Samstag und Sonntag letzter Woche waren konzertfrei. Zumindest fand ich nichts im Angebot, was mich sonderlich gereizt hätte. Auch das kommt mal vor. Montag dann der Fahrradausflug ins Bett nach Sachsenhausen. Luthea Salom war angesagt, die kleine, zierliche Amerikanerin mit spanischen Wurzeln, die sogar mal eine Zeit lang in Frankfurts Nordosten (war’s Nieder- oder Ober-, Erlen- oder Eschbach?) gewohnt hat, aber kein Deutsch mehr spricht. Ganz allein stand sie mit ihrer Gitarre auf der Bühne, sang ihre simplen Folksongs und begeisterte damit – neben ihren Fans – auch Frank, den Chef des Betts. „Sie trifft jeden Ton im Gegensatz zu einigen Sängerinnen hier“, hob er auch gerade ihre lässigen Lagenwechsel hervor, wie man sie von echten Countryprofis kennt. Mich haute Miss Salom nicht wirklich vom Hocker. Schade, dass ihre hispanischen Roots in keinster Weise hörbar gemacht wurden. Die eine oder andere Klangfarbe aus dieser Richtung hätte ihr Repertoire ganz sicher bereichert.
Tags drauf in der Brotfabrik. Sevda aus Aserbaidschan (Foto). Ein tolles, neues, interessantes Album beim Frankfurter Network-Label, der gelungene Versuch, traditionellen Mugham vom kaspischen Meer mit Jazz zu verbinden. Dann das Konzert. Pianist und Bassist (fast noch minderjährig), dazu ein Drummer im gesetzterem Alter, war das Intro vorbehalten. Klang wie ein langweiliger Jazzstandard, den man in einer x-beliebigen Hotelbar hören kann. Dann Sevda in einem Flitterhängerchen (so eine Art Charlestonkleid im Gardinenlook), das englische Hausfrauen anziehen, wenn sie sich zu Freundinnen zum Tratschen oder zur Tupperparty treffen – vollkommen daneben. Damit keine Missverständnisse aufkommen – ich erwarte von Musikern, die als Weltmusik verkauft werden, nicht, dass sie Folklore in Kleidung und Musik in Reinkultur abliefern, aber wenn solche Signale auf Fotos, Postern, CD-Covern gesetzt werden, möchte ich nicht beim Tanztee oder der Vorstadtdisko erwachen. Keine Frage: Sevda ist eine gute Sängerin, die Musiker an Percussion, Saiten- und Blasintrumenten versiert und virtuos, der Klang von Oud und Tar, Kurz- und Langhalslaute, von Duduk und Zorna, mal warm und weich, mal schrill und quäkig im Charakter, authentisch, auch im Jazzkontext. Nur zwischendurch wirkte es auch mal, als wolle Sevda doch lieber mit US-Amerikanischen R&B-Tussis in Konkurrenz treten. Schade eigentlich, denn das haben wir ja alles schon. Den Ehrgeiz der Sängerin, sich facettenreich und weltoffen zu präsentieren, verstehe ich. Nur wenn dabei das Profil eher leidet als geschärft wird, ist das mehr als unglücklich.
Mittwoch – die große Auswahl. Ketil Bjornstad, Solo Piano, in der Fabrik, Kari Bremnes in Mainz, John Watts & The CB's im Nachtleben. Eine liebe Freundin hatte Lust, nach einem schönen Essen beim Galizier US3 (Foto) zu sehen, das zweite Konzert der neuen „live/club“-Reihe im Frankfurter Sinkkasten. Weit weniger Besucher als beim Kickoff mit Mulatu Astatke & The Heliocentrics waren gekommen obwohl ja US3 ein großer Name ist. Nur ehrlich gesagt wusste ich nicht mal, dass es das Projekt aus frühen Acid Jazz-Zeiten überhaupt noch gibt. Das groovte alles ganz gefällig, die beiden sehr jungen MCs hatten ihr Publikum im Griff, der Mann an den Turntables, der eher wie ein Knasti auf Freigang aussah und optisch besser in einer Heavy Metal-Kapelle aufgehoben gewesen wäre, war ein Bringer, denn er scratchte auch mit beiden Füßen auf dem DJ-Platz stehend und spielte seinen Plattenspieler mal auf dem Rücken wie weiland Jimi Hendrix seine Gitarre. Wer vorne auf der Tanzfläche war (und da tanzten sogar ¾ des Contrast Quartets, unsere jungen Jazzer), war gut dabei und wurde auch bestens bedient von US3. Denn entertaining war´s schon, wenn auch ein wenig antiquiert.
Warum diesmal weniger Publikum in den Sinkkasten kam, darüber kann man nur mutmaßen. Denkbar, dass das hippere Frankfurter Szenevölkchen von Jan Hagenkötter & Michael Rütten, dem Chef des INFRAcom!- Labels und Mr. Soulsearching, Spezielleres, „Abseitigeres“ erwarten als eine Nummer, die auch im KingKa funktioniert hätte. Wenn ich Rütten richtig verstanden habe, sieht er´s wohl ähnlich und das nächste Konzert am 31.5. verspricht dann auch wieder eine Begegnung der dritten Art, wenn Finne Jimi Tenor mit nigerianischen Musikern das weite Feld des Jazz beackert.