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Gott macht Rentner mobil
„Lass’ den lieben Herrn Gott doch einfach mal einen guten Mann sein“, raune ich einer Rentnerin zu. Ich habs wahnsinnig eilig. Eben noch war ich in der Nikolaikirche und muss hinter die Bühne zur Eröffnung des Weihnachtsmarktes. Das schafft man sonst in einer Minute, doch normal war gestern Abend nichts. Es herrschte Ausnahmezustand und ich brauchte 15 Minuten und war damit noch schnell. Wenn Gott den Weihnachtsmarkt eröffnet, können Lahme wieder gehen. Nichts liegt mir ferner als Blasphemie, aber dieses Wortspiel muss nun mal sein. 8000 Senioren standen da schon seit einer Stunde auf dem Römerberg, um Petra Roth als Vorgruppe und dann Karel Gott als Show-Act live zu erleben. Zuvor wurde ordentlich mit Ellbogen gestoßen, Gehhilfen wurden plötzlich als Schlagwerkzeuge und als Beinstellvorrichtung genutzt. „Na hören Sie mal!“, „Nein, isch geh net zur Seite, isch will doch den Gott sehen!“, „Das ist ja e bodenlose Freschheit, einfach vorbeidrängeln!“ ich bin mit so gut wie jeder Beschimpfung bedacht worden, die einem renitenten Rentner einfallen könnte. Stress pur.
Eines Vorweg: Monrose und ähnliche Bands mit deutlich jüngerer Zielgruppe will die Stadt nicht. Schon allein, weil die selten Weihnachtslieder singen und nicht zur Besinnlichkeit beitragen. Klingt ja verständlich. Nur: Gestern war nix mit Besinnlichkeit. Das war Krieg, Egomanie und alles andere als feierlich, weihnachtlich oder nächstenliebend. Ein weiterer Grund, warum man keine jungen Bands haben will: Das junge Publikum ist schnell weg, lässt kein Geld auf dem Markt und kreischt nur rum. Um 17.15 Uhr sang Karel Gott, das heißt er tat so. Denn Gott singt Playback, wie übrigens jeder andere bei der Eröffnung auch (Ist es also nötig, dafür eine Stunde zu warten und zu randalieren?). Um 18 Uhr waren die Senioren dann alle wieder heimwärts gelaufen, das Weihnachtspublikum verjüngte sich damit innerhalb einer Stunde um Generationen. Geld haben die wohl keines auf dem Markt gelassen. Wie denn auch? Geht man zum Glühweinstand, ist der hart umkämpfte Platz weg und nach dem Konzert ziehts im Rücken...
Im Vorfeld zu Gotts Auftritt hat es glaubwürdige Gerüchte gegeben, der gute Mann würde gar keine Weihnachtslieder singen, sondern was Klassisches für seine ausgebildete Tenorstimme. Das soll er wohl gesagt haben, was sich später als Scherz erwies, wenn auch als ein schlechter. Denn auf Besinnlichkeit legt man im Rathaus größten wert. Mir wäre die Biene Maja ja lieber gewesen, zumindest als Zugabe. Es gab dann jedoch noch an die sechs Weihnachtsstücke, währenddessen die Fotografen wie wild versuchten, den Mund bewegenden Gott zu fotografieren. Dabei erdreisteten sich die Herrschaften in der ersten Reihe vor der Bühne, wieder unflätig zu rufen: Gehen Sie fort (gemeint waren die Journalisten), sie versperre mir ja die Sicht!“. Das Hauptthema bei jedem Seniorenkaffeekränzchen wird heute wohl heißen: Gestern hab ich Gott gesehen.
Zuvor hatte unsere Oberbürgermeisterin wieder ein paar salbungsvolle, nachdenkliche Worte ans Publikum gerichtet, das schon langsam mit den Hufen scharrte. Wie in jedem Jahr sei der diesjährige Weihnachtsbaum wieder der allerschönste, den man je gehabt habe. Dann wurde die Fichte erleuchtet. Ich habs geschafft und den Weihnachtsmarkt erlebt wie Gott in Frankfurt. Was jetzt bleibt ist die gespannte Vorfreude auf den Eröffnungsstar des nächsten Weihnachtsmarktes, also 2010. Ich bin ja immer noch für Rammstein, die dann ganz auf ihre Art besinnlich singen „Der Baum brennt!“.
Eines Vorweg: Monrose und ähnliche Bands mit deutlich jüngerer Zielgruppe will die Stadt nicht. Schon allein, weil die selten Weihnachtslieder singen und nicht zur Besinnlichkeit beitragen. Klingt ja verständlich. Nur: Gestern war nix mit Besinnlichkeit. Das war Krieg, Egomanie und alles andere als feierlich, weihnachtlich oder nächstenliebend. Ein weiterer Grund, warum man keine jungen Bands haben will: Das junge Publikum ist schnell weg, lässt kein Geld auf dem Markt und kreischt nur rum. Um 17.15 Uhr sang Karel Gott, das heißt er tat so. Denn Gott singt Playback, wie übrigens jeder andere bei der Eröffnung auch (Ist es also nötig, dafür eine Stunde zu warten und zu randalieren?). Um 18 Uhr waren die Senioren dann alle wieder heimwärts gelaufen, das Weihnachtspublikum verjüngte sich damit innerhalb einer Stunde um Generationen. Geld haben die wohl keines auf dem Markt gelassen. Wie denn auch? Geht man zum Glühweinstand, ist der hart umkämpfte Platz weg und nach dem Konzert ziehts im Rücken...
Im Vorfeld zu Gotts Auftritt hat es glaubwürdige Gerüchte gegeben, der gute Mann würde gar keine Weihnachtslieder singen, sondern was Klassisches für seine ausgebildete Tenorstimme. Das soll er wohl gesagt haben, was sich später als Scherz erwies, wenn auch als ein schlechter. Denn auf Besinnlichkeit legt man im Rathaus größten wert. Mir wäre die Biene Maja ja lieber gewesen, zumindest als Zugabe. Es gab dann jedoch noch an die sechs Weihnachtsstücke, währenddessen die Fotografen wie wild versuchten, den Mund bewegenden Gott zu fotografieren. Dabei erdreisteten sich die Herrschaften in der ersten Reihe vor der Bühne, wieder unflätig zu rufen: Gehen Sie fort (gemeint waren die Journalisten), sie versperre mir ja die Sicht!“. Das Hauptthema bei jedem Seniorenkaffeekränzchen wird heute wohl heißen: Gestern hab ich Gott gesehen.
Zuvor hatte unsere Oberbürgermeisterin wieder ein paar salbungsvolle, nachdenkliche Worte ans Publikum gerichtet, das schon langsam mit den Hufen scharrte. Wie in jedem Jahr sei der diesjährige Weihnachtsbaum wieder der allerschönste, den man je gehabt habe. Dann wurde die Fichte erleuchtet. Ich habs geschafft und den Weihnachtsmarkt erlebt wie Gott in Frankfurt. Was jetzt bleibt ist die gespannte Vorfreude auf den Eröffnungsstar des nächsten Weihnachtsmarktes, also 2010. Ich bin ja immer noch für Rammstein, die dann ganz auf ihre Art besinnlich singen „Der Baum brennt!“.
26. November 2009, 12.27 Uhr
Nicole Brevoord
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