Hat der Ring ’ne Bedeutung? Ja, hat er. Wie war dein Wochenende? Interessant. Bist du gläubig? Gute Frage. Solche Fragen begegnen einem am Praktikumplatz immer wieder. Ab und zu bekommt man auch ähnliche Antworten zu hören. Die Frage nach dem Wochenende könnte man ja noch als Smalltalk abstempeln. Aber bei bedeutenden Schmuckstücken oder der Konfession stellt sich die Frage, wie viel Privates man beim Praktikum ausplaudern sollte.
Manchmal glaube ich, ich gehöre zu der Kategorie Mensch, die Spruch- Shirts nur bei Familienfeiern trägt. Immerhin könnten solche Oberteile den Leuten, die nicht mal meinen Namen kennen, etliches über meinen Charakter verraten. Wer „Das Leben ist kein Ponyhof“ auf den Klamotten stehen hat, empfindet sein Leben wohl als anstrengend. Und „Keine Ahnung“ auf dem Oberkörper deutet nicht gerade auf ein breites Allgemeinwissen hin. Letzte Woche beschloss ich, mal wirklich mutig zu sein. Beim Praktikum trug ich ein Tshirt mit dem Aufdruck „Let me be your Xmas“. Das weckte natürlich Interesse. Prompt wurde ich nach dem Jungen gefragt, der mir das Shirt geschenkt hat. Und natürlich nach dem Jungen, der mittlerweile damit angesprochen werden soll. Trotzdem sind die Leute, die wegen einem halb-ernst gemeintem Spruch sofort eine Persönlichkeitsanalyse aufstellen, eher in der Unterzahl. Vielleicht gehöre ich ja doch eher zu der anderen Kategorie Mensch. Die, die ihren Anrufbeantworter mit ihrem Beziehungsstatus besprechen. So nach dem Motto „Hier ist der Anrufbeantworter von XY, 28 Jahre alt, seit 7 Monaten Single. Bitte hinterlassen Sie eine Nachricht nach dem Piep-Ton.“ Nein, das bekommt man auf meiner Mailbox sicher nicht zu hören. Das könnte ich mir höchstens bei diesen Leuten vorstellen, die gar nicht erst auf Fragen warten. „Am Wochenende war ich Nacktbaden“, erzählte mir letztens jemand, kaum waren wir aus dem Firmengebäude raus und rein in die Mittagspause getreten. Aha. Das sollten wir natürlich alle gleich erfahren, ganz richtig. Langsam dämmert mir, dass ich zu der schlimmsten aller Kategorien gehöre. Die, die Blogs über Partynächte und Urlaubsbekanntschaften schreiben, aber in ihrem Profil bei Beziehungsstatus „Top Secret“ stehen haben. Die Unentschlossenen also. Ich will es anders erklären: Jeder hat eine imaginäre Grenze, hinter der all das liegt, was man lieber für sich behält. Bei manchen ist dahinter so gut wie nichts, bei anderen sehr viel. Bei mir verschiebt sich die Grenze ständig. Ich kann ein und dieselbe Sache morgens für zu privat und abends für eine allgemeine Info halten.
Was privat ist, muss sowieso jeder individuell entscheiden. Für manche ist es die politische Richtung. Für andere die Anzahl der Ex-Freunde. Für wieder andere schon der Lieblingsclub. Letzteren habe ich gern preisgegeben. Das Lustige ist allerdings, dass andere schnell meinten, sie könnten mich jetzt einer speziellen Partygänger-Unterart zuordnen. Auf meine Frage, wo denn das o25 sei, bekam ich von einem Kollegen diese Antwort: „Wie du warst noch nie im o25? Der Club passt doch zu dir.“ Also ging ich auf die Homepage des Clubs. Das Erste was mir ins Auge fiel, war eine Werbung für eine Party namens „Boom Boom Shake the Room“, Musikrichtung: Hip Hop. Ich musste schmunzeln. Hip Hop trifft so gar nicht meinen Geschmack. Sehe ich etwa so aus?
Es kommt natürlich auch auf die Umgebung an. Trotz der Gefahr von Missverständnissen geht der Lieblingsclub beim Praktikum noch in Ordnung. Die Anzahl der Ex-Freunde ist vielleicht ein Tick zu persönlich. Auch die politische Richtung könnte beim Praktikum gefährlich werden. Vielleicht wird man in eine Schublade gesteckt. Vielleicht haben die Kollegen ein getrübtes Bild von einem, wenn sie über die Leistung diskutieren. Also besser schweigen? Das kann schnell langweilig werden. Ich glaube gerade am Anfang sollte man darauf achten, was man alles erzählt. Aber von seinem Wochenende kann man ruhig berichten – im Zweifelsfall eben ohne Details. Vor allem bei einer Zeitschrift ist man fehl am Platz, wenn man nichts von sich preisgeben will. Journalisten müssen eine exhibitionistische Ader haben. Was wäre ein Blog ohne persönliche Geständnisse? In diesem Sinne: Ich gestehe, dass ich keine allgemeingültige Regel gefunden habe. Ich rate zum Mittelmaß. Solange man nicht das Gefühl hat, dass jeder in der Firma alles über einen weiß, ist man im sicheren Bereich. Bis dahin ist fast alles erlaubt. Außer sich die Details der anderen erzählen zu lassen, aber nichts über sich zu verraten. Das ist nämlich gemein.