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Historisches Museum Frankfurt

Kunst aus einem anderen Blickwinkel

Endlich mal eine Geschichte nicht über, sondern mit Flüchtlingen. Vierzehn junge Menschen verschiedenster Nationen haben im Historischen Museum in Frankfurt Vergangenheit neu interpretiert.
Parwiz Rahimi aus Afghanistan hat sich während des Projekts mit einem Kofferradio beschäftigt (Foto unten, 2.v.r.). Es gehörte Giuseppe Bruno. Dieser kam in den sechziger Jahren als Gastarbeiter nach Deutschland. Mit Hilfe dieses Radios lernte er die deutsche Sprache. Für Parwiz Rahimi war es aber mehr als das. Dadurch, dass sich der 31-Jährige mit Giuseppe Brunos Geschichte auseinandergesetzt hat, fing er auch an, sich mehr mit der Geschichte Afghanistans zu beschäftigen. „In der Geschichte Afghanistans sind nicht nur schlechte, sondern auch gute Dinge passiert. Jeder sollte sich mehr mit der eigenen Geschichte auseinandersetzen.“

Rahimis Auseinandersetzung mit dem Radio ist Teil des Projektes „Sammlungen diverser Neu-Sichtungen historischer Objekte“. Es ist eines der ersten seiner Art in Deutschland. Die sogenannte „Citizen Science“ ist eine Form der Wissenschaft, bei der Projekte mit Hilfe von Laien durchgeführt werden. Das Historische Museum Frankfurt sieht sich, zumindest in Deutschland, als Pionier dieser neuen Arbeitsweise.

Studenten und Flüchtlinge mit akademischer Ausbildung arbeiten gemeinsam einige Exponate auf, die im Historischen Museum ausgestellt sind.

Laut Museumsdirektor Jan Gerchow sei dies unüblich. Doch er sagt auch, „Wissenseinrichtungen dürfen nicht bei dem alten Habitus der hoheitlichen Kontrolle stehen bleiben.“ Es sei wichtig, auch mal den Blickwinkel zu ändern. Nur so könne man letztlich objektiv bleiben.

Persönlich, wissenschaftlich – aber auch fiktiv
Das Projekt entstand zusammen mit der Studiengruppe „sammeln, ordnen, darstellen“ der Goethe-Universität Frankfurt und dem gemeinnützigen Verein „academic experience worldwide“. Der Verein setzt sich dafür ein, dass akademisch gebildete Flüchtlinge in ein akademisches Umfeld integriert werden.

Die Aventis Foundation finanziert eine dazugehörige Web-App, mit der man einen virtuellen Rundgang zu den verschiedenen Exponaten starten kann. Diese kann man sich entweder auf sein Handy laden oder auf den vor Ort zur Verfügung gestellten Geräten ansehen und anhören.

Den Geflüchteten eine Stimme geben
60 Objekte wurden für das Projekt von Kuratoren ausgewählt – aus diesen wählten die Teilnehmer 17 zur näheren Betrachtung. In gemischten Gruppen wurden die Geschichten der Objekte neu recherchiert und personalisiert. Sprich: Jeder Teilnehmer hat eine eigene Geschichte zu seinem Objekt geschrieben. Teilweise persönlich, teilweise wissenschaftlich – aber auch fiktive Geschichten sind dabei. Sie wurden vertont und werden Anfang 2017 im sogenannten „Multimedia Guide“ des Museums zu hören sein.



Zu hören sein wird dann auch die Stimme von Said Ahmad Wali Hashimi (Foto hier r.). Er hat das Projekt als etwas Positives empfunden. Er kommt ebenfalls aus Afghanistan und hat sich mit einem Denkmal für Friedrich Ebert aus dem Jahr 1926 auseinandergesetzt. Said bewundert ihn für sein demokratisches Handeln. „In Afghanistan war es mal friedlich“, so der 28-Jährige. „Ich wünsche mir für Afghanistan, dass es dort einmal so wird wie in Deutschland.“

Das Spannende: Die Tonaufnahmen wurden von den Autoren persönlich eingesprochen. Die teilnehmenden Flüchtlinge stammen aus aller Welt. Afghanistan, Eritrea, Pakistan …Christiane Borchert von „academic experience worldwide” sagt: „Das Ziel war es, Geflüchteten im öffentlichen Diskurs eine Stimme zu geben.“

Foto oben: Freie Kuratorin und Projektleiterin Puneh Henning mit Sara Gómez de los Ríos, Kunstgeschichtsstudentin an der Goethe-Uni
 
Fotogalerie:
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12. August 2016, 11.31 Uhr
Olivia Heider
 
 
 
 
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