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Eine Stadt geht baden

Als Frankfurt planschen lernte

Den Frankfurtern steht das Wasser bis zum Hals - und das ist gut so. Denn unsere Stadt ist ein Badedorado mit Tradition, wie eine Ausstellung über Badekultur im Institut für Stadtgeschichte zeigt.
„Baden unter Palmen“ lautet der Titel einer aktuellen Ausstellung – da stellt man sich die Südsee vor oder auch einen Strand auf Malle. Dabei war das einmal die Frankfurter Realität. 1898 wurde mit der Mosler'schen Badeanstalt am Nizza Deutschlands größte Flussbadeanlage eröffnet, in der nicht nur geschwommen werden konnte, auch Rollschuhfahren, Tennis und Gymnastik sowie Massage und Friseur gehörten neben Gastronomie zum breitgefächerten Angebot der Pontonanlage. Und nicht nur dort wurde in Frankfurt geschwommen, auch an anderen Stellen an Main und Nidda stürzten sich die Frankfurter ins kühle Nass. „In den 1910er-Jahren gab es insgesamt 29 Flussbäder in Frankfurt“, sagt Jutta Zwilling, Historikerin beim Institut für Stadtgeschichte. „Doch mit der Industrialisierung wurden die Gewässer zunehmend verschmutzt, 1953 wurde das Schwimmen im Main dann sogar verboten“. Die Ausstellung „Baden unter Palmen“, die Jutta Zwilling kuratiert hat, erzählt mit Texten, historischem Bildmaterial, Ausgrabungsstücken aus der Römerzeit und lustigen Exponaten, etwa alten Badeanzügen, von der bewegten Badehistorie der Stadt.

Die Wandverputzfragmente in der ersten Vitrine der Ausstellung künden von der fortschrittlichen Badekultur, wie sie die Römer in ihrer Therme im 1. oder 2. Jahrhundert nach Christus am Domhügel praktizierten. Sogar beheizte Mauern gab es damals, erfährt man in der Ausstellung und sieht Ölfläschchen und Schöpfgeräte, wie sie in Nida, auf dem Gebiet der Nordweststadt in den zwei römischen Thermen, die jeweils je 3000 Quadratmeter groß waren, benutzt wurden. 1290 wurde zum ersten mal eine Frankfurter Badestube erwähnt. Ganz klar stand hier nicht das Schwimmvergnügen, sondernd die Körperhygiene im Vordergrund.

Passend zur Buchveröffentlichung „Baden unter Palmen: Flussbäder in Frankfurt von 1800 -1950“ von Volker Rödel, hat das Institut für Stadtgeschichte die Ausbildung konzipiert, sie eben nur noch um weitere historische Fakten ergänzt und es bietet auch zwei Vorträge und Stadtrundgänge zum Thema an. „Erstmals wird die lange Tradition des Badewesens und der Badekultur in Frankfurt umfassend und mit wissenschaftlichem Anspruch dargestellt“, sagt Kulturdezernent Felix Semmelroth (CDU), der es gutheißt, dass die Ausstellung nach dem 28. September permanent im Amt für Gesundheit gezeigt werden wird. Das Baden bringe viele Aspekte zusammen, die Freizeit etwa oder sportliche Interessen, zum Schwimmen verabrede man sich, es sei kommunikativ. Auch zeige die Entwicklung der Bademoden – vom vollkommenden Eingepacktsein bis zum Tanga – dass die Haltung zum Baden mit der Zeit eine andere geworden ist, sagt Semmelroth. „In den 50er und 60er-Jahren galt es als unmännlich eine Badekappe zu tragen. Es wurde kulturpolitisch bedeutsam, als junge Männer lange Haare zu tragen begannen und der Bademeister sie im Feldwebelton anherrschte, eine Kappe aufzusetzen“, erinnert sich der Kulturdezernent. Nicht nur die Kleidung und die Badevorlieben hätten sich geändert. Heute sei Baden für alle Bevölkerungsgruppen möglich und erwünscht.

Die Ausstellung zeigt aber, wie Baden für Frauen verpönt war, wie sie lustige körperbedeckende Badeanzüge tragen mussten und auch die Männer genauen Kleiderordnungen zu entsprechen hatten. Im Jahr 1450 wurden zudem Juden aus den bislang gemeinsam genutzen Badestuben verbannt, etwas, das sich später im Jahr 1936 wiederholte. Damals galt das Licht- und Luftbad Niederrad als Judenbad. Die Ausstellung schlägt einen großen Bogen vom Baden als Hygienemaßnahme hin zur Freizeit bis zum Erlebnis- und Wellnessbad und spiegelt die jeweils in den Epochen vorherrschenden Moralvorstellungen wider. In Erinnerung gerufen werden die Entstehung des ersten Frankfurter Hallenbades in der Klingerstraße, damals das größte in Deutschland, außerdem die Eröffnung des Stadionbades 1925 - es war das erste beheizte Freischwimmbad in Frankfurt, war wettkampftauglich und bot sogar eine Unterwasserbeleuchtung. Auch das Tillybad, das 1962, aus einer Niddabadestelle in Höchst in ein Freibad verwandelt wurde, in dem man das Flussbett beibehielt, findet in der Ausstellung Erwähnung sowie die Proteste, die aufkamen als das Stadtbad Mitte schloss, um in ein Hotel integriert zu werden.

Auch viele Kuriosa werden aufgezeigt. Oder hätten Sie gedacht, dass das von Martin Elsaesser entworfene Gartenbad Fechenheim, heute vom TG Bornheim genutzt, anno 1929 das modernste Schwimmbad Europas war? Der Bankier Theodor Stern eröffnete 1888 übrigens das Merianbad, in dem sich die Frankfurter baden konnten, die in ihren kleinen Behausungen keinen Platz für die Körperhygiene hatten. Erinnern Sie sich eigentlich an das Wettschwimmen, zu dem Oberbürgermeister Walter Kolb einst Journalisten einlud? Er gewann, aber das Gummi seiner Badehose versagte ausgerecht dann seinen Dienst … All das und noch viel mehr zeigt die Ausstellung.

In Frankfurt badet und schwimmt man einfach gerne. Die 16 Hallen und 7 Freibäder der Bäderbetriebe zählten im vergangenen Jahr 2,5 Millionen Besucher. Ganz offensichtlich ist für jedes Badebedürfnis der geeignete Ort in der Stadt vorhanden. Nur ein Badeschiff, das fehlte noch. Das aber soll im Sommer 2015 am südlichen Mainufer am Theodor-Stern-Kai anlegen. Lesen Sie hier mehr dazu.


Die Ausstellung „Baden unter Palmen – Vom „Wasserturnen“ zum Aquajogging“ ist vom 1. April bis zum 28. September im Institut für Stadtgeschichte, Münzgasse 9, zu sehen.
 
Fotogalerie: Badekultur
 
1. April 2014, 10.43 Uhr
Nicole Brevoord
 
 
 
 
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