Am Ostermontag startete JOURNAL-Grafiker Klaus seine Reise auf dem Jakobsweg. Seit genau zwei Wochen ist er nun also unterwegs. Hier eine kleine Zusammenfassung der vergangenen Tage.
22.4. Belorado - Villafranca-Montes de Oca (13 km)
Heute haben wir mit ruecksicht auf die fusskranken (ich zaehle nur noch halb dazu) nur einen kleinen trip gemacht. Eine schoene Herberge in einem ehemaligen schulhaus. Und ein tolles abendessen - endlich mal keine pasta. sylvia hat reis mit gemuese und schinken gemacht und marion natuerlich ihren obligatorischen obstsalat.
Ein kleiner braungebrannter bretone sprach mich auf meine triskele um den hals an - das wappen der bretagne. Der mann ist 66 jahre alt, bauer und fit wie der sprichwoertliche turnschuh, der ist die gut 1000 km aus der bretagne bis hierher gelaufen. Und eine schoene singstimme hat er auch, er stimmte ein "salve regina" an, das er in einer kirche gehort hatte. Das hallte von der hohen decke wider - es gibt schon sehr emotionale momente auf dem camino ...
Mal ein wort zu den unterkuenften. Auf dem bild seht ihr unsere heutige unterkunft, 5 Dopplebetten auf einer seite, das ganze noch mal auf der anderen seite, also 20 leute in einem saal. Und da liegt maennlein und weiblein durcheinander + dieses ganze menschenknaeuel schnauft + schnarcht durcheinander. So aehnlich muss es schon bei den altvorderen zugegangen sein. Naja ohne handys, in die die pilger hineinbloeken.
Bis denne klaus
23.4. Villafranca-Montes de Oca - Atapuerca (19 km)
Heute ging es gleich zu anfang steil hoch in die "montes de oca" (die ganseberge). Nach links ein blick auf schneebedeckte berge, dann in einen kleinen steineichenwald. Die bedeckten frueher grosse teile spaniens, und wurden fuer den schiffsbau ruecksichtslos abgeholzt. Die andere grosse seefahrernation im zeitalter der entdeckungen, portugal, kaufte das holz bei den spaniern und behielt seine walder. Gewusst wie ... Entlang breiter brandschneisen durch typische fichtenmonokulturen bis nach 12 km san juan de ortega in sicht kommt. Das heisst nach seinem gruender, der hier auch begraben liegt, er liess im 12. Jhdt. bruecken und wege anlegen und wurde (dafuer?) heiliggesprochen.
Weiter gings wieder durch den wald - ein ganzes stueck, das ich allein gegangen bin. Dann auf einer asphaltstrasse (aua, aua - jogger wissen wovon ich spreche). Eine hellhoerige herberge aber 6-bett-zimmer(!). In einem davon kommt unsere ganze truppe unter (dave + linda im nebenzimmer). Abendessen a la rural, tomaten, kaese etc. und die spezialitaet der gegend um burgos: blutwurst - gebacken! Ja, ich habe gebackene blutwurst gegessen. Normalerweise kann man mich damit scheuchen, aber die hier schmeckt ein bisschen wie frikadellen. Wein + kippchen - morgen sind wir in burgos. Dann bin ich 200 kilometer zu fuss gelaufen (na gut 180, weil ich ja 20 km mit dem bus fahren musste).
