Vor wenigen Wochen saß ich mit einem befreundeten Kollegen zusammen in einer wunderbaren Apfelweinkneipe in Sachsenhausen. Nach zwei, drei leckeren Gespritzten verfiel der Kollege plötzlich in eine Melancholie, die ich von ihm bislang nicht kannte. Besorgt fragte ich nach - und er erzählte mir nach einigem Zögern, dass es ihm immer mehr zu schaffen macht, dass Frauen in seinem Arbeitskreis ganz klar bevorzugt würden. Er selbst würde aus diesem Grund nun über die Gründung einer Initiative für die stärkere Gleichberechtigung des Mannes nachdenken. Zwei, drei seiner Kollegen hätten bei quasi konspirativen Treffen in der Kantine seines Verlagshauses auch schon Interesse bekundet, ihn dabei zu unterstützen. Ich fand das auch eine wunderbare Idee - und so tranken wir auf diese wunderbare Idee noch einige weitere Gespritzte, aßen zwischendurch jeder drei Rindswürste und löschten das Ganze mit ordentlichem Obstler ab. Die gute Stimmung war wieder hergestellt... Heute morgen nun rief mich der Kollege gegen 8 Uhr (ich ächzte gerade auf dem Laufband im Sportstudio vor mich hin) an und berichtete mir vollkommen entsetzt, dass ihn eine Nachricht über ein ein Mega-Portal nur für Frauen erreicht hätte. Und dies unter dem angsteinflößenden Namen "Wunderweib" - der Kollege war vollkommen fertig. Ein weiteres Indiz der offensichtlichen Unterdrückung der männlichen Bevölkerung, meinte er. Ich konnte ihn kaum beruhigen, beendete das Gespräch aber irgendwann dann doch unter Atemnot mit dem Hinweis, dass ich einfach nicht über ausreichend Kondition verfüge, um gleichzeitig zu laufen und zu sprechen. Zurück in der Redaktion schaute ich mir die Meldung im Netz an:
Der Bauer Verlag buhlt ab sofort auch im Netz um die weibliche Zielgruppe: Mit dem Frauenportal "Wunderweib" gibt der Verlag insgesamt 30 Titeln einen gemeinsamen Dach-Auftritt. Mit von der Partie sind u.a. "tina", "mach mal Pause", "Das neue Blatt" und "Astrowoche", aber auch jüngere Titel wie "Maxi" und "InTouch". Um die unterschiedlichen Zielgruppen nicht zu verschrecken, bekommt jedes Heft einen eigenen "Marken-Eingang" in das Portal. Dort erscheint das jeweilige Logo und die Ressorts werden der Zielgruppe entsprechend ausgewählt. Inhaltlich gibt's die gesamte Bandbreite an Print-Content - von Service und Unterhaltung über Lifestyle und Deko bis hin zu Adel und Astro.
"Das neue Blatt", "Astrowoche", und "tina". Deko, Adel, Lifestyle - ich rief meinen Kollegen an und gab Entwarnung. Bei dieser Art von Content könne man die Aktion des Bauer-Verlages nicht als weiteren Angriff auf das Ego von uns Männern deuten, sondern lediglich als Beleidigung an die Intelligenz der Frauen.