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Renntag des Handwerks auf der Galopprennbahn
Alles Glück dieser Erde
Die Galopprennbahn soll dem DFB weichen, doch die Pferdefreunde wehren sich: Für den Bürgerentscheid soll auch beim nächsten Renntag an Fronleichnam geworben werden. Zeit für einen Vorab-Besuch.
Es ist keine einfache Geschichte. Jedenfalls nicht so einfach, wie sie manchmal vom Schreibtisch aus scheint. Vom Schreibtisch aus sieht sie nämlich so aus: Da ist der im Niedergang befindliche Pferderennsport, dem Sportdezernent Markus Frank (CDU) unverhohlen nur noch eine Lebensdauer von höchstens fünf Jahren bescheinigt. Kaum mehr als eine Handvoll Renntage gibt es im Jahr auf der Galopprennbahn Niederrad, die Stadt hat den Club schon oft unter die Arme greifen müssen – mit den Millionensubventionen soll nun Schluss sein. Vom kommenden Jahr an will der Deutsche Fußball-Bund auf dem Gelände sein Leistungszentrum errichten, gut 6,8 Millionen Euro will er der Stadt zahlen, tja, warum nicht?
Dann steht man im Stall von Eve Koutny, hinten mistet gerade ihr Mann aus, draußen hat sich ein Pferd entspannt in die Sonne gelegt und döst, streckt seinen Kopf nur kurz den Besuchern entgegen und Frau Koutny lächelt: „Ich kann mir Frankfurt nicht ohne die Galopprennbahn vorstellen.“ Sie erzählt vom Herzklopfen an den Renntagen, vom Kribbeln, von ihren stolzen Tieren, sie sagt auch, dass das hier ihr Leben sei und nun, ja nun müsse man sich vielleicht umschauen. Die letzte Rennbahn in Hessen wird es bald nicht mehr geben, warum eigentlich?
Es ist nicht nur keine einfache Geschichte, es sind eigentlich gleich mehrere Geschichten, die man hier erzählen könnte. Da ist der Bürger-entscheid am 21. Juni, an dem die Frankfurter sich für oder gegen die Rennbahn, für oder gegen den DFB entscheiden sollen. Die Wahl gibt es, weil die Rennbahnfreunde es schafften, über 13 000 gültige Unterschriften für deren Erhalt zu sammeln. Ob die Rennbahn weiter existiert, wenn die Wahl für die Rennbahn ausgeht ist aber, so paradox das klingt, sehr ungewiss. Denn die Stadt hat den Pacht-Vertrag auf ihrem Gelände zum Ende des Jahres gekündigt. Und ohne Subventionen dürfte es der Rennklub schwer haben. Nun ja ...
Dann sind da die Lokalpolitiker, die von diesem Ergebnis einigermaßen überrascht wurden. Fußball, wer sollte in Deutschland schon gegen den Fußball sein – und stattdessen für die Pferde? Es gibt jetzt eine Website der Stadt mit den besten Argumenten gegen die Galopprennbahn, der Vertrag mit dem DFB ist schon unterschrieben – die Drohung schwebt im Raum, dass der Fußballverband die Stadt verlasse, wenn er das Rennbahn-Gelände nicht bekomme. Die oder wir – dazwischen gibt es nichts mehr.
So verwundert es nicht, dass auch die andere Seite schwere Geschütze auffährt. Es gibt eine Kampa, eine Wahlkampfzentrale des Rennklubs. Die Geschäftsstelle wurde aufwendig dekoriert, überall Parolen für den Erhalt, man ist guter Dinge, die Stadt ist mit tausenden Plakaten übersät, hätte ja auch niemand gedacht, dass die Unterschriften alle zusammenkämen und jetzt gibt es tatsächlich einen Bürgerentscheid, das Gefühl herrscht vor, Politik und Fußball hätten den Pferdesport überrollt – für einen zu geringen Preis, ohne Alternativen zu prüfen, der nun groß angekündigte Bürgerpark, der neben den vier Fußballplätzen und dem Verwaltungsgebäude entstehen soll, er sei nur ein Feigenblatt, ein dürftiges und dem Stadtteil wenig dienliches noch dazu.
