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Rauschen im Blätterwald

Frankfurter Rundschau meldet Insolvenz an

Am Dienstagfrüh wurden die Mitarbeiter der Frankfurter Rundschau von der Meldung einer Betriebsversammlung am Nachmittag überrascht. Dort wurde die Pleite des Verlagshauses bekanntgegeben. Wie geht es weiter?
Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe – nicht nur in der Frankfurter Medienwelt, sondern vor allem bei den rund 500 Mitarbeitern der Frankfurter Rundschau, die größtenteils aus den Medien erfuhren, dass das Unternehmen, für das sie seit Jahren arbeiten, am Dienstagmorgen einen Insolvenzantrag stellen musste.

Spiegel-Online titelte pünktlich zur Mittagspausenzeit „Frankfurter Rundschau meldet Insolvenz an“. Von den eigenen Mitarbeitern wusste zu dieser Zeit noch niemand, was ihm in der für 15 Uhr anberaumten Mitarbeiterversammlung bevorstehen würde.

Immer wieder hatte der DuMont-Verlag Gerüchte über die mögliche Einstellung der Frankfurter Rundschau dementiert. Doch am Dienstagmorgen um 9.45 Uhr hat die Druck- und Verlagshaus Frankfurt am Main GmbH beim Amtsgericht Insolvenz angemeldet. Als Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt Frank Schmitt eingesetzt. Er ist laut Amtsgericht ein sogenannter "schwacher Verwalter", die Geschäftsführung unter Karl-Heinz Kroke bleibt also vorläufig im Amt, darf aber nur noch mit Zustimmung des Verwalters Geld ausgeben. Bis Ende Januar sollen mit dem vorhandenen Geld noch Gehälter ausgezahlt werden können. DuMont hatte in den vergangenen Jahren mit diversen Sparrunden und einer teilweisen Zusammenlegung mit der "Berliner Zeitung" versucht, die "FR" profitabel zu machen.

Am Dienstagnachmittag wurden die Mitarbeiter auf einer Betriebsversammlung über die weiteren Schritte informiert. Gegen 16 Uhr am Nachmittag öffneten sich dann die Türen des Verlagsgebäudes. Geschäftsführer Karl-Heinz Kroke und Insolvenzverwalter Frank Schmitt traten vor die Pressemeute, während ein Großteil der Mitarbeiter das Gebäude schnellstmöglich zu verlassen versuchte. "Wir wussten von nichts", sagt Erkoc Metin, seit 23 Jahren Mitarbeiter der Frankfurter Rundschau. „Ich habe es aus dem Radio erfahren. Auf dem Weg hierher.“ Ihm steht die Wut und die Trauer, die Enttäuschung über die verkündete Insolvenz und darüber wie mit den Mitarbeitern umgegangen wurde, ins Gesicht geschrieben. „Sie haben uns belogen. Seit Jahren. Wir haben zehn Jahre lang gekämpft und viel geopfert“, sagt er weiter.

Die Gründe für die Insolvenz seien einerseits die Situation auf dem Frankfurter Markt, auf dem die Konkurrenz vielfältig sei und jeder versuche „sich ein Stück von dem großen Kuchen abzuschneiden“, so Karl-Heinz Kroke, aber insbesondere der in den letzten Monaten sehr stark eingebrochene Anzeigenmarkt und der Wandel im Mediennutzungsverhalten seien für die Umsatzeinbußen verantwortlich und hätten letztendlich dazu geführt, dass der Gang zum Amtsgericht unausweichlich gewesen sei. Man habe sehr lange und sehr intensiv versucht, an den Kostenrädern zu drehen, doch nun, nachdem auch die Gesellschafter beschlossen hätten, keine weiteren Gelder mehr einfließen zu lassen, gäbe es keine Möglichkeit mehr, den Insolvenzantrag abzuwenden. Hinsichtlich der Frage, wie es nun weitergehe und welche Sanierungspläne es gebe, sagte Insolvenzverwalter Frank Schmitt: „Es sind alle Szenarien denkbar.“ Geschäftsführer Kroke appellierte an die Mitarbeiter, bei der Stange zu bleiben. „Nur wenn wir weiterhin erscheinen und Präsenz zeigen, besteht noch eine halbwegs reelle Chance, Interessenten und Investoren zu gewinnen“.

