Foto: Franziska-Werkstatt: Hier werden ab jetzt Kerzen hergestellt. © Franziska-Werkstatt
Franziska-Werkstatt in Frankfurt

Zukunftsperspektive statt Notversorgung für Obdachlose

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Handwerkliche Erzeugnisse sind beliebt und werden online teuer verkauft. Nicht so in der Frankfurter Franziska-Werkstatt: Sie will Obdachlosen durch kreative Arbeiten wie Kerzenziehen helfen.

Jannis Seelbach /

Die Franziska-Werkstatt sieht sich als weit mehr als eine Kerzenwerkstatt: Ihr Ziel ist es, Obdachlosen durch kreatives Arbeiten zu helfen. „Wir wollen obdachlosen Menschen nicht nur eine Notversorgung, sondern eine echte Zukunftsperspektive ermöglichen“, sagt der ehrenamtliche Geschäftsführer, Michael Wies. Die Werkstatt liegt im Schärfengäßchen, nicht weit von der Liebfrauenkirche entfernt. Am 11. April öffnete sie offiziell ihre Türen.

Die hergestellten Kerzen werden im dazugehörigen Laden verkauft. Der Erlös fließt in die Refinanzierung des Werkstattprojekts. Obdachlose und von Obdachlosigkeit bedrohte Menschen haben jeden Mittwoch die Gelegenheit, sich von 9 bis 12 Uhr direkt in der Franziska-Werkstatt zu informieren.

Franziska-Werkstatt: Obdachlose erhalten Mindestlohn

Die Grundidee der Werkstatt ist mehrstufig: Der „Freiraum“ stellt die erste Beschäftigungsstufe des Projekts in Form von Übungsangeboten dar. Es gehe darum, Vertrauen in sich selbst und die eigenen Fähigkeiten aufzubauen, so die Werkstatt. Die kreativen Tätigkeiten im „Freiraum“ stünden allen Interessierten unverbindlich offen. Es gäbe keine speziellen Zugangsvoraussetzungen. Teilnehmende könnten hier kleine Stoffbeutel und andere Dinge für den persönlichen Gebrauch herstellen. Wer bereit sei, könne in die zweite Stufe übergehen und in der eigentlichen Werkstatt mitarbeiten. Gestartet werde mit sieben Projektteilnehmenden.

Eine Besonderheit der Werkstatt: Obdachlose werden nebenbei kostenlos beraten, oftmals über Monate. Denn: Erst wenn alle gesetzlichen Vorgaben erfüllt sind, darf Lohn gezahlt werden. In Deutschland sind dies eine feste Meldeadresse, eine Personalausweis, ein Bankkonto, eine Postadresse und eine Krankenversicherung. Gegenüber dem JOURNAL sagt Wies, dass die Betroffenen den Mindestlohn erhalten. Es sei eine „geringfügige Beschäftigung“. Also kein achtstündiger Arbeitstag, sondern beispielsweise ein bis zwei Stunden täglich. Die Arbeitszeit werde individuell angepasst, auch abhängig von der körperlichen Verfassung, so Wies.

Frankfurter Franziskustreff-Stiftung will mehr als Grundbedürfnisse sichern

Hinter der Franziska-Werkstatt steht die Franziskustreff-Stiftung. Mit dem Frühstückstreff einschließlich Sozialberatung bietet sie einen Zufluchtsort für Menschen ohne Obdach. Doch die Vision reicht weiter: Neben der Sicherung der Grundbedürfnisse nach Nahrung und sozialen Kontakten sollen auch Wohnen, Gesundheit und Arbeit gefördert werden. Durch die MainWeg gGmbH, eine Tochtergesellschaft der Stiftung, wurde seit 2022 bereits zwölf Obdachlosen nach dem „Housing-First“-Prinzip eine Wohnung vermittelt.

Mit der Eröffnung der „Praxis für Wohnsitzlose“ sei 2024 ein wichtiges Angebot im Bereich Gesundheitsversorgung realisiert worden, erklärt die Stiftung. Nun folge mit der Franziska-Werkstatt ein weiteres entscheidendes Element: Die Möglichkeit, durch eigene Arbeit einen weiteren Schritt zu gehen. Laut Wies soll das Projekt perspektivisch ausgeweitet werden. Das sei allerdings von Spendengeldern abhängig.

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Foto: Franziska-Werkstatt: Hier werden ab jetzt Kerzen hergestellt. © Franziska-Werkstatt
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