Der Wahlkampf ist etwas schrill, schon vorher war von Unterschriftensammlern zu hören, die auf Provisionsbasis arbeiteten, und vom windigen PR-Mann Jürgen Aha (CDU), der in der Pressearbeit für die Bahn mitmischt, was es etwas schwer macht, Vertrauen zu fassen – er, wie die FAZ berichtet, Studenten über einen Mittelsmann, der als selbsternannter König von Atlantis mit Rotlichtkontakten ebenfalls nicht gerade der Traum der Seriösität ist, bezahlt haben, Unterschriften für den Erhalt der Rennbahn beizuschaffen, mit einem Helikopterflug als Hauptgewinn. Spricht man die Rennbahn-Leute darauf an, leugnen sie die Verbindungen. "Davon haben wir ja noch nie gehört."
Dann aber schlendert einem auf dem idyllischen Gelände ein 74-jähriger Mann entgegen, seit 45 Jahren ist er auf der Galopprennbahn zu Hause. Viele Pferde seien es nicht mehr, die er trainiere, viele Besitzer wollten sich nicht mehr binden angesichts der ungewissen Zukunft – es ziehe sie in andere Bundesländer, Hessen sei für den Galopprennsport so gut wie verloren.
„Es heißt doch so: Die Hoffnung stirbt zuletzt“, sagt Heinz Hesse. Sein Kollege Wilfried Kujath ist schon weg nach Saarbrücken, Herr Hesse will bleiben bis zum Schluss und das war es dann. „Das hier ist mein Leben und das meiner Familie“, sagt er. Neben Eve Koutny und dem früheren Profi-Fußballer Münch, der noch 40 Pferde in seinem Stall hat, hält Herr Hesse die Fahne hoch am Standort Niederrad, genau wie der Golfclub, der auch vorm Aus steht.
„Ich kann’s ja verstehen: Der Fußball ist beliebt, die Politiker freuen sich, wenn sie dem Bierhoff mal die Hand schütteln können – aber hätte man nicht einen anderen Ort für den DFB finden können?“ Die Antwort der Stadt ist unmissverständlich nein. „Wissen Sie, die Rennbahn und Frankfurt gehören einfach zusammen.“
>> Renntag des Handwerks
4.6., ab 12 Uhr, Galopprennbahn Niederrad
Dann steht man im Stall von Eve Koutny, hinten mistet gerade ihr Mann aus, draußen hat sich ein Pferd entspannt in die Sonne gelegt und döst, streckt seinen Kopf nur kurz den Besuchern entgegen und Frau Koutny lächelt: „Ich kann mir Frankfurt nicht ohne die Galopprennbahn vorstellen.“ Sie erzählt vom Herzklopfen an den Renntagen, vom Kribbeln, von ihren stolzen Tieren, sie sagt auch, dass das hier ihr Leben sei und nun, ja nun müsse man sich vielleicht umschauen. Die letzte Rennbahn in Hessen wird es bald nicht mehr geben, warum eigentlich?
Es ist nicht nur keine einfache Geschichte, es sind eigentlich gleich mehrere Geschichten, die man hier erzählen könnte. Da ist der Bürger-entscheid am 21. Juni, an dem die Frankfurter sich für oder gegen die Rennbahn, für oder gegen den DFB entscheiden sollen. Die Wahl gibt es, weil die Rennbahnfreunde es schafften, über 13 000 gültige Unterschriften für deren Erhalt zu sammeln. Ob die Rennbahn weiter existiert, wenn die Wahl für die Rennbahn ausgeht ist aber, so paradox das klingt, sehr ungewiss. Denn die Stadt hat den Pacht-Vertrag auf ihrem Gelände zum Ende des Jahres gekündigt. Und ohne Subventionen dürfte es der Rennklub schwer haben. Nun ja ...
