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Revolver 23 beim „F.I.M.“ in der Fabrik

„Von g'scheite Leut’ für g'scheite Leut“

Mit Revolver 23 eröffnen Marcel Daemgen und Alfred 23 Harth das „Forum improvisierter Musik“ am 3.10. in der Fabrik in Sachsenhausen. Die Pioniere begrüßen die Wiederbelebung des F.I.M. durch Christof Krause und Jürgen Werner.
JOURNAL FRANKFURT: Wie haben Sie die Wiederbelebung des „Forums improvisierter Musik – F.I.M.“ durch Jürgen Werner und Christof Krause wahrgenommen und was hat sie bei Ihnen ausgelöst?

Marcel Daemgen: Über die Wiederbelebung des FIM habe ich zuerst durch Wolfgang Reimers erfahren, der Anfang der 1990er Jahre ja ebenfalls zu dessen Mitbegründern gehörte und mit dem ich in dieser Zeit eine Reihe von Konzerte gegeben habe. Ich hatte das langsame Ende des FIM Anfang 2000 sehr bedauert. Es war ein nicht nur für Frankfurt, sondern auch für das gesamte Rhein-Main-Gebiet bedeutender, musikalischer Schmelztiegel, der mir und meiner Musik persönlich viel gebracht hat. Dazu kam auch, dass es den Machern immer wieder gelang international renommierte Künstler wie z.B. Derek Bailey, Charles Gayle, Jaap Blonk, Peter Broetzmann, Phil Minton, Rüdiger Carl oder Heinz Sauer für gemeinsame Konzerte zu gewinnen, so dass der musikalische Austausch auf hohem Niveau und unter großem Publikumszuspruch stattfand. Deshalb war und bin ich natürlich froh und dankbar, dass Christof Krause und Jürgen Werner diese Idee wieder und neu beleben.

Alfred Harth gehörte 1993 zu den Gründungsmitgliedern des Forums neben Christoph Korn. Welche Berührungspunkte haben Sie mit den Beiden? Mit Korn haben Sie oft gearbeitet, aber auch mit Harth in den (späten) Neunzigern …

Daemgen: Von 1998 bis 2000 spielte ich zusammen mit Alfred Harth, Christoph Korn und Günter Bozem in der Band Imperial Hoot u.a. auf dem Madrider San Juan Evangelista-Festival, dem Mainzer Akut- und dem Kasseler Jazzfest, im Rahmen dessen Alfred damals auch den „Hessischen Jazzpreis“ 1998 verliehen bekam. Aus dieser Zusammenarbeit entstand im Jahre 2000 auch die von Alfred und mir produzierte Imperial Hoot-CD „Secrets Of Developments“.

Wie definieren Sie improvisierte Musik für sich, was sollte sie auszeichnen?

Daemgen: Kurz: Unvoreingenommen reflektiertes Musizieren „von g'scheite Leut’ für g'scheite Leut“. Länger: Teile, Fragmente, Ganzheiten oder Unzusammenhängendes von Musik-, Text- oder Diskurstypen (ohne moralisierende oder wertende Intention) werden live musikalisch verarbeitet mit der Absicht, sie in eine unterhaltsame, stille, böse oder harmonisch-trashige oder erhellend-lärmende, Zusammenhang bildende und auflösende tobende neue Ordnung auf die Bühne zu bringen.

Alfred Harth: Wenn sich eine Gruppe auf eine gewisse Einstellung, auf Strukturen, oder gar Thematiken vorab verständigen und aus dieser Haltung heraus etwas musikalisch instant erzählen kann, wobei die Summe des Dargebotenen möglichst größer sei, als die einzelnen Beiträge.

Ist Revolver 23 ein eigens für die kommenden Konzerte zusammengestelltes Quartett? Ein Album gibt es nicht oder? Aber das 2014/15 im Trio Harth/Daemgen/Fischer produzierte Werk „Confucius Tarif Reduit“. Mit Nicola L. Hein gibt es die Duo-Platte „When The Future Was Now“. Ist Revolver 23 also the best of both worlds?

Harth: Ja. „Confucius Tarif Reduit“ entstand im Dadajahr 100, greift aber textlich auch Gegenwartsbezüge von der Straße auf, doch „When The Future Was Now“ wurde letztes Jahr in Tokio eingespielt, unter asiatischen Kunsteinflüssen und blickt ebenso durch die Rille hin und wieder auf balladesque Jazzjahre mit kurvenreichen Melodiefragmenten zurück.

Eingeflogen aus Korea wird für Alfred 23 Harth geworben. Wird denn sein „Arbeitsschwerpunkt Ostasien“ in irgendeiner Weise zu Gehör kommen?

Harth: Ich antworte für mich selbst: Meine Frankfurt-Roots binden mich ja immer wieder an die Stadt, doch in Seoul beendete ich soeben eine Kunstausstellung "18 Years Creativeness in Corea", eine Repraesentanz diverser Spuren meiner bisherigen koreanischen Aktivitäten in Musik/Kunst/Text usw. Meine Aufenthalte in Fernost haben mich selbstverständlich auch geprägt und inwieweit das im neuen Quartett hörbar sein wird, überlasse ich gerne meinen Frankfurter Zuhörerfreunden... In erster Linie wird Revolver 23 allerdings wohl europäische Anliegen vortragen.

Welche Zielgruppe hat man denn im Sinn, geht es um ein wissendes, intellektuelles Publikum? Wenn man den Promotext auf der F.I.M-Website liest, könnte man ja auch Angst bekommen?

Harth: Haha... Mein Publikum ist immer ein wissendes, intellektuelles, besonders in Rhein-Main. Na ja, wir wollen nun niemanden zu arg strapazieren, unser Promotext ist eine Art kleines Manifest, das wir vorab absteckten, um unseren Zuhörern und uns selbst (siehe oben) eine Route, bzw. Zielrichtung vorzugeben. Im Übrigen freut es mich ebenso, dass das FIM fortbesteht. Seit meinem Ginnheimer "centrum freier cunst" in den 60er Jahren gab es ja für experimentelle Impros in Frankfurt keine offene Plattform bis 1993. Und das FIM stand dann alsbald für "Frankfurts Indeterminable Musique" – wenn dies nicht ein wissendes, intellektuelles Publikum erfordert, was und wo sonst?
 
Fotogalerie:
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28. September 2018, 10.46 Uhr
Detlef Kinsler
 
 
 
 
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