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Crowdfunding und KulturMut
Mehr Engagement, bitte!
Die Aventis Foundation sammelt Geld für ihre Initiative KulturMut auf der Crowdfunding-Plattform Startnext. Auch ein Modell für die Stadt? Ein Gespräch im Kulturdezernat.
Journal Frankfurt: Liegt die derzeitige Kritik an der Kulturförderung in Frankfurt auch daran, dass die Bürgerschaft nicht gut eingebunden wird?
Felix Semmelroth: Die Frage ist schon deshalb sehr aktuell, weil Sie nicht gleich nach dem Geld gefragt haben. In der Tat ist es so, dass die Bevölkerung am kulturellen Leben der Stadt in einem hohen Maße teilnimmt. Beteiligt sie sich auch? Das Romantikmuseum ist ein gutes Beispiel dafür. Hier gab es viele Bürger, die es nicht einsehen wollten, dass die Stadt sich aus der Finanzierung zurückzieht, die sich deswegen engagiert haben, ideell wie finanziell.
Man gibt kein Geld für etwas, von dem man nicht überzeugt ist. Sind die Frankfurter überzeugt?
Semmelroth: Nun, es werden Leserbriefe gedruckt, in denen Menschen schreiben, dass bei der Oper noch einige Millionen zu sparen seien, verbunden mit mit der Vorstellung, hier würden elitäre Ansprüche öffentlich gefördert. 400 000 Menschen im Jahr, die in vermeintliche Hochkultureinrichtungen wie Schauspiel und Oper gehen, sind keine Minderheit.
Die Aventis Foundation investiert unter anderem auch ins Schau-
spiel – haben die das noch nötig?
Eugen Müller: Wenn sie einen guten Museumsdirektor, Intendanten oder Hochschulrektor haben – und die hat Frankfurt – , dann werden die immer mehr wollen und fordern, als das Budget hergibt. Die werden keine Planerfüllung anstreben, sondern sagen: Ich habe hier diese fantastische Idee mit dieser Spielstätte, die muss ich noch verwirklichen. Wenn das Potential, die Qualität und die Professionalität da sind, die Stadt aber nicht mehr geben kann oder will, dann kommen wir als fördernde Stiftung ins Spiel.
Im vergangenen Jahr haben Sie erstmals versucht, Kulturprojekte über Crowdfunding zu fördern. Wie erfolgreich war das?
Jens Best: Das muss man auf zwei Ebenen betrachten. Auf Seiten der Kulturschaffenden sind Institutionen genauso angesprochen worden, wie Menschen, die sich erstmals überhaupt gesagt haben: Wir probieren das mal. Die zweite Seite: Frankfurt hatte schon immer seine Mäzenaten. Doch durch die neuen Technologien gibt es die Möglichkeit, sich auch mit kleinen Beträgen zu beteiligen. Das wäre früher nicht möglich gewesen.
Semmelroth: Ich war überrascht, dass sich nicht nur Künstler, sondern auch größere Institutionen beteiligt haben. Das erfordert wirklich Mut, sich dieser öffentlichen Diskussion um die Finanzierung von Kultur zu stellen.
Liegt das nicht vielleicht auch daran, dass die Stadt sich an etlichen Ecken zurückzuziehen droht?
Semmelroth: Dieser Eindruck entsteht aufgrund der Debatte. Doch die kulturelle Infrastruktur ist in den vergangenen Jahren im Gegenteil immer weiter ausgebaut worden. Wenn nun Prioritäten gesetzt werden sollen, dann kann ich nur sagen: Die Stadt sollte sich das leisten, was sie hat. Sie braucht all das, was wir haben, weil die Bevölkerung in ganz hohem Maße an der Kultur partizipiert.
Springt die Aventis Foundation für den Staat ein?
Müller: Wir können nur Stärken stärken. Für die Bereitstellung der breiten Kultur-Infrastruktur würde das Geld aller Frankfurter Stiftungen bei weitem nicht reichen.
Dann brauchen Sie mehr Geld.
