Mord im Museum

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Anja Ruppel /

museum

Wer häufiger am Senckenberg Naturmuseum vorbeikommt, ist an Menschentrauben gewöhnt. Nur sind die Besucher, die sich tagsüber dort tummeln, meist deutlich kleiner respektive jünger als die Herren und Damen in eleganter Garderobe, die man gegen Abend vor dem Eingang antreffen konnte. Eine offensichtlich ausverkaufte Veranstaltung lockte Gäste an, die zwar nicht ganz so alt wie die Exponate waren, aber inmitten der Dinosaurier speisen wollten. Beim Krimi-Dinner „Phantom des Museums“ musste zudem zwischen drei Gängen ein Mord geklärt werden. Grandios: die Leistung der Schauspieler von der Dramatischen Bühne ? wie üblich fantasievoll gewandet, stimmgewaltig und mit viel Wortwitz ausgestattet. Bereits am Eingang wurde ich von einer Lady empfangen, die sich freute, ihre „Tante Petunia“ endlich einmal wiederzusehen und sich dennoch eines abschätzigen Kommentars über deren Frisur nicht enthalten konnte. Tja, wegen der Beschreibung des Dinners als Event „im Edgar-Wallace-Stil“ hatte ich an die entsprechenden Filme gedacht und meine Haare zu einem Sixties-Pferdeschwanz gebunden. Damit fiel ich unter den Schauspielern in ihren opulenten Kostümen ein wenig aus dem Rahmen. Überall standen Darsteller bereit, um Instruktionen zu erteilen. Gäste, die mitspielen mochten, konnten sich mit einem grünen Schild am Revers für einen möglichen Kurzauftritt als Leiche oder ähnliches anbieten. Die Humorlosen und Feigen waren demnach bestens anhand ihrer roten Schildchen zu erkennen.

Noch vor dem ersten Gang segnete der Mäzen der aufgeführten Oper das Zeitliche. Damit auch wirklich jeder von seinem Tod überzeugt war, wurde er nacheinander vergiftet, erschossen, erhängt und erdolcht, was den Gästen allerdings keineswegs den Appetit verdarb. Bei Shrimpscocktail und Salat ging an unserem Tisch das Rätselraten los, wer wohl der Mörder sein könne. Einen Gang später hatten wir einiges über unsere Nachbarn erfahren, waren aber bei der Auflösung kaum weitergekommen. Die eigentliche kriminalistische Arbeit fand jedoch erst vor dem Dessert statt, als sämtliche Besucher auf Spurensuche gehen durften. Eine ungewohnte – und ein wenig gruselige – Erfahrung, im Dunklen durch die Gänge des Museums zu schleichen und wie bei einer Schnitzeljagd den versteckten oder verschlüsselten Hinweisen zu folgen. Dass die ausliegenden Fragebögen auf unserem Tisch, in die mehrere Protagonisten des Geschehens eingetragen werden mussten, trotzdem mit Namen wie „Brad Pitt“ und „Kid Rock“ ausgefüllt wurden, mag mangelndem Ehrgeiz zuzuschreiben sein. Und vermutlich wäre keiner meiner Tischnachbarn gern vor vollem Saal auf die Bühne gestiegen, um den Preis für die Auflösung des gesamten Falls entgegenzunehmen: eine Flasche „Krimi-Sekt“.


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