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Gesichter der Stadt: Thomas Bäppler-Wolf
Der Gert Fröbe vom Main
Thomas Bäppler-Wolf ist Theatermacher, Schauspieler, Politiker und Agentenfan: Im Sommer wird sein zweiter Hessen-Bond „More Time to Drink“ erscheinen. Ein Besuch im Frankfurter Nordend.
Dass er ein echter Frankfurter ist, hört man sofort, denn die Frankfurter Mundart ist eines seiner Markenzeichen: Geboren wurde Thomas Bäppler-Wolf, genannt Bäppi, 1961 in Griesheim. Sein Lebensmittelpunkt ist seit 22 Jahren das Nordend. In der Friedberger Landstraße befand sich das Theatrallalla, in dem er fast 30 Jahre wirkte, zunächst mit seiner Tanzschule, die er 1990 gründete und die nicht wenige Frankfurterinnen und Frankfurter besucht haben. Irgendwann hatte er die Idee, einmal pro Woche eine „Bäppi La Belle-Show“ zu veranstalten, eine Travestie-Show, in der er in verschiedene Rollen schlüpfte.
Parallel dazu trat er im Volkstheater auf, das 2012 seine Pforten schloss. Bäppler-Wolf war dort im letzten aufgeführten Stück „La Cage aux Folles“ zu sehen und beschloss kurzerhand, seine Tanzschule zum Theater zu machen, damit die Mundart-Stücke weiterhin aufgeführt werden können. So wurde das Theatrallalla („Theater und viel Trallalla“) geboren, in dem Bäppler-Wolf zum Beispiel „Sissi – Beuteljahre einer Kaiserin“ oder „Ben Hur und die Ratten der Rennbahn“ zeigte.
Besonders am Herzen lagen ihm die 50er-Jahre-Revuen, eine Dekade, die er verehrt. „Man kann auf der Bühne sehr viel Musik aus dieser Zeit hineinbringen. Jeder kennt die Lieder.“ Ist er ein nostalgischer Mensch? Bäppi überlegt. „Eigentlich nicht. Nur was die Musik betrifft.“ Im Flur seiner Wohnung hängen Dutzende Fotos mit Autogrammen, eins davon zeigt Peter Alexander. „Es gab nie wieder einen solchen Entertainer, der singen, schauspielern und tanzen konnte. Er hat an Weihnachten Millionen Menschen vor die Fernseher getrieben, da war Helene Fischer noch gar nicht auf der Welt.“ Im Mai 2019 war Schluss mit dem Theatrallalla, auch seinen Künstlernamen „Bäppi la Belle“, zu dem ihn die Soul-Sängerin Patti La belle inspirierte, hat er ebenfalls abgelegt. In Rollen schlüpft er nach wie vor. Seit neuestem parodiert er Karl Lauterbach, zu sehen ist „Kall mei Drobbe“ auf Youtube und Facebook.
Eine andere Flurwand in der Bäppler-Wolfschen Wohnung zeigt eine Reihe von Fotos der James-Bond-Darsteller. Bäppi ist ein großer Fan der 007-Reihe. „In Griesheim gab es ein altes Kino, in dem noch geraucht werden durfte. Dort habe ich zum ersten Mal ,Goldfinger‘ gesehen. Gezeigt wurde die Kopie der Kopie der Kopie, die irgendwann mal gerissen war. Es war gruselig, aber Gert Fröbe hat mich so fasziniert und ich habe beschlossen: ,So werd‘ ich auch!‘“ 1973 war das und für Bäppi ist Fröbe bis heute einer der besten Schauspieler aller Zeiten: „Als ich noch 160 Kilo hatte und mit meinem Lodenmantel durch die Stadt gegangen bin, sagten die Leute zu mir: Du siehst aus wie Gert Fröbe in ‚Es geschah am hellichten Tag‘.“ Seine Begeisterung für Fröbe und die Bond-Filme führte dazu, dass Bäppler-Wolf beschloss, selbst eine hessische Version der Agenten-Reihe zu drehen: „Specktre“ mit Bäppi in der Rolle des Bösewichts Wurstfinger. In der Rolle von „M“ ist die ehemalige Oberbürgermeisterin Petra Roth zu sehen. „Leider konnten wir den Film auf keinem Festival zeigen. Mit 45 Minuten ist er für einen Kurzfilm zu lang und für einen Langfilm zu kurz“, so Bäppler-Wolf. Die Bond-Begeisterung führte auch dazu, dass er einen Bond-Club gründete und den Kontakt zu den Darstellern suchte, wenn es möglich war. 1978 hörten Bäppi und sein Schulfreund, der Musiker Talla 2XLC, dass Roger Moore nach Frankfurt kommen soll und so fuhren sie zum Flughafen und passten den Star ab. Moore lud die Beiden spontan auf einen Kaffee ein. Ein zweiter Hessen-Bond ist übrigens in Arbeit und soll im Sommer fertig sein. Details will Bäppi noch nicht verraten, außer, dass jede Menge Frankfurter Kolorit verarbeitet wird und auch der Titel darf schon mal gespoilert werden: „More Time to Drink“.