Müller: Das ist keine realistische Option, es ist heutzutage sehr schwer, aus Kapital mehr Geld zu machen.
Best: Es sind Ergänzungen, die angeboten werden. Das gilt auch für das Crowdfunding, es ergänzt die Art und Weise, wie Stiftungen fördern, sehr gut.
Oftmals beteiligen sich daran nur wenige hundert Leute.
Best: Wieviele Leute beteiligen sich an der Diskussion um einen Bürgerhaushalt? Wenn Sie sich einige hundert Leute in einem Bürgerhaus vorstellen, dann ist das eine ganze Menge.
Herr Semmelroth, würden Sie Ihren Etat auch von der Crowd kuratieren lassen?
Semmelroth: In kleinen Teilen wäre das eine Überlegung wert. Aber ich bin ein entschiedener Anhänger der repräsentativen Demokratie. Sie muss natürlich immer erklären können, warum für was Geld ausgegeben wird. Die Delegation von Verantwortung an eine diffuse Allgemeinheit hielte ich hingegen für bedenklich.
Müller: Das gilt auch für unser Projekt, wir setzen ja schließlich einen Rahmen, wer mitmachen darf. Es muss letztlich immer um künstlerische und professionelle Qualität gehen. Die darf nicht zur Debatte stehen. Wir geben das Geld, die Umsetzung liegt in der Hand der Kulturschaffenden.
Was ist Crowdfunding?
Crowdfunding bezeichnet das Sammeln von Geld über eine Vielzahl von Personen, meist über eine Internetplattform. Start-up-Unternehmen, Filmprojekte, aber auch auch Kulturprojekte setzen in den vergangenen Jahren verstärkt auf diese Form der Eigenkapitalgewinnung.
>> Initiative KulturMut
Die Crowdfunding-Initiative kulturMut der Aventis Foundation geht gerade in die zweite Runde. Gemeinsam mit Startnext verbinden wir Crowdfunding und Stiftungsförderung. In einem offenen Vergabeprozess entscheidet die Crowd über eine Fördersumme der Aventis Foundation in Höhe von bis zu 200.000 Euro. Die Bewerbungsfrist läuft vom 1.7. bis 10.8.2014.
Felix Semmelroth: Die Frage ist schon deshalb sehr aktuell, weil Sie nicht gleich nach dem Geld gefragt haben. In der Tat ist es so, dass die Bevölkerung am kulturellen Leben der Stadt in einem hohen Maße teilnimmt. Beteiligt sie sich auch? Das Romantikmuseum ist ein gutes Beispiel dafür. Hier gab es viele Bürger, die es nicht einsehen wollten, dass die Stadt sich aus der Finanzierung zurückzieht, die sich deswegen engagiert haben, ideell wie finanziell.
Man gibt kein Geld für etwas, von dem man nicht überzeugt ist. Sind die Frankfurter überzeugt?
Semmelroth: Nun, es werden Leserbriefe gedruckt, in denen Menschen schreiben, dass bei der Oper noch einige Millionen zu sparen seien, verbunden mit mit der Vorstellung, hier würden elitäre Ansprüche öffentlich gefördert. 400 000 Menschen im Jahr, die in vermeintliche Hochkultureinrichtungen wie Schauspiel und Oper gehen, sind keine Minderheit.
Die Aventis Foundation investiert unter anderem auch ins Schau-
spiel – haben die das noch nötig?
Eugen Müller: Wenn sie einen guten Museumsdirektor, Intendanten oder Hochschulrektor haben – und die hat Frankfurt – , dann werden die immer mehr wollen und fordern, als das Budget hergibt. Die werden keine Planerfüllung anstreben, sondern sagen: Ich habe hier diese fantastische Idee mit dieser Spielstätte, die muss ich noch verwirklichen. Wenn das Potential, die Qualität und die Professionalität da sind, die Stadt aber nicht mehr geben kann oder will, dann kommen wir als fördernde Stiftung ins Spiel.
