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Ein Bauernopfer bei der Buchmesse

peter-ripkenSein Mobiltelefon hat Peter Ripken zwar nicht ausgeschaltet, doch besonders weit kommt man damit dennoch nicht: „Ich sage gar nichts“, sagt Ripken, und man mag das deuten, wie man will. Eine Stunde zuvor hatte die Frankfurter Buchmesse eine Pressemeldung verschickt, in der recht schmucklos mitgeteilt wurde, dass die Messe „mit sofortiger Wirkung ihre Zusammenarbeit mit Peter Ripken, dem Leiter des Internationalen Zentrums und dem Projektverantwortlichen für das im Vorfeld der Buchmesse veranstaltete Symposium“, beendet.

Die unfreiwillige Demission Ripkens am Tag nach der Übergabe der Gastlandrolle von China an Argentinien ist der vorläufige Endpunkt einer Reihe von großen und kleinen Peinlichkeiten, Ungeschicklichkeiten und Verwicklungen im Zusammenhang mit dem chinesischen Auftritt auf der Frankfurter Buchmesse. Das Fass zum Überlaufen dürfte die von Buchmesse und Auswärtigem Amt gemeinsam ausgerichtete Abschlussveranstaltung am Sonntag Nachmittag gebracht haben. Die Schriftstellerin und Umweltaktivistin Dai Qing wurde dort eine Viertelstunde vor Beginn von Peter Ripken davon unterrichtet, dass sie nicht sprechen dürfe, angeblich auf Wunsch des Auswärtigen Amtes. Dai Qing behauptet, noch 45 Minuten vorher habe Ripken ihr mitgeteilt, sie sei die einzige Rednerin des Nachmittages. Ripken stellt den zeitlichen Ablauf ein wenig anders dar; was so oder so bleibt, ist ein weiterer Eklat.

Mit einem solchen hatte bereits das Symposium „China und die Welt“ Mitte September begonnen: Dai Qing und der Lyriker Bei Ling waren zuerst ein- und dann auf Druck der offiziellen chinesischen Delegation wieder ausgeladen worden. Als die beiden Autoren doch anreisten und sogar auf das Podium gebeten wurden, verließen die Chinesen den Saal und kehrten erst nach einer Entschuldigung von Buchmessendirektor Jürgen Boos zurück. Schon seinerzeit stellte sich ein Eindruck ein, der sich nun, am Ende der Messetage. verfestigt: Die Buchmesse hat die Unnachgiebigkeit und die Konsequenz des selbstbewussten chinesischen Regimes unterschätzt. Man glaubte, in einen kritischen Dialog treten zu können, doch dieser fand, man muss sagen: naturgemäß, nicht statt. Dissidenten und Oppositionelle kamen sehr wohl zu Wort, bei Veranstaltungen des PEN beispielsweise – und wurden dort, wie Menschenrechtsorganisationen monierten, von chinesischen Behörden fotografiert und bespitzelt.

Für all das, für die diplomatischen Spiegelfechtereien und mehrfachen öffentlichen Rückzüge vor dem chinesischen Regime, ist Peter Ripken nicht der Alleinschuldige. Doch als Leiter des Internationalen Zentrums und verantwortlicher Organisator des Symposiums steht auch er in der Verantwortung. Darüber darf man die anhaltenden rhetorischen Eiertänze von Buchmessendirektor Jürgen Boos ebenso wenig vergessen wie den Zickzackkurs der Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU), die noch vor Monatsfrist die chinesische Delegation kalkuliert brüskierte und auf der Eröffnungsfeier plötzlich Kreide gefressen zu haben schien. Peter Ripken ist ein anerkannter Literaturvermittler, der 20 Jahre lang die Gesellschaft zur Förderung der Literatur aus Afrika, Asien und Lateinamerika leitete. Die Buchmesse begründete die Trennung von Ripken mit „anhaltenden Abstimmungsschwierigkeiten“. Das mag so sein. Der Begriff des Bauernopfers will einem in diesem Zusammenhang dennoch nicht aus dem Kopf gehen.

Foto: Buchmesse Frankfurt/ Fernando Baptista
 
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20. Oktober 2009, 07.34 Uhr
Christoph Schröder
 
 
 
 
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