Er gilt als Pionier der Jazzmusik und war Zeichner und Schriftsteller aus Leidenschaft. Das Multitalent Volker Kriegel wäre im Dezember 75 Jahre alt geworden. Zum Gedenken zeigt das Caricatura Museum eine umfangreiche Werkschau des facettenreichen Künstlers.
Nicole Nadine Seliger /
Als „längst überfällige Ausstellung“, bezeichnete Achim Frenz, Leiter des Caricatura Museums die Schau zum Werk von Volker Kriegel. Bei einem Treffen kurz vor Kriegels Tod 2003 habe Frenz dem Künstler eine Ausstellung versprochen – das heutige Museum gab es da allerdings noch gar nicht. 420 Exponate sind nun bis Januar im Haus am Weckmarkt zu sehen, darunter mehr als 300 Originale. Möglich machten das viele Leihgaben von Kriegels Ehefrau Ev, von privaten Sammlern und dem Wilhelm-Busch-Museum in Hannover.
Bekannt wurde Kriegel zunächst als Musiker. Noch als Schüler wurde er 1963 zum „Besten Nachwuchsgitarristen“ des deutschen Amateur-Jazz-Festivals gekürt. Während seiner Studienzeit in Frankfurt lernte er die Musiker Albert und Emil Mangelsdorff und die Frankfurter Jazz-Szene kennen. Es war der Beginn einer internationalen Karriere als Musiker und Komponist, die ihn zu weltweiten Tourneen und einem Pionier des Jazz-Rock führten. Seine erste Schallplatte unter eigenem Namen veröffentlichte er 1968 mit „With a little help from my friends“.
Die Liebe zur Musik bildet sich auch in seinen Zeichnungen ab. Mit Bleistift und Tusche porträtierte er Musikerkollegen und befreundete Dichter. Sein erstes eigenes Buch „Der Rock’n’Roll-König“ (1982) ist eine Hommage an seine große Leidenschaft. Zwanzig Jahre später verarbeitete er seine Erfahrungen in dem Kinderbuch „Erwin mit der Tröte“, in dem ein junger Nasenbär aus Sansibar in die Welt hinauszieht und in den größten Konzerthäusern Europas auftritt.
Schon zu Schulzeiten zeichnete Kriegel und verewigte seine Lehrer und Mitschüler in seiner Kunst. Später fand er das Komische in alltäglichen Situationen, häufig in den Bereichen Kunst und Philosophie, aber auch im Fußball. „Es geht immer um Vergnügen, gepaart mit einem Funken Schadenfreude“, sagte Frenz zu dem Besonderen in Kriegels Werk.
Als dieser ab Anfang der 80er Jahre krankheitsbedingt eine musikalische Auszeit nahm, widmete er sich vermehrt dem Zeichnen und Schreiben. Er begann, Bücher zu illustrieren und verfasste eigene. Am bekanntesten dürfte die mehrteilige Kinderbuchreihe um den Elch Olaf sein, der mit einem Handicap unterwegs ist und sich trotzdem nicht unterkriegen lässt. Seine Zeichnungen sind klar und freundlich und stets positiv. „Zeichnen bedeutete für ihn genaues Hinschauen“, sagte Frenz. Liebevolle Details machten aus den Pinselstrichen „eigene Erzählungen, geronnen in einem Bild“. Sein letztes vollendetes Projekt sind die detailreichen Tierillustrationen zu Roger Willemsens „Karneval der Tiere“ (2003). Noch im gleichen Jahr starb Kriegel im Alter von 59 Jahren in Spanien.
Humor auf sechs Metern Im ersten Obergeschoss zeigt das Museum ein einzigartiges Werk im Original, an dem Kriegel fast fünf Jahre gearbeitet hat. Ab 1993 war eine auf zwei Rundhölzern montierte Papierrolle willkommene Abwechslung, wenn er in seinem Atelier Musik komponierte. In den Pausen nahm er die Rolle hervor und zeichnete zur Entspannung kleine Cartoons – entstanden ist so eine mehr als sechs Meter lange Papierrolle, die Kriegels Fantasie und Ideenreichtum quasi ungefiltert zeigt. Das Caricatura Museum hat die Cartoon-Rolle extra zur Ausstellung von einem Berliner Verlag vervielfältigen lassen; für 30 Euro können Besucher ein Exemplar erwerben und mit nach Hause nehmen. „Männchen malen, Jazz spielen, und sogar davon leben können – wer hätte das gedacht?!“, so fasste Volker Kriegel seine Karriere einst zusammen. Und übte sich dabei im Understatement.
>> Volker Kriegel, 13. September – 20. Januar 2019, Caricatura Museum, Weckmarkt 17, 13. September bis 20. Januar 2019, Di-So 11-18 Uhr, Mi 11-20 Uhr, Eintritt 6 Euro (ermäßigt 3 Euro), www.caricatura-museum.de