Dann sind da die Lokalpolitiker, die von diesem Ergebnis einigermaßen überrascht wurden. Fußball, wer sollte in Deutschland schon gegen den Fußball sein – und stattdessen für die Pferde? Es gibt jetzt eine Website der Stadt mit den besten Argumenten gegen die Galopprennbahn, der Vertrag mit dem DFB ist schon unterschrieben – die Drohung schwebt im Raum, dass der Fußballverband die Stadt verlasse, wenn er das Rennbahn-Gelände nicht bekomme. Die oder wir – dazwischen gibt es nichts mehr.
So verwundert es nicht, dass auch die andere Seite schwere Geschütze auffährt. Es gibt eine Kampa, eine Wahlkampfzentrale des Rennklubs. Die Geschäftsstelle wurde aufwendig dekoriert, überall Parolen für den Erhalt, man ist guter Dinge, die Stadt ist mit tausenden Plakaten übersät, hätte ja auch niemand gedacht, dass die Unterschriften alle zusammenkämen und jetzt gibt es tatsächlich einen Bürgerentscheid, das Gefühl herrscht vor, Politik und Fußball hätten den Pferdesport überrollt – für einen zu geringen Preis, ohne Alternativen zu prüfen, der nun groß angekündigte Bürgerpark, der neben den vier Fußballplätzen und dem Verwaltungsgebäude entstehen soll, er sei nur ein Feigenblatt, ein dürftiges und dem Stadtteil wenig dienliches noch dazu.
Der Wahlkampf ist etwas schrill, schon vorher war von Unterschriftensammlern zu hören, die auf Provisionsbasis arbeiteten, und vom windigen PR-Mann Jürgen Aha (CDU), der in der Pressearbeit für die Bahn mitmischt, was es etwas schwer macht, Vertrauen zu fassen – er, wie die FAZ berichtet, Studenten über einen Mittelsmann, der als selbsternannter König von Atlantis mit Rotlichtkontakten ebenfalls nicht gerade der Traum der Seriösität ist, bezahlt haben, Unterschriften für den Erhalt der Rennbahn beizuschaffen, mit einem Helikopterflug als Hauptgewinn. Spricht man die Rennbahn-Leute darauf an, leugnen sie die Verbindungen. "Davon haben wir ja noch nie gehört."
Dann aber schlendert einem auf dem idyllischen Gelände ein 74-jähriger Mann entgegen, seit 45 Jahren ist er auf der Galopprennbahn zu Hause. Viele Pferde seien es nicht mehr, die er trainiere, viele Besitzer wollten sich nicht mehr binden angesichts der ungewissen Zukunft – es ziehe sie in andere Bundesländer, Hessen sei für den Galopprennsport so gut wie verloren.
„Es heißt doch so: Die Hoffnung stirbt zuletzt“, sagt Heinz Hesse. Sein Kollege Wilfried Kujath ist schon weg nach Saarbrücken, Herr Hesse will bleiben bis zum Schluss und das war es dann. „Das hier ist mein Leben und das meiner Familie“, sagt er. Neben Eve Koutny und dem früheren Profi-Fußballer Münch, der noch 40 Pferde in seinem Stall hat, hält Herr Hesse die Fahne hoch am Standort Niederrad, genau wie der Golfclub, der auch vorm Aus steht.
„Ich kann’s ja verstehen: Der Fußball ist beliebt, die Politiker freuen sich, wenn sie dem Bierhoff mal die Hand schütteln können – aber hätte man nicht einen anderen Ort für den DFB finden können?“ Die Antwort der Stadt ist unmissverständlich nein. „Wissen Sie, die Rennbahn und Frankfurt gehören einfach zusammen.“
>> Renntag des Handwerks
4.6., ab 12 Uhr, Galopprennbahn Niederrad
3. Juni 2015, 11.45 Uhr
Nils Bremer
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24. November 2024
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