Mit „Oslo Stories: Liebe“ startet am Donnerstag der erste Teil einer Trilogie des norwegischen Autors und Regisseurs Dag Johan Haugerud in den Frankfurter Kinos. Was es sonst noch zu sehen gibt.
Andreas Dosch/Gregor Ries /
Oslo Stories: Liebe Wahre Cineasten und Liebhaber ausgefeilter Dialoge müssen jetzt stark sein: Es gibt viel zu sehen!
Schon kompliziert: Da hat der norwegische Autor und Regisseur Dag Johan Haugerud also eine Trilogie gedreht, „Oslo Stories“, die sich auf diverse Art mit menschlichen Bedürfnissen und Verhaltensweisen (Liebe, Sex, Beziehungen, Normen) beschäftigt. Spannende Sache, zuletzt wurde das von Krzysztof Kieślowski mit seinem „Drei Farben“-Triptychon in den 90ern so ähnlich gemacht. „Sehnsucht“, das erste Kapitel, erlebte seine Premiere bei der Berlinale 2024. „Träume“, der Mittelteil, gewann ebenda genau ein Jahr später – also erst kürzlich – den Goldenen Bären.
Vorliegender Teil „Liebe“, gedacht ursprünglich als Abschluss der Reihe, wurde letzten Herbst in Venedig gezeigt und startet nun bei uns als Eröffnungsfilm des flotten Dreiers (der Rest folgt – vertauscht – im Mai). Da es sich um jeweils abgeschlossene Geschichten mit verschiedenen Protagonisten und minimalen Überschneidungen handelt, ist ein Festhalten an der Reihenfolge jedoch wenig zielführend. Viel wichtiger erscheint die Tatsache, dass Haugerud hier etwas ganz Besonderes geschaffen hat: Tiefsinnige Betrachtungen zum menschlichen Gefühlsleben im Kontext eines schillernden urbanen Settings: der faszinierenden Metropole Oslo.
Haugeruds Herangehensweise ist im besten Sinne „intim“
Hier, auf der nächtlichen Fähre, entspinnt sich ein ebenso munterer wie komplexer Beziehungsreigen zwischen der alleinstehenden Urologin Marianne (Andrea Bræin Hovig), ihrem Assistenten Tor (Tayo Cittadella Jacobsen), dem krebskranken Psychologen Bjørn (Lars Jacob Holm) und einigen anderen Figuren, bei dem der jeweilige Umgang mit Konzepten wie persönlicher Freiheit und Monogamie zu sehr individuellen Lebensentwürfen führt.
Dag Johan Haugeruds Herangehensweise ist im besten Sinne „intim“: Nah dran an den Figuren, mit gebotenem Respekt wie auch neugierigem Interesse ihr Inneres nach außen kehrend, jedem Diskurs geduldig folgend. Was zu einem sehr gesprächigen Film führt, der dabei erfrischend offen, ehrlich zur Sache geht und keine Vorurteile kennt. Währenddessen die Stadt Oslo von der Kamera geradezu gestreichelt wird: eine sinnliche Freude. Kino als Liebeserklärung – und das ist erst der gelungene Anfang. Nächsten Monat mehr. Andreas Dosch
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Langweiligen Leuten beim Labern zuzuschauen macht noch lange keinen Film.
Julia (Julia Jentsch) und Tobias (Felix Kramer) sind ein Ehepaar aus dem typisch deutschen Dreh-Bilderbuch: in der Medienbranche tätig, schicker Bungalow, SUV und so weiter. Als ihre heranwachsende Tochter Marielle (Laeni Geiseler) plötzlich die Fähigkeit entwickelt, auch in Abwesenheit alle täglich so geführten Gespräche der Eltern mithören zu können, wäre das eine reizvolle Prämisse für hintersinnige Betrachtungen zum Thema zwischenmenschliche Kommunikation. Doch Regisseur Frédéric Hambalek fällt nicht viel Besseres ein, als daraus reiz- und witzloses Problemkino über Menschen zu machen, die ständig diskutieren, sich aber nichts (mehr) zu sagen haben. aded
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Effektvolles Mörder-Katz-und-Mausspiel samt etwas erzwungener #MeToo-Botschaft.
