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SPD-Chef Mike Josef gegen Große Koalition
"Die Christdemokraten verhalten sich nicht verlässlich"
Gibt es Gründe, die für neuerliche Großen Koalition sprechen? Dem Frankfurter SPD-Chef und Planungsdezernenten Mike Josef fallen da kaum welche ein. In seinem Gastbeitrag wirbt er für eine Minderheitsregierung.
Die entscheidende Frage ist: Bringt es die Republik weiter, wenn wir noch einmal vier Jahre eine Große Koalition haben? Meiner Meinung nach hat sich gezeigt, dass insbesondere die letzten Monate der Großen Koalition ein einziger Krampf waren. Die inhaltlichen Differenzen waren größer als die Schnittmengen. Ebenfalls fehlte es an Vertrauen.
Zu den Gründen des gegenseitigen Vertrauens: Der Alleingang von Minister Schmitt in der Frage der weiteren Freigabe von Glyphosat in der Landwirtschaft hat nicht nur gezeigt, dass die Kanzlerin die Zügel nicht mehr in der Hand hat, sondern auch, dass in der Zusammenarbeit mit CDU und CSU auch das letzte Vertrauen aufgebraucht ist. Er hat entgegen einer Absprache in der Koalition gehandelt, ihn zu rügen, wie es die Kanzlerin getan hat, reicht da nicht.
Das ist nur ein Beispiel, ich könnte viele weitere nennen, in denen sich die Christdemokraten nicht verlässlich verhalten. Im Koalitionsvertrag steht zum Beispiel, dass Arbeitnehmer, die Teilzeit beantragen, einen Anspruch haben sollen, Vollzeit zurückzukehren. Es wäre ein großer Schritt im Arbeitsrecht – und würde helfen, die Teilzeitfalle, in der sich viele Menschen befinden, wieder zu durchbrechen. In der Regel lassen sich Arbeitgeber darauf nämlich nicht ein – und machen es Menschen gerade in Großstädten schwer. Denn wer kann sich eine Stadt wie Frankfurt leisten, wenn er keinen Vollzeitjob hat? Von dieser Vereinbarung hat sich die CDU auch entfernt – sie möchte sie nicht mehr. Das heißt nichts anderes, als das wesentliche inhaltliche Fragen offensichtlich und gerade gegen Ende der Koalition nicht mehr weiterverfolgt werden.
Für mich als Sozialdemokrat muss eine Regierungsbeteiligung mit einem echten Politikwechsel einhergehen. Da geht es um die Frage einer Bürgerversicherung, der Abschaffung prekärer Beschäftigung, denn unter einem Mindestlohn von zwölf Euro kommt man nicht mehr zurecht, es geht um die Energiewende, aber auch um ganz konkrete Ziele, die mir als Planungsdezernent das Handeln erleichtern würden – etwa eine Bodenwert- oder Bodenflächensteuer für Flächen, die von Spekulanten auf Vorrat gekauft werden, ohne dass sie bebaut werden. All dies mit der CDU/CSU verwirklichen zu können, dafür fehlt mir ein wenig die Fantasie.
Es heißt immer, die SPD habe auch eine staatspolitische Verantwortung für unser demokratisches System. Das sehe ich ganz genauso. Und diese Verantwortung spricht dafür, nicht noch einmal eine große Koalition einzugehen. Nach zwölf Jahren sieht man, wohin sie führt – sie stärkt den rechten Rand der Gesellschaft. Das können wir nicht wollen – ebensowenig, dass die AfD zur stärksten Oppositionskraft wird. Im Übrigen haben gerade jene Parteien, die uns vorwerfen, wir würden uns Gesprächen verweigern, genau dies in den vergangenen Jahren immer wieder getan – in Hessen hat die FDP 2008 und 2013 eine Zusammenarbeit mit der SPD kategorisch ausgeschlossen.
Wir sollten mit der CDU sprechen, doch es wird schwierig. Was hat Angela Merkel nach der Wahl gesagt? Die SPD sei auf Jahre hin nicht regierungsfähig. Da nehme ich sie doch beim Wort. Es muss nicht zwangsläufig auf Neuwahlen hinauslaufen. Auch mit einer Minderheitsregierung kann man sich auf wesentliche Projekte verständigen – und für den Rest um Mehrheiten kämpfen. Übrigens ist auch das keine große Sache: Es gab bei wesentlichen Entscheidungen auch in der Vergangenheit immer wieder Mehrheiten außerhalb der Regierungskoalition – etwa bei den EU-Hilfspaketen. Es könnte also funktionieren.
