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Rat der Religionen formiert sich
Im Frühjahr 2004 kamen die städtischen Vertreter von Judentum, Christentum, Islam, Buddhismus, Hinduismus, Bahá’i und Sikh erstmals zusammen, um einen Rat der Religionen zu initiieren. „Seit dem haben wir uns intensiv mit Einrichtungen dieser Art in England, den ‚Interfaith Councils’, und bereits bestehenden Konzepten in Stuttgart, Köln und Dormagen beschäftigt“, erklärt Ilona Klemens, Pfarrerin für Interreligiösen Dialog in Frankfurt. „Es stellte sich die Frage, was von den bestehenden Projekten auf die Verhältnisse vor Ort übertragbar ist, wie die Zusammensetzung eines solchen Gremiums aussehen kann und wie wir die Stadt einbinden können.“
Der Modellvorschlag der Initiativgruppe sieht ein Gremium von etwa 25 gewählten Mandatsträgern der rund 150 religiösen Gemeinden des Stadtgebiets vor. Dies setzt voraus, dass sich die jeweiligen Religionsgemeinschaften auf gemeinsame Vertreter einigen. Das würde zum Beispiel für die Christen bedeuten, dass nicht nur die beiden etablierten Großkirchen, sondern auch die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) sowie die Migrantengemeinden fremder Sprache und Herkunft als auch die katholische muttersprachliche Gemeinde mit jeweils nur einem Mandatsträger vertreten wären. Demnach müssten sich beispielsweise auch die 35 muslimischen Gemeinden auf religiöse Sprecher einigen. Der intrareligiöse Dialog würde dadurch gefördert, ein Übergewicht großer Religionsgemeinschaften verhindert. Offen ist wie die Partnerschaft des Rats mit der Politik gestaltet wird und wie eine Geschäftsführung zu organisieren wäre.
Die Mitglieder des Rates verpflichten sich das Grundgesetz und die darin garantierte Religionsfreiheit zu achten, die jeweilige Eigenständigkeit und das Existenzrecht der anderen Religionen zu akzeptieren, das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Würde des anderen zu achten, Gemeinsamkeiten zu suchen, auf Missionierung zu verzichten, jede Form der Diskriminierung zu unterlassen und gewaltfrei mit Konflikten umzugehen.
Als konkretes Beispiel für ein Wirkungsfeld des Rates nannte Ünal Kaymakci von der Islamischen Religionsgemeinschaft Hessen den Streit um den Moscheebau in Hausen. „Ein gegenseitiges Einstehen der Religionen in einem autorisierten Gremium hätte in dem Konflikt sicherlich helfen können.“ Allerdings sieht Kaymakci den Rat nicht nur als Instrument zur Konfliktbewältigung: „Wir wollen auch positive Impulse setzen und sozialgesellschaftlich in der Stadt wirken.“
Rabbiner Menachem Halevi Klein von der Jüdischen Gemeinde Frankfurt sieht das Gebot der Nächstenliebe als Schlüssel zur Zusammenarbeit. „Jeder darf denken, dass seine Religion die beste ist, aber unsere Akzeptanz des Nächsten durch Liebe kann ein gutes Beispiel für alle Menschen liefern.“
Für Dagobert Ossa von der Deutsch-Vietnamesischen Buddhistischen Gemeinde bietet der Rat die Chance, die verschiedenen buddhistischen Gemeinden sozial und kulturell in der Stadtgesellschaft zu integrieren und vor einem Dasein als Parallelgesellschaft zu bewahren.
Der katholische Stadtdekan Raban Tilmann betonte die Eigenständigkeit und Selbstbestimmung der Religionen gegenüber der Politik und untereinander. „Den Rat gibt’s nicht auf Bestellung.“ Jede Religion habe ihren Wahrheitsanspruch, der an einem gemeinsamen Tisch relativiert werde. „Der Papst mag so etwas nicht, es widerspricht dem Absolutheitsanspruch. Aber da wir kein politisches Gremium sind, kann niemand überstimmt werden. Wir müssen uns auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigen.“
Stadträtin Nargess Eskandari-Grünberg (Grüne), die als Integrationsdezernentin ausdrücklich zu Gast war, versicherte ihre volle Unterstützung als politischer Partner des Rates. „Ich werde für den Rat werben und biete mich als neutraler Moderator an, falls es zu Konflikten kommen sollte.“
Den weiteren Fahrplan erläuterte die evangelische Pröpstin für Rhein-Main, Gabriele Scherle: „Wir versenden noch heute die Einladungen zur Teilnahme am Rat der Religionen. Bis zum 6. Oktober erwarten wir die Rückmeldung der Gemeinden mit Nennung der offiziellen Ansprechpartner. Danach werden wir uns daran machen, gemeinsam eine Satzung zu erarbeiten.“
„Wir werden uns gegenseitig kritische Fragen nicht ersparen können“, so Gebhardt abschließend. „Ich weiß, dass uns die Realisten ausschimpfen werden. Dennoch fangen wir heute an, den Traum eines friedlichen Miteinanders zu leben.“
Foto von links: Diether Heesemann, Initiator der ersten Stunde, Ilona Klemens, Nargess Eskandari-Grünberg, Raban Tilmann, Esther Gebhardt, Dagobert Ossa, Rabbiner Menachem Halevi Klein, Ünal Kaymakci und Gabriele Scherle.
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