Mit Horrorkomödien wie „Freaky“ erwies sich Christopher Langdon schon mehrfach als (meistens) verlässlicher Genreregisseur. In seinem jüngsten Thriller wird die allein erziehende Mutter Violet (Meghann Fahy) bei ihrem Blind Date in einem Hochhaus-Restaurant von einem Unbekannten erpresst, ihre attraktive Verabredung (Brandon Sklenar) zu vergiften. Andernfalls würde ein vermummter Killer Violets kleinen Sohn zu Hause umbringen. Mit stetigen App-Inserts spielt der fesselnde Plot mit der Prämisse des gläsernen, allzeit überwachten Menschen. Mit steten Wendungen halten die Macher die Spannung aufrecht, bis das Action-Finale die Glaubwürdigkeit mehr als überstrapaziert. Gregor Ries
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Packend-realistischer Überlebenskampf mit glaubwürdigen Akteuren.
Zur Sicherung eines umkämpften Iraker Gebiets besetzte ein Platoon Navy Seals 2006 ein Wohnhaus, um ein benachbartes Gebäude zu observieren. Die Ruhe schlägt in Schrecken, Tod und Verstümmelung um, als die Al-Qaida aufruft, die US-Feinde zu eliminieren. Alex Garland („Civil War“) und Ray Mendoza ersparen dem Zuschauer kein Blut, keine Verzweiflung und keine desolaten Handlungen der Eingeschlossenen. Das auf realen Ereignissen basierende Kriegsdrama lebt besonders vom Sounddesign aus übersteigerten, verschwommenen und aufblitzenden Tönen. „Warfare“ zählt zu den Thrillern des Jahres – trotz des zwiespältigen Untertons: Für die leidende Bevölkerung hat er nur wenige Momente übrig. grs
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Wirkungsvolle Blues- und Horror-Hommage in glaubwürdigem Historienkontext.
Mit „Sinners“, so der Originaltitel, bleibt „Black Panther“-Regisseur Ryan Coogler einerseits dem Genrekino treu, kehrt mit der Rassismus-Thematik aber zu seinen Anfängen zurück. Sein Stammschauspieler Michael B. Jordan verkörpert die schießwütigen, selbstbewussten Zwillingsbrüder Smoke, die mit Bluesmusik und irischem Bier einen Vergnügungsschuppen im Mississippi der Dreißiger aufzuziehen versuchen. Doch das Böse lauert im Dunkel und spielt nicht nur Country Music und Irish Folk. Anfangs lässt sich Coogler viel Zeit für Charakterisierung, Zeitkolorit und Zusammenführung des Personals in „Blues Brother“-Manier. Bevor es zum „From Dusk Till Dawn“-Belagerungszustand mit effektvollen Schockmomenten kommt, glänzt Coogler mit einer virtuosen Plansequenz zur Historie der Black Music und schwarzem Humor. grs
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Kolumne Easter Egg XXL Freuen Sie sich auch schon auf Ostern? Draußen rumspazieren bei schönem Wetter, vielleicht was unternehmen mit der Familie (wenn die Nerven es zulassen), Eier sammeln, Bierchen trinken, lecker kochen oder essen gehen, Jesusfilme im TV gucken, eine neue Folge „Traumschiff“? Wie, was, Sie wollen in den Ferien verreisen? Vergessen Sie’s! Am besten gar nichts derart planen, weil: Sie müssen ins Kino! Wer bitte sonst soll sich denn die rund 50 Filmstarts antun, welche der April zu bieten hat?! Ja, richtig gelesen: fünfzig! Zugegeben, davon können wir hier nur einen Bruchteil abbilden.
Dennoch versuche ich mich mal an einem groben Überblick, was denn so geboten wird: Nun, da wären mehrere Klimakatastrophen, die an kleinen Gruppen von Menschen durchexerziert werden. Viele Tiere tauchen auf, neben Hunden und Katzen auch Pandas und Pinguine. Krieg ist in diversen Spielarten vertreten, leider. Und wer auf finnische Gefühlsdramen steht, sollte zusätzlich Zeit mitbringen, der Film „Stormskärs Maja – Von Liebe getragen, von Stürmen geprägt“ dauert knapp drei Stunden. Also: Gönnen Sie dem Hasen eine Auszeit, sagen Sie den Verwandten ab und tun das einzig Richtige: Ab ins Kino! aded