
Wir schlagen ein dunkles Kapitel auf: Wer wusste, dass sich in den Jahren 1944/45 ein Konzentrationslager mitten in Frankfurt befand? Unter dem SS-Decknamen „Katzbach“ wurden in den kriegswichtigen Adlerwerken im Gallusviertel rund 1600 Menschen unter brutalen Umständen zur Arbeit gezwungen – eine Tatsache, die nach Kriegsende zunächst einmal unter den Teppich gekehrt wurde. Nun eröffnet Ende März der „Geschichtsort“ Adlerwerke. Dort soll die Geschichte des Orts lebendig gehalten und vor allem jungen Menschen als ein Teil der Stadtgeschichte zugänglich gemacht werden.
Außerdem blicken wir in den Römer: Die Koalition aus Grüne, SPD, FDP und Volt ist nun seit einem halben Jahr im Amt und wir fragen: Wo bleibt der frische Wind aus dem Rathaus? Hat er den Geist der Erneuerung in die Stadt getragen oder ist nur ein laues Lüftchen zu verspüren? Höchste Zeit für eine Zwischenbilanz. Wir haben dazu die neuen Dezernentinnen und den neuen Dezernenten befragt, was von den Ankündigungen bereits umgesetzt wurde und uns bei der CDU umgehört, die nach knapp 25 Jahren in die Opposition wechseln musste. Es gibt viele Projekte in Frankfurt, die angegangen werden müssen – historische und aktuelle. Wir Bürgerinnen und Bürger sollten die Möglichkeiten der Beteiligung daran nutzen.
Die März-Ausgabe (3/22) des JOURNAL FRANKFURT ist ab Donnerstag, 24. Februar, im Handel sowie als ePaper im JOURNAL KIOSK erhältlich.