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Die Sehnsucht nach dem totalitären Staat oder ...
... Plattenbauromantik für Fortgeschrittene
Unsere Kolumnistin Ana Marija Milkovic unterbreitet dem Direktor des Deutschen Architekturmuseums, Peter Cachola Schmal, einen Vorschlag.
Ich möchte beschreiben, wie sich Europa Russland seit Jahren diametral annähert. Das lässt sich an der Baupolitik gut veranschaulichen. Während ich gelegentlich mit kommunistischem Gedankengut bestenfalls kokettiere, praktiziert Europa, im Besonderen Frankfurt, russische planwirtschaftliche Baupolitik im Sinne der Ära Chruschtschows. Die Rationalisierung der Baukultur war 1954 ausgegebenes Planziel in der UdSSR. Chruschtschow überzog seine Städte flächendeckend mit Plattenbauten. Europa gibt zentral aus Brüssel seinen Mitgliedsstaaten flächendeckend normative Baustandards vor, die sich zwar effizient berechnen, aber eben auch nur so lange, wie sich unsere Ressourcen belasten lassen. Plattenbau, Passivhausbau, beides Worte mit "Bau", stehen für quantitative Erfüllung von Planzielen. Leider stehen diese Ziele nicht für Architektur.
Wilfiried Nerdinger, Architekturhistoriker, stellte die Behauptung auf, dass keine Generation als die Nachkriegszeit ihre enormen Bauproduktionen rein bauwirtschaftlichen Interessen unterstellte. Setzen wir voraus, dass wir uns in einer langanhaltenden Friedensperiode in der Nachkriegszeit befinden, lässt sich daran einiges erklären.
"Profitopolis, oder der Mensch braucht eine andere Stadt", hieß eine Ausstellung, die 1972 auf Wanderschaft ging. Die Ausstellung wurde von zwei Architekten konzipiert und widmete sich damaligen Zuständen, Entwicklungen, auch Symbolen des Massenwohlstandes, die das Wohlbefinden der Massen verhinderten. Ich schlage nun dem Direktor des Deutschen Architekturmuseums, Peter Cachola Schmal, vor, die Ausstellung "Profitopolis, oder der Mensch braucht eine andere Stadt" wieder aufleben zu lassen. Im Vergleich damals zu heute lässt sich aufräumen, in welcher Form gestellte Fragen und Zukunftsszenerien soziologisch und architektonisch beantwortet wurden, oder auch unbeantwortet blieben. So ließe sich im Kontext aufzeigen, wie noch heute Fehler der Vergangenheit wiederholt und Quartiere nach Funktionen getrennt werden. Zwar zerstören wir gegenwärtig weniger, dennoch verhindern wir Strukturen im Wachstum. Das lässt sich anhand des Passivhausbaus gut darstellen. Im Gegensatz zu den Metabolisten von einst, die architektonische Antworten für dynamische Prozessen einer Massengesellschaft suchten, steht das technische Normativ eines Passivhauses einer sich veränderten Gesellschaft wie der unseren rigoros entgegen.
Mit großer Verwunderung nehme ich deshalb zur Kenntnis, dass unserem Oberbürgermeister Peter Feldmann vorgeworfen wird, er setze in einer Wirtschaftsmetropole wie Frankfurt die Schwerpunkte falsch, wenn er den Focus auf bezahlbaren Wohnungsbau und Stadteile geminderter Wohnqualität legt. Wir, die bürgerlichen Mitglieder einer Zivilgesellschaft, machen statt dessen den Fehler, wenn wir vermeiden Fragen zu formulieren und die gegenwärtige Situation als alternativlos betrachten.
Profitopolis stand für Kapital im Verbund mit Politik, die von willfährigen Architekten auf den Weg gebracht wurde. 1963 benannte Ludwig Hilberheimer, ein Kollege Mies van der Rohes, die Nachkriegsarchitektur als einen "industriellen Faschismus". Dabei stellt sich mir die Frage, warum bauen wir heute Historismus? Putin, diametral entgegen gesetzten Ende angekommen, baut so schon längst nicht mehr.
Wilfiried Nerdinger, Architekturhistoriker, stellte die Behauptung auf, dass keine Generation als die Nachkriegszeit ihre enormen Bauproduktionen rein bauwirtschaftlichen Interessen unterstellte. Setzen wir voraus, dass wir uns in einer langanhaltenden Friedensperiode in der Nachkriegszeit befinden, lässt sich daran einiges erklären.
"Profitopolis, oder der Mensch braucht eine andere Stadt", hieß eine Ausstellung, die 1972 auf Wanderschaft ging. Die Ausstellung wurde von zwei Architekten konzipiert und widmete sich damaligen Zuständen, Entwicklungen, auch Symbolen des Massenwohlstandes, die das Wohlbefinden der Massen verhinderten. Ich schlage nun dem Direktor des Deutschen Architekturmuseums, Peter Cachola Schmal, vor, die Ausstellung "Profitopolis, oder der Mensch braucht eine andere Stadt" wieder aufleben zu lassen. Im Vergleich damals zu heute lässt sich aufräumen, in welcher Form gestellte Fragen und Zukunftsszenerien soziologisch und architektonisch beantwortet wurden, oder auch unbeantwortet blieben. So ließe sich im Kontext aufzeigen, wie noch heute Fehler der Vergangenheit wiederholt und Quartiere nach Funktionen getrennt werden. Zwar zerstören wir gegenwärtig weniger, dennoch verhindern wir Strukturen im Wachstum. Das lässt sich anhand des Passivhausbaus gut darstellen. Im Gegensatz zu den Metabolisten von einst, die architektonische Antworten für dynamische Prozessen einer Massengesellschaft suchten, steht das technische Normativ eines Passivhauses einer sich veränderten Gesellschaft wie der unseren rigoros entgegen.
Mit großer Verwunderung nehme ich deshalb zur Kenntnis, dass unserem Oberbürgermeister Peter Feldmann vorgeworfen wird, er setze in einer Wirtschaftsmetropole wie Frankfurt die Schwerpunkte falsch, wenn er den Focus auf bezahlbaren Wohnungsbau und Stadteile geminderter Wohnqualität legt. Wir, die bürgerlichen Mitglieder einer Zivilgesellschaft, machen statt dessen den Fehler, wenn wir vermeiden Fragen zu formulieren und die gegenwärtige Situation als alternativlos betrachten.
Profitopolis stand für Kapital im Verbund mit Politik, die von willfährigen Architekten auf den Weg gebracht wurde. 1963 benannte Ludwig Hilberheimer, ein Kollege Mies van der Rohes, die Nachkriegsarchitektur als einen "industriellen Faschismus". Dabei stellt sich mir die Frage, warum bauen wir heute Historismus? Putin, diametral entgegen gesetzten Ende angekommen, baut so schon längst nicht mehr.
11. März 2014, 17.02 Uhr
Ana Marija Milkovic
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