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Frankfurter Buchmesse findet ohne Aussteller statt

Europa bleibt zuhause

Lange hatte die Buchmesse an einem Konzept mit Hallenausstellung festgehalten. Am Dienstag hieß es nun doch: Die größte Buchmesse der Welt findet aufgrund der Corona-Pandemie ohne Aussteller statt. In der Festhalle und in der Stadt wird es einzelne Veranstaltungen geben.
Die Hallenausstellung der Frankfurter Buchmesse wird in diesem Jahr nicht stattfinden, das gaben die Veranstalter am Dienstag bekannt. Grund dafür seien die aktuell geltenden Reisebeschränkungen. Diese sorgten dafür, dass zahlreiche Länder nicht mit ihren Ausstellungsständen an der Messe teilnehmen könnten. Auch einige ab dem 1. Oktober in Kraft tretende Quarantäneverordnungen machten die Teilnahme für viele europäische Aussteller sowie für Fachbesucherinnen und Fachbesucher „nahezu unmöglich“.

Die Frankfurter Buchmesse sei ein „sich ständig weiterentwickelndes Unternehmen“, sagte die Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels Karin Schmidt-Friderichs. „In der aktuellen Situation bedeutet das nun den Verzicht auf Stände in Hallen aufgrund der wieder zunehmenden Corona-Einschränkungen.“ In diesem Jahr werde man dafür Veranstaltungen digital sowie in Frankfurt und anderen Städten vor Ort realisieren.

Das Liveprogramm der ARD-Buchmessenbühne in der Festhalle werde wie geplant vom 14. bis zum 18. Oktober stattfinden sowie rund 80 Veranstaltungen im Rahmen der Festivals Bookfest City und Open Books. Auf der ARD-Buchmessenbühne werden unter anderem Michel Friedman, die Kinderbuchautorin Cornelia Funke, die Tennisspielerin Andrea Petković, Alice Schwarzer, sowie die beiden britischen Autoren Irvine Welsh und John Niven erwartet. Zur ARD-Buchmessennacht am 16. Oktober besuchen zudem Literaturkritikerin Elke Heidenreich, der Philosoph Richard David Precht und der Autor Jan Weiler die Festhalle. Auf der Internetplattform Frankfurt Rights können sich Branchen-Akteure und -Akteurinnen über den internationalen Rechte- und Lizenzhandel austauschen und Kontakte knüpfen.

Digitales Programm rund um die Uhr

„Der Fokus liege jetzt auf dem virtuellen Angebot und den Veranstaltungen in der Festhalle und in der Stadt“, betonte der Direktor der Frankfurter Buchmesse Juergen Boos. Im Juli hatte die Buchmesse ihr digitales Konzept vorgestellt. Herzstück des digitalen Angebots werde die offizielle Webseite der Buchmesse bilden. Dort sollen zum Beispiel auch der Veranstaltungskalender sowie der Ausstellerkatalog zu finden sein. Letzterer ermögliche es den Verlagen, sich mit ihrem eigenen, digitalen Firmenprofil zu präsentieren.

Man habe gewusst, dass der körperliche Teil der Messe sich kritisch darstelle und sei jederzeit bereit gewesen, diesen abzusagen, falls die Situation sich verschlechtere, äußerte sich Boos am Dienstagabend. „Was immer wir jetzt auch tun, wir können es ohne Publikum machen. Wir haben viele Inhalte vorbereitet und dürfen aktuell über 400 Menschen in die Festhalle lassen. Zudem senden wir rundum die Uhr in die ganze Welt.“

Boos: „Wir verlieren viel Geld, aber erfahren auch viel Unterstützung“

Im Juli hatte die Buchmesse noch angekündigt, die erste internationale Messe mit Präsenzveranstaltungen seit Beginn der Corona-Pandemie zu werden. Bereits zu diesem Zeitpunkt hatte das diesjährige Gastland Kanada bekanntgegeben, nicht physisch an der Messe teilzunehmen. Die Präsenzveranstaltungen wurden in das kommende Jahr verlegt, dementsprechend verschieben sich auch die kommenden Ehrengastländer Spanien, Slowenien und Italien um ein Jahr.

„Ich habe in den letzten zwölf Stunden mit allen nationalen und europäischen Verlagen gesprochen, die geplant hatten an der Messe teilzunehmen, die aber auch jetzt sehen, dass es so viele Restriktionen gibt, dass es nicht möglich ist, diese Messe als europäische Messe abzuhalten“, sagte Boos in einem Interview am Dienstagnachmittag. Trotz der finanziellen Unterstützung des Kultusministeriums von vier Millionen Euro und weiteren Hilfen sei die Messe in diesem Jahr ein „wirtschaftliches Disaster“. Weiter sagte er: „Angesichts der Kosten, die dieses Jahr angelaufen sind, der Investitionen in das digitale Programm, aber auch in die Kooperationen mit vielen Partnern, war das für uns keine wirtschaftliche Diskussion. Wir verlieren viel Geld, aber wir haben auch viel Unterstützung erfahren.“

Auch Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) äußerte sich zur Absage der Ausstellungsstände: „Es ist gut, dass der Buchpreis, der Friedenspreis, die Eröffnung und die Veranstaltungen in der Stadt stattfinden können – die große Tradition der Buchmesse wird in Frankfurt fortgesetzt.“ Die Messe sei ein internationaler Marktplatz der Ideen und präge die Identität der Stadt seit Jahrhunderten. Kulturdezernentin Ina Hartwig (SPD) mahnte, die Rolle des Buchs in der Welt trotz der Einschränkungen in diesem Jahr nicht zu gering zu schätzen. „Vom Buch geht das freie Denken aus, die Freiheit des Publizierens und des freien Austausches müssen jetzt und in Zukunft gesichert werden. Darum geht es.“

In Zukunft, unabhängig von der Pandemie, müsse die Buchmesse dezentraler werden, kündigte Boos zudem an. Ganz Frankfurt müsse eine Veranstaltung sein. Für dieses Jahr wünsche er sich, dass die Messe wie jeher auch als politische Bühne diene. „Frankfurt stand anders als die Leipziger Buchmesse schon immer für eine politische Diskussion. Wir waren immer Plattform für Projektionen jeglicher Art.“
 
Fotogalerie:
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9. September 2020, 13.04 Uhr
Johanna Wendel
 
Johanna Wendel
Jahrgang 1993, Technikjournalismus-Studium an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, seit Januar 2019 beim Journal Frankfurt. – Mehr von Johanna Wendel >>
 
 
 
 
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