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Ein Besuch bei der Kelterei Possmann

Apfelweinbegeisterung in fünfter Generation

Seit 135 Jahren produziert die Kelterei Possmann Apfelwein. Doch längst gibt es neben den klassischen Stöffschevariationen auch moderne Versionen – von Äppler Hugo bis Spritz. Ein Rundgang bei Possmann.
Nahezu idyllisch mutet die Kelterei Possmann im Industriegebiet von Rödelheim, genauer: in der Eschborner Landstraße, an. Wir stehen im Verkaufsraum der Kelterei, wo die ganzen Possmann’schen Kreationen in Weinkisten dekoriert sind. Süßer, Saft von den Streuobstwiesen, Äppler Hugo und Spritz, Äppler mit Vodka Flavour, Äppler Cider und mit Cola, Adler Schoppe. Apfelwein ist Kult und hat offenbar auch das Zeug zum Lifestylegetränk. „Ich trinke alles, außer Äppler Cola“, sagt Peter Possmann, Spross der Frankfurter Keltereidynastie, der das Unternehmen in fünfter Generation führt. Dennoch gebe es einen Markt für die Mischungen. Und um die richtige Mischung, vor allem das Verschneiden, geht es auch zwei Etagen tiefer, im kühlen Sandsteinkeller, wo der Apfelwein gelagert und produziert wird.

Ab in den Keller
Es riecht leicht alkolholisch-muffig mit einem apfeligen Unterton. Genauso stellt man sich den Duft einer Kelterei vor. Wir stehen zwischen deckenhohen beigegrauen Metalltanks und Eichenholzfässern und wundern uns über den nassen Boden. „Ein feuchter Keller ist ein guter Keller“, erklärt Peter Possmann. Eine gleichbleibend temperierte Umgebung sei unabdingbar. 150 verschiedene Apfelweine sind in den riesigen Tanks gelagert. Unverschnitten, jeder mit einem ganz eigenen Aroma. Die Kellermeister Jochen Mika und Martin Henke verstehen sich darauf, aus diesen Weinen genau den Apfelwein zu kreieren, den der Kunde erwartet, wenn er eine Flasche Possmann Apfelwein im Laden ersteht. Und das hängt ganz von der jeweilige Ernte, von den Apfelsorten, der Region und dem Wetter ab. Der letzte Sommer war etwa zumindest im zweiten Teil sehr warm, die Äpfel waren also schon früh reif und der Zuckergehalt war daher etwas höher. „Grundsätzlich kommt auf einen Liter Apfelwein fünf bis 6,4 Gramm Säure und zwei bis drei Gramm Fruchtzucker, im Unterschied zu 10 bis 15 Gramm Restzucker im herkömmlichen Traubenwein“, erklärt Jochen Mika.

Vom Apfel in die Kelter
Roter Boskoop, Bittenfelder, Rheinischer Bohnapfel, Breattacher, Gewürzluiken, Schafsnase, so klärt ein Plakat im Keller auf, sind Apfelsorten aus denen der Äppler entsteht. Possmann bezieht die Äpfel von Streuobstwiesen im Odenwald, der Wetterau und dem Vordertaunus – nicht von eigenen Plantagen, sondern in Kooperation mit Landwirten. Auch Privatpersonen liefern ihre Äpfel an. „Diese bekommen sie entweder bezahlt oder sie erhalten von uns Getränke übers Jahr“, sagt Possmann. Bis zu 700 Tonnen Äpfel täglich werden bei Possmann angeliefert, im September und Oktober fahren die LKW bis zu sechs Tage in der Woche vor. Und trotz der Menge – bis zu 15 000 Tonnen bringt eine Ernte, die zehn Wochen lang dauert – gelingt es, die Äpfel binnen sechs bis acht Stunden in Saft weiterzuverarbeiten. In einen Apfelsilo passen 300 Tonnen der Früchte, die gewaschen, gemahlen und gepresst werden. Mit Hefe wird der Saft dann vergoren.