Seit 2016 spielt Thomas Bäppler-Wolf auch eine politische Rolle. Er sitzt für die SPD im Frankfurter Stadtparlament und ist kulturpolitischer Sprecher seiner Fraktion. Wie es dazu kam? „Ich habe mich oft beschwert und irgendwann hat Mike Josef zu mir gesagt, mach’ es doch besser. Da bin ich eingetreten. Aber eigentlich mache ich nur Politik, damit ich Stoff für meine Shows habe.“ (Vorsicht, Satire!)
Besonders der Zoo liegt ihm am Herzen, der müsse dringend auf den neuesten Stand gebracht werden. „Wir müssen mehr auf Artenschutz achten und die Tiere aus ihren Käfigen lassen.“ In puncto Kultur fürchtet er, dass nach der Pandemie Tausende von Künstlern und Kleinkunstbetrieben auf der Strecke bleiben. In den vergangenen Corona-Jahren habe er insgesamt drei Auftritte gehabt und deshalb sei er froh, dass sein Theater schon vorher wegen der geplanten Günthersburghöfe schließen musste. Er und sein Ehemann Carsten Wolf – die beiden sind seit 2018 verheiratet – haben nach wie vor die Idee, ein neues Theater aufzumachen. „Aber ganz ehrlich, in der momentanen Situation ist das zu riskant.“ Welche Rolle spielt sein Mann, der auch Tanzlehrer ist und heute als Maßschneider arbeitet, in seinem Leben? „Er fährt mich hin und her“, sagt Bäppi und beide lachen. Bäppi nimmt kein Blatt vor den Mund und das hat ihm bei Facebook schon den einen oder anderen Shitstorm eingebracht. „Viele wollen den Spaß nicht kapieren, wenn ich wieder einen Spruch gebracht habe. Ich muss dann immer einen Smiley dahinter setzen oder drunter schreiben, Vorsicht Satire.“
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Dieser Text ist zuerst in der März-Ausgabe (3/22) des JOURNAL FRANKFURT erschienen.
Parallel dazu trat er im Volkstheater auf, das 2012 seine Pforten schloss. Bäppler-Wolf war dort im letzten aufgeführten Stück „La Cage aux Folles“ zu sehen und beschloss kurzerhand, seine Tanzschule zum Theater zu machen, damit die Mundart-Stücke weiterhin aufgeführt werden können. So wurde das Theatrallalla („Theater und viel Trallalla“) geboren, in dem Bäppler-Wolf zum Beispiel „Sissi – Beuteljahre einer Kaiserin“ oder „Ben Hur und die Ratten der Rennbahn“ zeigte.
Besonders am Herzen lagen ihm die 50er-Jahre-Revuen, eine Dekade, die er verehrt. „Man kann auf der Bühne sehr viel Musik aus dieser Zeit hineinbringen. Jeder kennt die Lieder.“ Ist er ein nostalgischer Mensch? Bäppi überlegt. „Eigentlich nicht. Nur was die Musik betrifft.“ Im Flur seiner Wohnung hängen Dutzende Fotos mit Autogrammen, eins davon zeigt Peter Alexander. „Es gab nie wieder einen solchen Entertainer, der singen, schauspielern und tanzen konnte. Er hat an Weihnachten Millionen Menschen vor die Fernseher getrieben, da war Helene Fischer noch gar nicht auf der Welt.“ Im Mai 2019 war Schluss mit dem Theatrallalla, auch seinen Künstlernamen „Bäppi la Belle“, zu dem ihn die Soul-Sängerin Patti La belle inspirierte, hat er ebenfalls abgelegt. In Rollen schlüpft er nach wie vor. Seit neuestem parodiert er Karl Lauterbach, zu sehen ist „Kall mei Drobbe“ auf Youtube und Facebook.