„Wir werden weiter kämpfen“, sagt Erkoc Metin und gibt sich optimistisch, „wir werden weiter Leistung bringen, solange wir noch dürfen. Die Mitarbeiter haben bis jetzt zusammengehalten und ich bin optimistisch, dass das auch weiterhin so bleibt.“

Auch der Vorsitzende der Druck- und Verlagshaus Frankfurt am Main GmbH, Marcel Bathis, ist entrüstet. „Wir müssen jetzt einen kühlen Kopf bewahren. Wir werden weiter für den Erhalt des Betriebes kämpfen und damit beginnen, stärkeren politischen Druck auszuüben und die kommenden Monate für Vorschläge nutzen. Es darf nicht passieren, dass die Mitarbeiter, die hier jahrelang so viel geopfert und dennoch konstante Leistungen gebracht haben, nun mit einem Arschtritt für ihr Engagement bestraft werden.“

In einer Mitteilung der Belegschaft heißt es in der Mittwochsausgabe der Zeitung: "Die Frankfurter Rundschau hat am 1. August 1945 die zweite Lizenz einer deutschen Tageszeitung nach dem Krieg bekommen, sie hat eine lange, stolze und wechselvolle Geschichte erlebt. Wir werden alles dafür tun, dass diese Geschichte weitergeht."

Der Deutsche Journalisten-Verband hat indes die Geschäftsführung des Medienkonzerns M. DuMont Schauberg aufgefordert, auf Kündigungen redaktioneller Mitarbeiter bei der Frankfurter Rundschau weitgehend zu verzichten. „Die Journalistinnen und Journalisten der FR brauchen eine berufliche Perspektive“, sagte DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken.„Die Insolvenz der Rundschau ist die Folge von jahrzehntelangem Missmanagement“, kritisierte der DJV-Vorsitzende. „Das Aus der renommierten Zeitung ist besonders bitter für die Beschäftigten, die über Jahre hinweg mit Einkommensverzicht für den Erhalt ihrer Zeitung gekämpft haben.“ Sie hätten ein Anrecht darauf, dass sich der Verlag zu seiner Verantwortung für die FR-Journalisten bekenne.

Mit großer Bestürzung reagierte auch der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann auf die Nachricht über die Insolvenz der Frankfurter Rundschau. „Die FR ist wichtig für unsere Stadt“, sagte er. „Der Insolvenzantrag darf nicht das Ende für die Frankfurter Rundschau bedeuten“, so der Oberbürgermeister. „Es sind jetzt drei Monate Zeit, in der alles unternommen werden muss, um einem neuen Investor den Einstieg zu ermöglichen.“ Feldmann verwies auf die große Verantwortung für die rund 500 betroffenen Mitarbeiter des Verlagshauses: „Das sind menschliche Schicksale, die wir sehr ernst nehmen müssen. Hier stehen auch die bisherigen Besitzer – auch die Verlagsgruppe meiner Partei - mit in der Verantwortung, um Lösungen zu suchen. “ Er habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass es für die FR eine Zukunft gibt. „Eine solche wichtige publizistische Stimme muss es in unser aller Interesse weiter geben, sonst bedeutet es einen massiven Einschnitt in die Frankfurter und bundesrepublikanische Medienlandschaft“, sagte der Oberbürgermeister.

Die Präsidenten der hessischen Hochschulen fordern ebenfalls, "alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um ein Überleben des traditionsreichen Blattes als überregionale Qualitätszeitung zu gewährleisten." Der Ruf Frankfurts und des Rhein-Main Gebiets als herausragender Medienstandort habe in den vergangenen Jahren bereits durch die Abwanderung wichtiger Verlage mit nationaler und internationaler Strahlkraft gelitten, heißt es in einer Mitteilung der Präsidenten. Die FR habe sich in besonderem Maße um die regionale und überregionale Hochschulberichterstattung verdient gemacht. "Dies ist in einer Zeit, in der hochschul- und wissenschaftspolitische Themen auch in überregionalen Leitmedien eher auf dem Rückzug sind, ein nicht hoch genug zu wertender Beitrag zur Meinungs- und Willensbildung. Wir hoffen daher, dass Belegschaft und Eigentümer einen Weg finden, um das weitere Erscheinen der Frankfurter Rundschau auch über den 31. Januar 2013 hinaus zu ermöglichen!"
 
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13. November 2012, 14.09 Uhr
mim/nil
 
 
 
 
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