Im vergangenen Jahr haben Sie erstmals versucht, Kulturprojekte über Crowdfunding zu fördern. Wie erfolgreich war das?
Jens Best: Das muss man auf zwei Ebenen betrachten. Auf Seiten der Kulturschaffenden sind Institutionen genauso angesprochen worden, wie Menschen, die sich erstmals überhaupt gesagt haben: Wir probieren das mal. Die zweite Seite: Frankfurt hatte schon immer seine Mäzenaten. Doch durch die neuen Technologien gibt es die Möglichkeit, sich auch mit kleinen Beträgen zu beteiligen. Das wäre früher nicht möglich gewesen.
Semmelroth: Ich war überrascht, dass sich nicht nur Künstler, sondern auch größere Institutionen beteiligt haben. Das erfordert wirklich Mut, sich dieser öffentlichen Diskussion um die Finanzierung von Kultur zu stellen.
Liegt das nicht vielleicht auch daran, dass die Stadt sich an etlichen Ecken zurückzuziehen droht?
Semmelroth: Dieser Eindruck entsteht aufgrund der Debatte. Doch die kulturelle Infrastruktur ist in den vergangenen Jahren im Gegenteil immer weiter ausgebaut worden. Wenn nun Prioritäten gesetzt werden sollen, dann kann ich nur sagen: Die Stadt sollte sich das leisten, was sie hat. Sie braucht all das, was wir haben, weil die Bevölkerung in ganz hohem Maße an der Kultur partizipiert.
Springt die Aventis Foundation für den Staat ein?
Müller: Wir können nur Stärken stärken. Für die Bereitstellung der breiten Kultur-Infrastruktur würde das Geld aller Frankfurter Stiftungen bei weitem nicht reichen.
Dann brauchen Sie mehr Geld.
Müller: Das ist keine realistische Option, es ist heutzutage sehr schwer, aus Kapital mehr Geld zu machen.
Best: Es sind Ergänzungen, die angeboten werden. Das gilt auch für das Crowdfunding, es ergänzt die Art und Weise, wie Stiftungen fördern, sehr gut.
Oftmals beteiligen sich daran nur wenige hundert Leute.
Best: Wieviele Leute beteiligen sich an der Diskussion um einen Bürgerhaushalt? Wenn Sie sich einige hundert Leute in einem Bürgerhaus vorstellen, dann ist das eine ganze Menge.
Herr Semmelroth, würden Sie Ihren Etat auch von der Crowd kuratieren lassen?
Semmelroth: In kleinen Teilen wäre das eine Überlegung wert. Aber ich bin ein entschiedener Anhänger der repräsentativen Demokratie. Sie muss natürlich immer erklären können, warum für was Geld ausgegeben wird. Die Delegation von Verantwortung an eine diffuse Allgemeinheit hielte ich hingegen für bedenklich.
Müller: Das gilt auch für unser Projekt, wir setzen ja schließlich einen Rahmen, wer mitmachen darf. Es muss letztlich immer um künstlerische und professionelle Qualität gehen. Die darf nicht zur Debatte stehen. Wir geben das Geld, die Umsetzung liegt in der Hand der Kulturschaffenden.
Was ist Crowdfunding?
Crowdfunding bezeichnet das Sammeln von Geld über eine Vielzahl von Personen, meist über eine Internetplattform. Start-up-Unternehmen, Filmprojekte, aber auch auch Kulturprojekte setzen in den vergangenen Jahren verstärkt auf diese Form der Eigenkapitalgewinnung.
>> Initiative KulturMut
Die Crowdfunding-Initiative kulturMut der Aventis Foundation geht gerade in die zweite Runde. Gemeinsam mit Startnext verbinden wir Crowdfunding und Stiftungsförderung. In einem offenen Vergabeprozess entscheidet die Crowd über eine Fördersumme der Aventis Foundation in Höhe von bis zu 200.000 Euro. Die Bewerbungsfrist läuft vom 1.7. bis 10.8.2014.
1. Juli 2014, 10.53 Uhr
Interview´: NIls Bremer
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23. November 2024
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