Der Weg allen Fleisches

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Günther Neeßen /

Frankreichs Death-Metaller der Stunde Gojira im Nachtleben

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Das Nachtleben ist ein kleiner, düsterer Kellerclub im Herzen der Stadt, und hier schlägt auch das Herz des etwas abseitigeren Metal in Frankfurt. Kein Monat, in dem nicht eine der härteren Bands dieses Kontinents auftritt. Jetzt hat die „The Way of All Flesh“-Tour der französischen Vorzeige-Death-Metaller Gojira im Nachtleben Halt gemacht.

Zwischen Einlass und Beginn des Konzerts liegt eine Stunde. Zeit, um sich in die im Erdgeschoss gelegene freundliche Kneipe zu setzen und gemütlich zuzusehen, wie das überwiegend lateinamerikanisch anmutende Publikum jungen Leuten mit langen Haaren und in vorwiegend schwarzer Kleidung weicht. Auf wirklich allen T-Shirts sind die Schriftzüge von Metal-Bands oder -Festivals zu sehen. Offensichtlich: Dies ist ein Szene-Event.

21:00. Zeit für das Konzert. Die Hölle lässt ihre Dämonen ein. Eine Treppe hinunter und durch zwei schwere Metalltüren kommt man in einen Kellerraum, in dem alles die Geschöpfe der Nacht begrüßt. Schwarz wechselt sich mit irgendwie plüschigen Tapeten ab, einer Mischung aus Fin de Siècle und Hippie-Ästhetik in der Düstervariante. Auf einer viel zu kleinen, niedrigen Bühne stapelt sich das Equipment von zwei Bands.

Die Wetterauer Band Concept Insomnium macht den Anheizer für die Franzosen. Immerhin haben sie eine Dreiviertelstunde Zeit, ihre Version von modernem Metal vorzustellen. Elemente aus Metalcore, etwas Nu Metal-Groove und klassischem Melodic Metal fließen hier zusammen, angehärtet mit freundlichem Grunzgesang durch den Leadgitarristen und den Bassisten. Das ist noch nicht ganz rund und die Mischung wechselt von Stück zu Stück, wird aber technisch einwandfrei dargeboten. Musikalisch nicht meine Baustelle, aber es macht Spaß, der Band zuzusehen, die eine angenehme Bühnenpräsenz hat mit Platz für kleine Showeinlagen vor allem des Frontmannes.

gunter-hochNach einer kleinen Umbaupause legt die Hauptband los. Gojira gelten seit Jahren als Hoffnungsträger im extremen Metal in Frankreich, und standesgemäß ist der Club nun bis zum Bersten gefüllt, als die Band mit dem Opener „Oroborus“ ihres neuen Albums „The Way Of All Flesh“ loslegt. Mit den ersten Riffs, die die Saitenfraktion hinausschleudert, wogt die Menge, und das soll sich bis zum Ende des Konzerts nicht mehr ändern. Das hat nichts mit Gleichförmigkeit zu tun – die Stücke wie der gesamte Set sind äußerst abwechslungsreich. Die Musik zeichnet sich aus durch enorme Komplexität, ständigen Wandel in den Stücken, Doom-Passagen, psychedelische und sogar Electro-Elemente – alles eingebunden in heftige Death-Metal-Granaten. Bei aller Komplexität hat die Band ein ausgezeichnetes Gefühl für heftige Passagen zum Mitbangen. Und alles auf enormem technischem Niveau.

In der Folge präsentiert die Band einen Auszug aus ihrem Schaffen der letzten Jahre, mit einem Schwerpunkt auf dem neuen Album. Dem Publikum scheint das gleich: Jeder Song wird abgefeiert, die Matten schwingen in stetig wechselndem Rhythmus. Das freut die Nackenwirbel und die Orthopäden der Region.

Auf den besonderen Charme des französischen Akzents bei englischem Gesang, der andere französische Acts auszeichnet, darf man hier nicht hoffen: Es wird ausschließlich gegrunzt. Das würgt natürlich jeden Charme ab - und man versteht auch kaum, was der Sänger vorträgt. Das ist schade, weil die Texte eines der speziellen Kennzeichen der Band sind, aber es passt zur Musik: heftig, kompromisslos, dramatisch. Auch apokalyptisch. Anders als andere Bands im Death-Metal-Bereich befassen Gojira sich philosophisch-spirituell mit dem Tod, der Unsterblichkeit der Seele, den Bedingungen unserer Existenz sowie der Verantwortlichkeit des Menschen für sein Leben und unseren Planeten. Außer der Dringlichkeit und der Wut teilt sich das im Konzert allerdings nicht wirklich mit.

So bleibt als wesentlicher Eindruck die Energie der Band – und die ist enorm. Als Gojira nach anderthalb Stunden Spielzeit und einer Zugabe die Bühne verlassen, haben sie wirklich jedem im Saal die Birne abgeschraubt.

Bevor die Musiker sich am Bühnenrand mit dem Publikum verbrüdern, ruft ihr Frontmann einen der wenigen verständlichen Sätze des Abends ins Publikum: „Very fucking nice danke schön!“

Dem ist nichts hinzuzufügen.



Gojira auf YouTube:

Gojira: Love; Videoclip

Interview/Porträt Gojira; Frz. m. engl. Untertiteln

Gojira: The Heaviest Matter of the Universe Gojira; Live 2006


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