Auch heute mein kleiner exkurs: Von den edelpilgern. Von meinen beschreibungen wisst ihr ja nun so einigermassen, wie es hier zugeht. Von hape kerkeling wissen wir, dass er es nur eine halbe nacht in einem albergo ausgehalten und dann nur noch in hotels und pensionen gepennt hat. Bei anderen beruehmtheiten wie jane fonda und shirley mclaine habe ich mich immer gefragt, wie ham die das gemacht, noch mit 10 kilo auf dem buckel. Jetzt weiss ich es. Das kam so: Mir fiel ein trupp franzosen auf, jede(r) einen daypack auf dem ruecken, da geht hoechstens ein regencape und ne wasserflache rein. Das reicht doch nie ... Des ratsels loesung heiss "Jacotrans", das ist der monopolist hier. Der holt mit einem kleinbus morgens das gepaeck (rollkoffer - grr) ab und transportiert es in die naechste herberge. Also, ich finde das grenzt schon an betrug. Wenn schon, dann richtig
meint klaus, der aufrechte pilger
24.4. Atauperca - Burgos (22 km)
Bisschen hektisch gefruehstueckt, weil ein franzoesischer pfaffe mit seinen schaefchen uns ruede vom tisch vertrieb, in dem die einfach anfingen um uns herum zu decken. Also naechstenliebe habe ich mir anders vorgestellt ... Aus atapuerca rechts raus - einem gipfelkreuz zu. Oben angekommen: ein blick in die ebene - unser erstes grosses ziel in sicht: burgos. Bis dahin ist es aber noch weit, wir sind kaffeedurstig. Im ersten ort nix (keine bar, keine tienda), im zweiten eine bar, die, dem staub nach zu schliessen, seit monaten geschlossen ist. Im dritten kaff endlich cafe con leche und wasser. So gestaerkt gehts weiter, kurz vor burgos muessen wir einen riesenriemen rund um den airport laufen. Dann ein bisschen vom weg abgekommen (nein, ich war nicht die reiseleitung ;)), aber dank ralf dann nach endloser latscherei angekommen. Jetzt weiss ich, wie es ist, in einem inneren tunnel zu laufen, ich setzte mechanisch einen fuss vor den anderen, blind + taub fuer alles um mich herum, aber es hat funktioniert. Erst mal eine kleine pause in der pension, in der wir fuer 2 naechte untergekommen sind, weil in burgos machen wir in kultur. Ausserdem stossen marions sohn + freundin zu uns, die laufen dann mit bis burgos. Wir mussten uns von linda, dave + maria trennen (bye, bye), fuer die das zeitlich nicht hinhaut. Gerade stellte sich heraus, das die 2 anderen erst morgen kommen. Dann werde ich mich mit ralf allein auf den weg machen, denn nach ein bisschen sightseeing juckte es uns schon wieder in den fuessen- verrueckt oder?
Burgos hat eine schoene und beeindruckende altstadt mit imposanter kathedrale, die wir natuerlich besichtigt haben. Und war waehrend des spanischen buergerkrieges die hauptstadt der franquisten. Die kleinen gebirgsdoerfer ringsumher aber galten als widerstandsnester. Ein denkmal am wegrand erinnert an sie: "Nicht ihr tod war sinnlos, sondern ihre erschiessung. Moegen sie in frieden ruhen". Da haben wir wieder das fatalistische spanien des "viva la muerte". Fuer uns mitteleuropaeer schwer zu verstehen. Ein paar beispiele gefaellig? Die meisten dorfplaetze sehen aus, als sei seit 1960 nichts mehr gemacht worden, dort stehen halbverfallene haeuser und daneben ein palazzo protzo, der auch in HG oder an der bergstrasse sein koennte. Oder auch sehr schoen: Vor einer bar sehen wir die frau mama mit einer riesenkiste frischgebackenen brots heranwalzen. Auf unsere nachfrage nach bocadillos erhalten wir die antwort: no, erst in einer stunde. Andererseits steht an und in jeder kneipe gross + breit "laut gesetz vom soundsovielten: prohido fumar", aber jeder qualmt drinnen. Oder der junge mann der mir hier im internetcafe einen brandy (fusel als gehirnpeitsche? aber immer!) einschenkte. Als er sieht, dass noch ein rest in der flasche ist, aus der jeder deutsche kneipix sicher zwei glaeser rausgewrungen haette, schulterzucken und rin ins glas.