Eine andere Flurwand in der Bäppler-Wolfschen Wohnung zeigt eine Reihe von Fotos der James-Bond-Darsteller. Bäppi ist ein großer Fan der 007-Reihe. „In Griesheim gab es ein altes Kino, in dem noch geraucht werden durfte. Dort habe ich zum ersten Mal ,Goldfinger‘ gesehen. Gezeigt wurde die Kopie der Kopie der Kopie, die irgendwann mal gerissen war. Es war gruselig, aber Gert Fröbe hat mich so fasziniert und ich habe beschlossen: ,So werd‘ ich auch!‘“ 1973 war das und für Bäppi ist Fröbe bis heute einer der besten Schauspieler aller Zeiten: „Als ich noch 160 Kilo hatte und mit meinem Lodenmantel durch die Stadt gegangen bin, sagten die Leute zu mir: Du siehst aus wie Gert Fröbe in ‚Es geschah am hellichten Tag‘.“ Seine Begeisterung für Fröbe und die Bond-Filme führte dazu, dass Bäppler-Wolf beschloss, selbst eine hessische Version der Agenten-Reihe zu drehen: „Specktre“ mit Bäppi in der Rolle des Bösewichts Wurstfinger. In der Rolle von „M“ ist die ehemalige Oberbürgermeisterin Petra Roth zu sehen. „Leider konnten wir den Film auf keinem Festival zeigen. Mit 45 Minuten ist er für einen Kurzfilm zu lang und für einen Langfilm zu kurz“, so Bäppler-Wolf. Die Bond-Begeisterung führte auch dazu, dass er einen Bond-Club gründete und den Kontakt zu den Darstellern suchte, wenn es möglich war. 1978 hörten Bäppi und sein Schulfreund, der Musiker Talla 2XLC, dass Roger Moore nach Frankfurt kommen soll und so fuhren sie zum Flughafen und passten den Star ab. Moore lud die Beiden spontan auf einen Kaffee ein. Ein zweiter Hessen-Bond ist übrigens in Arbeit und soll im Sommer fertig sein. Details will Bäppi noch nicht verraten, außer, dass jede Menge Frankfurter Kolorit verarbeitet wird und auch der Titel darf schon mal gespoilert werden: „More Time to Drink“.
Seit 2016 spielt Thomas Bäppler-Wolf auch eine politische Rolle. Er sitzt für die SPD im Frankfurter Stadtparlament und ist kulturpolitischer Sprecher seiner Fraktion. Wie es dazu kam? „Ich habe mich oft beschwert und irgendwann hat Mike Josef zu mir gesagt, mach’ es doch besser. Da bin ich eingetreten. Aber eigentlich mache ich nur Politik, damit ich Stoff für meine Shows habe.“ (Vorsicht, Satire!)
Besonders der Zoo liegt ihm am Herzen, der müsse dringend auf den neuesten Stand gebracht werden. „Wir müssen mehr auf Artenschutz achten und die Tiere aus ihren Käfigen lassen.“ In puncto Kultur fürchtet er, dass nach der Pandemie Tausende von Künstlern und Kleinkunstbetrieben auf der Strecke bleiben. In den vergangenen Corona-Jahren habe er insgesamt drei Auftritte gehabt und deshalb sei er froh, dass sein Theater schon vorher wegen der geplanten Günthersburghöfe schließen musste. Er und sein Ehemann Carsten Wolf – die beiden sind seit 2018 verheiratet – haben nach wie vor die Idee, ein neues Theater aufzumachen. „Aber ganz ehrlich, in der momentanen Situation ist das zu riskant.“ Welche Rolle spielt sein Mann, der auch Tanzlehrer ist und heute als Maßschneider arbeitet, in seinem Leben? „Er fährt mich hin und her“, sagt Bäppi und beide lachen. Bäppi nimmt kein Blatt vor den Mund und das hat ihm bei Facebook schon den einen oder anderen Shitstorm eingebracht. „Viele wollen den Spaß nicht kapieren, wenn ich wieder einen Spruch gebracht habe. Ich muss dann immer einen Smiley dahinter setzen oder drunter schreiben, Vorsicht Satire.“
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Dieser Text ist zuerst in der März-Ausgabe (3/22) des JOURNAL FRANKFURT erschienen.
6. April 2022, 12.06 Uhr
Jasmin Schülke
Jasmin Schülke
Studium der Publizistik und Kunstgeschichte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Seit Oktober 2021 Chefredakteurin beim Journal Frankfurt. Mehr von Jasmin
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23. Dezember 2024
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