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The Face of Flughafen is no more
Hans Eichel reckt seinen Hals, taxiert die Menschenmenge vor ihm und lächelt. Dann sagt der ehemalige Ministerpräsident: "Meine ganze hessische Vergangenheit holt mich ein." Es ist tatsächlich so. Alle sind da zur Verabschiedung des Flughafen-Chefs Wilhelm Bender. Nur der Star des Abends fehlt noch. Später wird Moderator Frank Lehmann, bei dem man angesichts des seltsamen Wortschwalls, der sich über die Halle ergießt, nur mutmaßen kann, was er genommen hat, erklären, dass Bender es gerne bescheiden mag, die große Show sei nicht sein Ding. Wohl deswegen hatte die Fraport Aktiengesellschaft bloß die A380-Halle der Lufthansa klar gemacht und wohl deswegen konnte Bender einen langgehegten Traum wahrmachen, nämlich einmal im A380-Schlepper zu seinen Festgästen rollen. Mit 1400 PS unter dem Sattel schwebte er ein, die Flughafenfeuerwehr ballerte wahre Wasserströme in die kerosingeschwängerte Luft: wieder einmal ein Männerspielplatz.
Bender rollt an
Fraport-Mitarbeiter stehen Spalier, sie klatschen als Bender das Steuer des Fahrzeugs übernimmt. Schließlich kommt "Mr Airport oder auch the face of Flughafen", wie Lehmann mit sich überschlagender Stimme begeistert ruft, kommt ER also an der Halle im Süden des Flughafens an, steigt aus und umarmt erst einmal seinen Aufsichtsratsvorsitzenden, den hessischen Finanzminister Karlheinz Weimar, beide sind, wie Ministerpräsident Roland Koch später sagen wird, im selben Dorf zur Welt gekommen, das sei schon eine ganz besondere Connection, die die beiden verbinde, man könnte auch sagen: Freunde fürs Leben.
Freunde fürs Leben: Aufsichtsrat und Vorstandschef.
Roland Koch sagt überhaupt außerordentlich interessante Dinge, etwa, dass es ja erstaunlich sei, dass ein so erfolgreicher Mann wie Bender bei der SPD Mitglied sei, aber er gönne dies dieser Partei, worauf viele im Saal in schallendes Gelächter ausbrechen. Kaum eine Reaktion zeigt Jürgen Walter, Sie erinnern sich vielleicht, der Sozialdemokrat, der im vergangenen Jahr so seine Probleme mit einer Parteigenossin namens Ypsilanti hatte. Die Tatsache, das sogar er mit seiner Frau am Bankett saß, verdeutlicht nur, das wirklich jeder da war. Die hessische Vergangenheit holte alle ein.
Roland Koch hoffte inständig darauf, dass es Sandra Schellhase, Benders 36-jährige Frau, ihrem Mann wohl auch in Zukunft danken werde, wenn dieser nicht zu Hause seine Zeit verbringen werde, worauf das Pärchen eifrig lachte. Geschmunzelt werden durfte auch bei einem gut 20-minütigen Film, den die Fraport über ihren Chef hat herstellen lassen. 17 Jahre Wilhelm Bender, da kamen nur die ganz großen zu Wort, die Fernsehmoderatorin Sonya Krauss zum Beispiel oder Frank-Walter Steinmeier, der SPD-Kanzlerkandidat. Und Tigerpalast-Chef Johnny Klinke, am gestrigen Abend auch höchstselbst zugegen, durfte den lustigen Satz sagen, dass die größte Herausforderung im Leben Benders nicht die Durchsetzung des Landebahnbaus sei, sondern die künftigen Elternabende in der Schule, in die sein Kind in einigen Jahren eingeschult werde. "Das wird richtig hart, da ist ein Mann mit Organisationstalent gefragt."
Roko spricht
Derweil sitzen Benders designierter Nachfolger Stefan Schulte (dem die anwesenden Sozialdemokraten eher CDU-nähe zuschreiben), Oberbürgermeisterin Petra Roth und Verkehrsminister Tiefensee beisammen und freuen sich. Es ist eben eine richtig große Sause. Das Essen (grüne Soße, Würstchen, Ochsenbrust etc). dampft schon an den Seiten der Halle vor sich hin, irgendwo in der Ecke steht recht verloren eine Boeing 747 und Roland Koch meint, es sei ja so, dass die Halle für den A380 zu früh fertig geworden sei, aber rechtzeitig zur Verabschiedung von Wilhelm Bender. Später kommen noch Petra Roth, Lufthansa-Chef Wolfgang Mayrhuber und Tiefensee auf die Bühne, Mayrhuber wird auf die angedrohten erhöhten Landegebühren angesprochen und windet sich. Er will eben nichts Schlechtes sagen an diesem Tag, aber immerhin dies: "Der Kranich soll auch in der Nacht fliegen", was eine erstaunliche Feststellung ist, wo doch der Verwaltungsgerichtshof in Kassel ebendiesem Ansinnen einen Dämpfer verpasst hat. Auch Roland Koch will sich nicht zu unüberlegten Sprüchen hinreißen lassen und sagt, es sei eben eine komplexe Materie mit dem Nachtflugverbot. Kochs Vorgänger Eichel hingegen ist zufrieden: "Das Gericht hat genau das erreicht, was wir damals mit der Mediation in Gang gesetzt haben."
Die glorreichen Vier: Stefan Schulte, Petra Roth, Wilhelm Bender und Wolfgang Tiefensee
Derweil senkt sich die Sonne über die Halle, am Schluss, über drei Stunden nach Beginn der Feier, wird der Stabwechsel auch offiziell vollzogen: Bender tritt ab, Schulte tritt an. So einfach ist das ... theoretisch. Denn Bender bleibt mit Büro und Sekretärin der Fraport erhalten, als Berater für so allerlei. Die nächste Abschiedsparty kommt also bestimmt.
26. August 2009, 11.28 Uhr
Nils Bremer
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