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Demokratie-Tour mit OB Feldmann

Wein und Politik von Brentano bis Kohl

Für die Leserinnen und Leser des JOURNAL FRANKURT ging es am Donnerstag zusammen mit Oberbürgermeister Peter Feldmann von Frankfurt aus durch den Rheingau. Mit dem Blick auf Weinbau und Demokratie in und um Frankfurt wurden Genuss und Politik miteinander verbunden.
Demokratie und Wein – zwei Attribute, die man wohl mit Griechenland genauso in Verbindung bringen kann wie mit der Stadt Frankfurt und ihrer Umgebung. „Jeder Tourist bekommt immer erstmal den Äppler aufgedrückt“, sagte Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) am Donnerstag bei der Begrüßung der JOURNAL FRANKFURT-Leser:innen zu seiner Demokratie-Tour. Dabei sei Frankfurt gar nicht nur „Äpplerstadt“, sondern ebenso Weinstadt mit jahrhundertealter Tradition. Und die Demokratie? Die Paulskirche dürfte allen als „Wiege der Demokratie“ ein Begriff sein, doch auch um Frankfurt herum finden sich einige Stätten mit kleinerer und größerer Bedeutung für die deutsche Demokratiegeschichte.

All das erlebten die Leserinnen und Leser am Donnerstag mit dem Oberbürgermeister als Reiseleiter einer Tour von Frankfurt aus durch den Rheingau, die in der Weinstube im Römer begann. Dort lenkte Feldmann die Aufmerksamkeit seiner Gäste auf ein Gemälde aus dem 18. Jahrhundert, das den Main-Hafen sowie den Handel, auch den Weinhandel, dort zeigt. Frankfurt sei schon immer Handelsstadt gewesen, so Feldmann. Und nicht zuletzt der Weinhandel habe einen Anteil daran, dass Frankfurt heute sowohl Messestadt als auch Bankenmetropole ist. Über Jahrhunderte hinweg war Frankfurt Weinstadt – bis die Reblaus dem Ganzen den Garaus machte. Inner- und außerhalb des Römers sowie in der neuen Altstadt sind auch heute noch Motive zu sehen, die an diese Zeit erinnern.

Handarbeit auf dem Lohrberg

Vom Weinanbau auf dem Sachsenhäuser Berg oder dem Mühlberg ist heute nicht mehr viel übrig – einzig der Lohrberg ist dem Weinanbau im Stadtgebiet geblieben. Als nächste Station der Tour bot das Stadtoberhaupt dort einen Blick über den Wein auf die Skyline – einem Symbol für die Handelsstadt Frankfurt, sagte Feldmann und erklärte: ohne einen funktionierenden Handel seien auch die Demokratie und das Mitwirken der Bürgerinnen und Bürger in der Stadtpolitik kaum möglich. Seit 1994 bewirtschaftet Winzer Armin Rupp den Lohrberg, dessen drei Hektar Wein jährlich mit freiwilligen Helfer:innen von Hand gelesen werden.

Nach einem Schluck vom Frankfurter Riesling-Sekt ging es vom Lohrberg weiter durch den Rheingau in Richtung Westen. Auf dem Weingut der Stadt Frankfurt in Hochheim, seit 1903 in städtischem Besitz, veranschaulichte Armin Rupp seinen Gästen den Weg des Weins von der Rebe bis in die Flasche. Mit 25 Hektar wird dort der Hauptanteil des städtischen Weins angebaut, etwa 350 000 Liter lagern im Keller des Weinguts.

Der Ursprung der Nationalversammlung

Die nächste Station der Tour vereinte Wein und Demokratie wie kaum ein anderer Ort: In Hallgarten, einem Stadtteil von Oestrich-Winkel, ging es zu einem besonders historischen Gartenhaus. Wie Stadtführer Edwin Schneider erklärte, bereitete Politiker Adam von Itzstein – in Hallgarten lebend – dort mit dem „Hallgartener Kreis“ die erste Nationalversammlung von 1848 in der Frankfurter Paulskirche vor. Heute wird in dem sogenannten „Revoluzzer Gartenhaus“, mitten in den Weinbergen und mit Blick auf den Rhein, der Wein des Weinguts Bibo Runge ausgeschenkt. „Provokateur“, „Kleiner Revoluzzer“ und „Jongleur“ durften sogleich unter der Erklärung der Hallgartener Weinkönigin Katja Föhr verkostet werden.

Nur wenige Kilometer weiter im selben Ort wartete das Brentano-Haus. Coronabedingt konnte das Innere des Hauses nicht besichtigt werden, Angela Baronin von Brentano führte die Leserinnen und Leser jedoch durch den Garten und die Weinreben, durch die auch Goethe bei seinem Besuch 1814 schon wandelte. Einige der Weinstöcke aus dieser Zeit stehen dort heute noch – und Goethe soll von deren Erzeugnissen nicht abgeneigt gewesen sein. Das Brentano-Haus steht jedoch nicht nur für Weingenuss. Es untermauert auch die These des Oberbürgermeisters, die er während der Tour mehrfach äußerte: Für Frankfurts Gesellschaft und Wirtschaft habe Migration immer eine wichtige Rolle gespielt. Nicht nur die Familie Brentano, eine Familie aus dem italienischen Uradel, die sich ab dem 17. Jahrhundert in Frankfurt niedergelassen hatte, prägte die Frankfurter Wirtschaft ebenso wie das Stadtbild.

Wiedervereinigung in Assmannshausen

Von demokratiegeschichtlicher Bedeutung war schließlich auch der letzte Stopp der Tour in Assmannshausen, fast am westlichsten Zipfel des Rheingau. Viele namhafte Gäste kamen dort seit dem 16. Jahrhundert unter. Zwei Räume sind aber von besonderer Bedeutung: Das Freiligrath-Zimmer – heute zu einem Museum umfunktioniert – war Wirkungsstätte des Schriftstellers Ferdinand Freiligrath, der dort seine „Glaubensbekenntnisse“, eine Sammlung politischer Gedichte, abschloss. Besser bekannt sind vielen aber wohl die Herren, die sich 1990 im Turmzimmer des Hotels einfanden: Dort, in einem unscheinbaren Raum, in dem später immer wieder mal Tagungen stattfanden, verhandelten Helmut Kohl und Francois Mitterrand über die deutsche Wiedervereinigung. Wie sie in Frankfurt begonnen hatte, endete die Tour auch dort an einem Ort mit Demokratiegeschichte; Wein gab es in Assmannshausen allerdings nicht mehr – stattdessen wurden zum Abschluss Kaffee und Kuchen serviert.
 
Fotogalerie:
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13. August 2021, 13.07 Uhr
Laura Oehl
 
Laura Oehl
Jahrgang 1994, Studium der Musikwissenschaft an der Goethe-Universität Frankfurt, Journalismus-Master an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, seit Dezember 2020 beim JOURNAL FRANKFURT. – Mehr von Laura Oehl >>
 
 
 
 
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