Kurz vor dem Neujahrsempfang erreichen uns drei Nachrichten. 1. Es wird am Essen gespart. 2. Die CDU will der SPD die Hand reichen. 3. Der Datenschutzbeauftragte schaltet sich in die Affäre um den Bürgermeister ein.
Nils Bremer /
"Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war Eschborn ein ganz normales Dorf im Vordertaunus." Aus dem Porträt der Stadt Eschborn
1 Am Freitagabend wird gefeiert, das ist schon mal klar. Aber ein bisschen bescheidener als die vergangenen Jahre. Zum einen ist die Zahl der Gäste auf 920 begrenzt – aus Gründen des Brandschutzes. Damit hat die aufstrebende Metropole Eschborn also erstmals weniger Gäste bei einem Neujahrsempfang als die Nachbarstadt Frankfurt. Und es kommt noch dicker: Das Buffet wurde ebenfalls abgespeckt. Man muss halt sparen, der frühere Bürgermeister, so heißt es vom jetzigen Bürgermeister, sei ja so ein Verschwender gewesen. Jetzt wird statt Wachteln, Austern, Kaviar, Unmengen Champagner (und was man sich sonst so als Lügenjournalist unter einem Neujahrsempfang in Eschborn vorstellt) einfach nur Hausmannskost aufgetischt.
2 Der hessische Datenschutzbeauftrage Michael Ronellenfitsch hat derweil eine ganz besondere Menüfolge geordert. 16 Gänge... pardon: 16 CDs will er sich kommen lassen, sobald Polizei und Staatsanwaltschaft sie durch haben. Jene 16 CDs, die einen Teil der Foto-Safari enthalten, der Bürgermeister Mathias Geiger (FDP) des nächtens im Eschborner Rathaus nachging. Aber wir wollen uns hier nicht mit Rückblenden aufhalten. "Uns geht es nur um personenbezogene Daten", sagt die Sprecherin des Datenschutzbeauftragten. Man werde also untersuchen, ob widerrechtlich solche Daten erhoben wurden. Darüber werde es dann einen Abschlussbericht geben. Weiter reichen die Möglichkeiten des Beauftragten aber nicht, da es sich hier um einen öffentlichen Bezug handelt. Da müsste dann schon wieder die Staatsanwaltschaft tätig werden oder die Politik handeln. Was uns zum nächsten Punkt führt.
3 Die CDU in Eschborn schreibt nämlich, dass sie der SPD die Hand reiche. Bei so einer Überschrift lesen wir gerne weiter. "Für die CDU bleibt für dieses Ziel weiterhin an erster Stelle die Lösung, dass Mathias Geiger freiwillig auf sein Amt als Bürgermeister verzichtet und so die Verantwortung für den Datenskandal übernimmt, den er ausgelöst hat." Wenn er nicht zurücktreten wolle, dann müsse man eine Abwahl in Gang bringen. Bürgermeister Geiger könne eben nicht mehr so aus dem Vollen schöpfen, wie das in seiner Position nötig sei. Ach, das wird ein anstrengender Sektempfang heute Abend.
Epilog Wo waren wir? Ach ja, der anstrengende Empfang. Klar, danach muss man sich erstmal erholen. Kennt man ja von sich. Wenigstens haben die Eschborner die Gnade am Freitagabend zu feiern und nicht wie die Frankfurter an einem Dienstag, auf den bekanntlich ein Arbeitstag folgt, wo man sich ins Büro schleppen muss. Nein, in Eschborn scheint zwar derzeit alles etwas anders zu laufen, scheint sich eine Parallelwelt aufzutun, aber auch dort folgt auf einen Freitag ein Samstag. Doch selbst am Montag wird der Eschborner Bürgermeister sein Büro nicht betreten. Überhaupt die ganze Woche nicht.
Befinden wir uns in einer Sequenz eines feuchten Traums des Eschborner CDU-Vorsitzenden? Sollte Mathias Geiger tatsächlich auf dem Neujahrsempfang seinen Rücktritt bekanntgegeben haben? Nein. Er nimmt zwei Wochen Urlaub, um mal Abstand zu gewinnen. Mal rauszukommen aus dem ganzen Irrsinn. Raus aus dieser Stadt, die bis zum Ende des 19. Jahrhunderts ein ganz normales Dorf im Vordertaunus war.