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Lange Lesenacht
Dem Tod die kalte Schulter gezeigt
Sprachgewaltig meldeten sich am Samstagabend junge Literatinnen und Literaten aus dem deutschsprachigen Raum im Frankfurter Salon zu Wort, um im Rahmen der langen Lesenacht der Frage nachzugehen, wie man mit dem Tod umgeht.
Am Samstagabend fand im Frankfurter Salon die lange Lesenacht statt. Gleichzeitig wurde der Wortmeldungen-Förderpreis der Crespo-Foundation an junge Schreibende verliehen. Diese setzten sich innerhalb des Wettbewerbs mit der Frage auseinander: „Im Schreiben tauschen Tote und Lebende höflich die Plätze. Oder: Kann man dem Tod die kalte Schulter zeigen?“. 300 Jungsautorinnen- und autoren waren angetreten, um das von dem aktuellen Literaturpreisträger des hochdotierten Wortmeldungen Hauptpreises, Thomas Stangl, vorgegebene Thema literarisch zu bearbeiten. Neun von ihnen wurden ausgewählt, um im Rahmen der Förderpreisverleihung ihre Texte dem Publikum vorzustellen. Der mit 15 000 Euro ausgeschriebene Förderpreis geht zu gleichen Teilen an die Schreibenden Katherina Braschel, Luca Manuel Kieser und Jana Krüger.
Die in Salzburg geborene und in Wien lebende Braschel geht in ihrem Text „ICD-10 – F63.9“ wissenschaftlich fundiert sowie außergewöhnlich detailliert auf das Wechselspiel von Lebendigkeit und Verfall des menschlichen Körpers ein. Eingebettet in eine Romanze berichtet die gleichzeitige Trägerin des Exil-Literaturpreises für Autorinnen und Autoren mit Deutsch als Erstsprache von absterbenden Hautschichten und anderen in der Umgebung zurückbleibenden, menschlichen Zellüberresten. Ein Text, der unter die Haut geht. Mit der Kurzgeschichte: „Von einer, die aus Namen ein Geheimnis macht. Rumpelstilzchen? Oder: Die Höhle“, lädt der gebürtige Tübinger Luca Kieser die Leserinnen und Leser ein, seinem eloquenten Blick auf das von Vergänglichkeit und Verlust geprägte Leben einer namenlosen Protagonistin zu folgen, die im Nachkriegsdeutschland aufwächst und durch das Zeitgeschehen bis nah an die Gegenwart wandelt. Der aus Aachen stammenden Wahlberlinerin Jana Krüger gehörte der literarische Schlusspunkt des Abends. Mit ihrer, an eine Dokumentation erinnernde, Erzählung „weiterweg“ berichtete sie, autobiografisch beeinflusst, von den Erfahrungen der Seenotrettung und dem Sterben im Mittelmeer. Wie Luca Kieser engagiert sich die junge Autorin in Projekten für geflüchtete Kinder und Jugendliche.
Gemeinsam mit den sechs anderen Schreibtalenten fanden die Preisträgerinnen und der Preisträger beeindruckende Antworten auf die von Stangl gestellte Frage. Mit klugen Texten, die von Altersheim- und Friedhofserfahrungen, über Alkoholismus und Kapitalimus-Dystopien bis hin zu Abtreibung und Terrorerfahrungen reichten, zeigten sie, dass es auch heutzutage junge Menschen gibt, die bereit sind, den großen Fragen des Lebens nachzugehen und den gesellschaftlichen Weitblick besitzen, um mit ihren Worten und Taten die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Junge Menschen, die dem Tod die kalte Schulter zeigen, indem sie sich in ihrem Geschriebenen verewigen und mit ihrem Engagement Wärme in das Leben anderer bringen.
Musikalisch gerahmt wurde der Abend von den Absolventinnen und Absolventen des Frankfurter Studiojahrs Schauspiel sowie Günther Lehr am Flügel. Moderator war Florian Werner, der schwungvoll durch die lange Lesenacht führte, sodass die Veranstaltung 20 Minuten früher als gedacht zu Ende war. Er quittierte diesem Umstand mit den Worten: „Dann bleibt noch Zeit für einen langen Applaus“, auch wenn der dann etwas kürzer ausfiel – er wäre verdient gewesen.
Die in Salzburg geborene und in Wien lebende Braschel geht in ihrem Text „ICD-10 – F63.9“ wissenschaftlich fundiert sowie außergewöhnlich detailliert auf das Wechselspiel von Lebendigkeit und Verfall des menschlichen Körpers ein. Eingebettet in eine Romanze berichtet die gleichzeitige Trägerin des Exil-Literaturpreises für Autorinnen und Autoren mit Deutsch als Erstsprache von absterbenden Hautschichten und anderen in der Umgebung zurückbleibenden, menschlichen Zellüberresten. Ein Text, der unter die Haut geht. Mit der Kurzgeschichte: „Von einer, die aus Namen ein Geheimnis macht. Rumpelstilzchen? Oder: Die Höhle“, lädt der gebürtige Tübinger Luca Kieser die Leserinnen und Leser ein, seinem eloquenten Blick auf das von Vergänglichkeit und Verlust geprägte Leben einer namenlosen Protagonistin zu folgen, die im Nachkriegsdeutschland aufwächst und durch das Zeitgeschehen bis nah an die Gegenwart wandelt. Der aus Aachen stammenden Wahlberlinerin Jana Krüger gehörte der literarische Schlusspunkt des Abends. Mit ihrer, an eine Dokumentation erinnernde, Erzählung „weiterweg“ berichtete sie, autobiografisch beeinflusst, von den Erfahrungen der Seenotrettung und dem Sterben im Mittelmeer. Wie Luca Kieser engagiert sich die junge Autorin in Projekten für geflüchtete Kinder und Jugendliche.
Gemeinsam mit den sechs anderen Schreibtalenten fanden die Preisträgerinnen und der Preisträger beeindruckende Antworten auf die von Stangl gestellte Frage. Mit klugen Texten, die von Altersheim- und Friedhofserfahrungen, über Alkoholismus und Kapitalimus-Dystopien bis hin zu Abtreibung und Terrorerfahrungen reichten, zeigten sie, dass es auch heutzutage junge Menschen gibt, die bereit sind, den großen Fragen des Lebens nachzugehen und den gesellschaftlichen Weitblick besitzen, um mit ihren Worten und Taten die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Junge Menschen, die dem Tod die kalte Schulter zeigen, indem sie sich in ihrem Geschriebenen verewigen und mit ihrem Engagement Wärme in das Leben anderer bringen.
Musikalisch gerahmt wurde der Abend von den Absolventinnen und Absolventen des Frankfurter Studiojahrs Schauspiel sowie Günther Lehr am Flügel. Moderator war Florian Werner, der schwungvoll durch die lange Lesenacht führte, sodass die Veranstaltung 20 Minuten früher als gedacht zu Ende war. Er quittierte diesem Umstand mit den Worten: „Dann bleibt noch Zeit für einen langen Applaus“, auch wenn der dann etwas kürzer ausfiel – er wäre verdient gewesen.
25. November 2019, 13.03 Uhr
Armin Heinrich
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