„Apfelwein ist lange lagerfähig, wenn er dunkel und kalt gelagert wird“, sagt Peter Possmann. „Aber eigentlich sollte Apfelwein den ersten Geburtstag nicht erleben. Gut, das ist Marketing“, sagt Possmann und grinst. Recht aber hat er: Anders als beim Traubenwein werde der Apfelwein gelagert nicht besser, vielmehr baue er langsam Säure ab und verliere so an Frische.

Stöffsche aus dem U-Boot
Eine ganz besondere Lagerungsstätte sind die drei acht Meter hohen und 35 meter langen Drucktanks aus U-Booten, in denen die Säfte und Weine lagern. Eigentlich sollten die U-Boote 1942 von den Nationalsozialisten in der Nordsee verwendet werden. Letztlich aber nahm die US-amerikanische Besatzungsmacht die U-Boote an sich, lagerte sie zunächst am Osthafen und veräußerte sie an die Kelterei. Denn in der entbehrungsreichen Nachkriegszeit mangelte es der Familie Possmann an Lagermöglichkeiten. Jeweils 418 000 Liter passen in die insgesamt drei U-Boot-Tanks. Insgesamt hat die Kelterei die Möglichkeit 15 Millionen Liter Apfelwein einzulagern.

50 Mitarbeiter hat Possmann, wovon zwanzig im Vertrieb, in der Verwaltung und der Buchhaltung arbeiten. Sogar Mitarbeiterwohnungen gebe es auf dem Areal, sagt der Firmenchef. Jedes neue Getränk wandert über den Tisch von Peter Possmann. Die neuen Kreationen würden durch eine ganz besondere Art der Marktforschung entwickelt. Man schaue, was die Leute in der Welt so trinken und überlege, ob man das auch umsetzen könne. „Wir setzen uns mit den Kellermeistern zusammen und experimentieren, dann dürfen es die Mitarbeiter probieren und es wird in der angrenzenden Gaststätte ausgeschenkt. „Da steht überall mein Name drauf, das ist eine sehr persönliche Angelegenheit“, sagt Possmann.

Von Generation zu Generation
Er hat selbst eine Tochter und einen Sohn sowie Geschwister. Theoretisch ist damit der Fortbestand des Familienunternehmens, das auf Qualität statt Masse und auf Regionalität und Nachhaltigkeit setzt, gesichert. Wobei auch Peter Possmann sich einen Ruck hatte geben müssen. „Ich habe als Kind hier im Keller gespielt und im Tank meine Matchboxautos fahren lassen“, erinnert sich der Unternehmer. Später sei er viel im Ausland gewesen und erst allmählich sei ihm gewahr geworden, dass es eine besondere Aufgabe sei, ein so traditionsreiches Familienunternehmen zu führen. Und das exportiert das Stöffsche sogar in die USA, nach Thailand und Japan. Längst ist auch das Stöffsche nicht mehr nur auf Hessen beschränkt, selbst die Bayern sind dafür zu haben.

Wer von Apfelwein nie genug bekommen kann: Am 10. April findet von 11 bis 18 Uhr die 8. Internationale Apfelweinmesse im Gesellschaftshaus des Palmengartens statt. Mehr als 200 verschiedene Spezialitäten gibt es zu verkosten von mehr als 80 Ausstellern aus 15 Nationen. Gastland ist übrigens Japan und Possmann wird auch vertreten sein. Alle Infos: www.apfelweinweltweit.de
 
Fotogalerie: Possmann
 
4. April 2016, 11.30 Uhr
Nicole Brevoord
 
Nicole Brevoord
Jahrgang 1974, Publizistin, seit 2005 beim JOURNAL FRANKFURT als Redakteurin u.a. für Politik, Stadtentwicklung, Flughafen, Kultur, Leute und Shopping zuständig – Mehr von Nicole Brevoord >>
 
 
 
 
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