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Das neue Bienenkorbhaus – Symbol der Wirtschaftskrise?
Ein kochend heißes Festzelt, knallige Sonne, null Luftzirkulation und Johannes Scherer (Radio FFH), der das zeitliche Pensum seiner dann doch nicht so lustigen Rede überzieht. Vielleicht gehöre ich auch einfach nicht zu seiner Zielgruppe... Doch offensichtlich sind alle Gäste bei der Feier der Bienenkorbhauseröffnung guter Dinge. Besonders Ulrich Höller, Vorstandsvorsitzender der DIC Asset AG, und Oberbürgermeisterin Petra Roth wollen die Neueröffnung nach einer 75-Millionen-Euro-Sanierung des Bienenkorbhauses an der Konstablerwache feiern. Die Frankfurter Sparkasse ist aus ihren Containern, die ich schon irgendwie als Dauerzustand anerkannte, in die nigelnagelneue Filiale mit glänzendem Boden und allem Schnickschnack, den man sich nur wünschen kann, eingezogen. Im Erdgeschoss soll außerdem noch eine sogenannte koreanische „Smothie Bar“, auf gut deutsch „Saftladen“, mit ihrem futuristischem Ambiente weitere Passanten anziehen. Während sich Petra Roth einen zwei Liter Honigtopf als Geschenk der DIC abholt, lobt sie das Immobilienunternehmen für seine „unternehmerische Risikobereitschaft“ in der Wirtschaftskrise. Mit der Erneuerung und davon erhofften Umsatzsteigerung in der Einkaufsmeile sei „Frankfurt einfach immer am Punkt der Zeit“, so die Oberbürgermeisterin. Ihre Rede schließt sie mit dem irgendwie sinnlosen, aber ganz netten Spruch „Wir stechen, wir summen nicht nur“ ab. Wurde da jemandem Honig ums Maul geschmiert...?
Auf den zweiten Blick mag die „unternehmerische Risikobereitschaft“ der DIC wohl doch nicht so groß gewesen sein. So konnte das Immobilienunternehmen DIC als Hauptinvestor der Sanierung zwar einen kompletten Neubau um das zwölfstöckige Hochhaus errichten, jedoch nicht die Fassade und die Fensterrahmen des alten Gebäudes ersetzen. Diese wird von etwas verwirrt schauenden Passanten, die mich nach dem Anlass der Feier fragen, als ziemlich hässlich bezeichnet. Architekt und Planer der Sanierung, Jürgen Engel, bezeichnete das 1955 errichtete Hochhaus als „Symbol des Wirtschaftswunders“. Das einst von der Frankfurter Sparkasse erbaute Gebäude gilt als erstes Hochhaus der Nachkriegszeit. Gerade mal sieben Monate hat man seinerzeit für die Bauarbeiten gebraucht. Entsprechend pragmatisch wurde der Baustil gehalten. Im Vergleich zu heutigen glanzvollen Bürogebäuden, die Geld und Macht ihrer Bewohner demonstrieren sollen, wirkt der Bau eher trist. Assoziationen mit den Schulgebäuden oder Krankenhäusern der 70er Jahre sind bei manchen befragten Bürgern auch schon aufgekommen. Wie kann es anders sein, dass bei einer sogenannten „Symbolik des Wirtschaftswunders“ mir die heutige Wirtschaftskrise in den Sinn kommt. Doch der Architekt bleibt seinem „Baby“ treu und nennt es eher einen „Bau mit Charakter". Diese Formulierung kenne ich auch als beliebte Umschreibung für etwas Hässliches. Allerdings ist es nahe liegender, dass die DIC und die Stadt Frankfurt nicht aus Nostalgiegründen auf eine Kompletterneuerung verzichtete. Schließlich musste man die Bauarbeiten so planen, dass möglichst viele Mieter ihre Räume noch besetzen konnten.
Trotz allem wird der Umbau von der Allgemeinheit als deutliche Verbesserung zum Vorzustand beurteilt. Besonders die schwarzgläserne Fassade beeindruckt mit verschiedenfarbigen Glasflächen, die bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen andere Farben erzeugen. Die durchsichtige Fassade will auf die Nebenstraßen der Einkaufsmeile aufmerksam machen und Passanten dorthin locken. Dieses Element soll auch die Ost-Zeil etwas mehr beleben: "Hoffentlich springt der Funke über", meinte Engel. Während außen Alt- und Neubau miteinander kontrastieren, herrschen in Foyer und Fluren des neuen Gebäudes die Farben Gelb und Schwarz, getreu des „Bienenmottos“, vor. Auch der Ausblick vom Musterbüro im dritten Stock bietet das beste Panorama der Skyline „Mainhattens“. Insgesamt ergibt sich durch Alt-, und Neubau eine interessante Symbiose zwischen Tradition und Moderne.
Manch einer mag das sanierte Bienenkorbhaus als architektonisches Meisterwerk bezeichnen, der andere wieder als faulen Kompromiss. Auch wenn die „aufgefrischte Natursteinfassade“ etwas billig aussieht, lässt sich nicht leugnen, dass die Wirtschaftskrise dazu beigetragen hat, hier ein Stück neuartige Architektur hervorzubringen. Bei einem kompletten Umbau wäre der Gegensatz zwischen Neuem und Altem wahrscheinlich nie entstanden. Irgendwie bin ich dann doch froh, dass sich am hässlichen 50er-Jahre Bau nicht viel geändert hat. Komisch nur, dass es neben den glanzvollen Hochhäusern der Frankfurter Skyline, in denen zum Teil auch die böse Wirtschaftskrise herangezüchtet wurde, an das märchenhafte Wirtschaftswunder erinnern soll. Es ist eben nicht alles so, wie es scheint.
28. April 2009, 16.00 Uhr
Bettina Taylor
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