>> Lesen Sie hier, was andere Frankfurter Parteichefs zur möglichen Großen Koalition sagen.
Zu den Gründen des gegenseitigen Vertrauens: Der Alleingang von Minister Schmitt in der Frage der weiteren Freigabe von Glyphosat in der Landwirtschaft hat nicht nur gezeigt, dass die Kanzlerin die Zügel nicht mehr in der Hand hat, sondern auch, dass in der Zusammenarbeit mit CDU und CSU auch das letzte Vertrauen aufgebraucht ist. Er hat entgegen einer Absprache in der Koalition gehandelt, ihn zu rügen, wie es die Kanzlerin getan hat, reicht da nicht.
Das ist nur ein Beispiel, ich könnte viele weitere nennen, in denen sich die Christdemokraten nicht verlässlich verhalten. Im Koalitionsvertrag steht zum Beispiel, dass Arbeitnehmer, die Teilzeit beantragen, einen Anspruch haben sollen, Vollzeit zurückzukehren. Es wäre ein großer Schritt im Arbeitsrecht – und würde helfen, die Teilzeitfalle, in der sich viele Menschen befinden, wieder zu durchbrechen. In der Regel lassen sich Arbeitgeber darauf nämlich nicht ein – und machen es Menschen gerade in Großstädten schwer. Denn wer kann sich eine Stadt wie Frankfurt leisten, wenn er keinen Vollzeitjob hat? Von dieser Vereinbarung hat sich die CDU auch entfernt – sie möchte sie nicht mehr. Das heißt nichts anderes, als das wesentliche inhaltliche Fragen offensichtlich und gerade gegen Ende der Koalition nicht mehr weiterverfolgt werden.
Für mich als Sozialdemokrat muss eine Regierungsbeteiligung mit einem echten Politikwechsel einhergehen. Da geht es um die Frage einer Bürgerversicherung, der Abschaffung prekärer Beschäftigung, denn unter einem Mindestlohn von zwölf Euro kommt man nicht mehr zurecht, es geht um die Energiewende, aber auch um ganz konkrete Ziele, die mir als Planungsdezernent das Handeln erleichtern würden – etwa eine Bodenwert- oder Bodenflächensteuer für Flächen, die von Spekulanten auf Vorrat gekauft werden, ohne dass sie bebaut werden. All dies mit der CDU/CSU verwirklichen zu können, dafür fehlt mir ein wenig die Fantasie.
Es heißt immer, die SPD habe auch eine staatspolitische Verantwortung für unser demokratisches System. Das sehe ich ganz genauso. Und diese Verantwortung spricht dafür, nicht noch einmal eine große Koalition einzugehen. Nach zwölf Jahren sieht man, wohin sie führt – sie stärkt den rechten Rand der Gesellschaft. Das können wir nicht wollen – ebensowenig, dass die AfD zur stärksten Oppositionskraft wird. Im Übrigen haben gerade jene Parteien, die uns vorwerfen, wir würden uns Gesprächen verweigern, genau dies in den vergangenen Jahren immer wieder getan – in Hessen hat die FDP 2008 und 2013 eine Zusammenarbeit mit der SPD kategorisch ausgeschlossen.
Wir sollten mit der CDU sprechen, doch es wird schwierig. Was hat Angela Merkel nach der Wahl gesagt? Die SPD sei auf Jahre hin nicht regierungsfähig. Da nehme ich sie doch beim Wort. Es muss nicht zwangsläufig auf Neuwahlen hinauslaufen. Auch mit einer Minderheitsregierung kann man sich auf wesentliche Projekte verständigen – und für den Rest um Mehrheiten kämpfen. Übrigens ist auch das keine große Sache: Es gab bei wesentlichen Entscheidungen auch in der Vergangenheit immer wieder Mehrheiten außerhalb der Regierungskoalition – etwa bei den EU-Hilfspaketen. Es könnte also funktionieren.
>> Lesen Sie hier, was andere Frankfurter Parteichefs zur möglichen Großen Koalition sagen.
30. November 2017, 08.50 Uhr
Mike Josef
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