Es war Herrn P. nicht entgangen, dass vor den Toren der Stadt die neue Filiale eines schwedischen Möbelhauses eröffnete. Doch erst als am Morgen seine geliebte Blumenvase kollabierte, entschloss er sich, diesem einen Besuch abzustatten. „Vielleicht mache ich ja ein Schnäppchen“, dachte Herr P., als er in die U2 Richtung Nieder-Eschbach stieg, dann in den Linienbus 29 wechselte und den monumentalen Gebäudekomplex erreichte.
Gemeinsam mit einer Traube junger Familien drängelte sich Herr P. durch den Eingang, gelangte über Rolltreppen in den Verkaufsraum und versuchte sich zu orientieren. „Finde deinen Weg“ rieten die Hinweisschilder, was Herrn P. philosophisch stimmte. Während er so über sein Leben nachdachte, prügelten sich links von ihm eine korpulente Sozialhilfeempfängerin und ein schmächtiger Sonderschulpädagoge um eine Wolldecke. Über die Lautsprecher trällerte es „The Winner Takes It All“, und Herr P. wurde ins Küchensortiment geschoben. Dort reichte Showkoch Mike gerade Shrimps-Kräutercreme-Häppchen. Herr P. stellte sich geduldig in den Pulk, doch als er an die Reihe kam, war die Kräutercreme alle, immerhin noch ein Stückchen Schwedenbrot zu ergattern. „Na ja, besser als nichts“, dachte Herr P. und bahnte sich seinen Weg gen Kantine. „Jessica! Kevin!“, brüllte ihm ein besorgter Vater ins Ohr, als Herr P. in der Restaurantschlange stand, die ihn an die Abfertigung am Flughafen erinnerte. Aber in der Vitrine war nur noch ein Hartz-IV-Teller übrig: Brötchen, Butter, ein Stück Wurst – besser als nichts. Einige blaue Flecken später kam Herr P. endlich zu den Blumenvasen. Sie waren bis auf eine einzige ausverkauft, also beherzt zugegriffen. „Der da, der hat das Ausstellungsstück!“, hörte er eine gellende Stimme hinter sich und nahm die Beine in die Hand. Herr P. spürte genau, wie ihm der wütende Pöbel folgte. In seiner Not suchte er Unterschlupf im „Märchenland“. Doch ein älterer Mann mit braunem Mantel und Hut inmitten kreischender Halbwüchsiger veranlasste das Sicherheitspersonal zu schnellem Handeln. „Herr P. möchte aus dem Kinderparadies abgeholt werden“, murmelte er, als man ihn unsanft auf den Parkplatz beförderte. Er stand auf, trat noch einmal in das Möbelhaus ein und nahm sich eine der gratis ausliegenden Umhängetaschen. „Besser als nichts“, dachte Herr P., klopfte den Staub von der Jacke, und hinter ihm gingen die Glastüren zu.
Erschienen im Journal Frankfurt, Ausgabe 7/2007; Illustration: Stephan Rürup