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Türkisches Filmfestival in Frankfurt
„Filme mit existenzieller Wucht“
Zum 16. Mal findet ab Samstag das türkische Filmfestival in der Mainmetropole statt. Neben dem Wettbewerb türkischer Arthouse-Filme gibt es ein buntes Rahmenprogramm.
Beim türkischen Filmfestival werden vom 30. Oktober bis zum 5. November 40 Filme türkischer und deutsch-türkischer Filmemacher in Frankfurt und Umgebung gezeigt. Eröffnet wird das 16. Türkische Filmfestival am Samstag bei einer feierlichen Gala im Palais im Zoo. „Es ist nicht einfach gewesen, das Programm zusammenzustellen“, meinte Festivalleiter Hüseyn Sitki im Vorfeld. Eine Kommission in Istanbul und Frankfurt und er selbst haben die Filme des Festivals schließlich ausgesucht. Mit Beginn des Festivals stehen die zehn Arthouse-Werke im Mittelpunkt, die im Wettbewerb gegeneinander antreten und allesamt Kinoproduktionen aus der Türkei sind.
Viele Dramen
Filmfreund Ralph Förg verspricht „eine große Bandbreite, viele Themen und viele Genres“ in den gezeigten Filmen. Viele der Werke hätten eine „existenzielle Wucht“ und überzeugten auch durch eindrückliche Naturdarstellungen. Seit 14 Jahren unterstützt der Geschäftsführer vom Filmhaus Frankfurt das Festival. Tatsächlich geht es in diesem Jahr um arrangierte Ehen („The Half“), verarmte Regionen („Snow Pirates“), Patriarchismus („Secret“), Hoffnung („Cold of Kalandar“) und spannungsgeladene Konflikte („Ivy“). Den Schwerpunkt bilden Dramen. Eine besondere Empfehlung spricht Förg für „Snow Pirates“ aus, einem Film über die Kindheit dreier Freunde zu Zeiten der Militärdiktatur. „Die Darstellung der Kindheit in einem fremden Land weckt Erinnerungen in jedem Zuschauer“, ist sich der Geschäftsführer vom Filmhaus sicher: „Der Film hebt die Story aus dem Kontext hinaus und könnte auch in anderen Ländern spielen.“
Wettbewerb und Rahmenprogramm
Eine siebenköpfige Jury aus deutschen Filmschaffenden wählt die Preisträger des Wettbewerbs. Dokumentarfilmer, Regisseure, Filmkritiker und Mitarbeiter des Kinder- und Filmbüros Hessen zählen zur Kommission. Ausgezeichnet werden die besten Leistungen in den Kategorien Regie, Kamera, Drehbuch und Musik. Daneben gibt es zwei Darstellerpreise sowie die Hauptrubrik „Bester Film“. Alle Filmpreise sind undotiert. Zusätzlich bestimmen die Besucher des Festivals durch die Zuschauerzahlen den Publikumspreis: Der Film mit den meisten Kinogängern gewinnt.
Außerhalb des Wettbewerbs wird im FilmForum Höchst auch einer der seltenen Kinoerfolge außerhalb der türkischen Community gezeigt: das Drama „Mustang“. Die türkisch-französisch-deutsche Co-Produktion über fünf Schwestern aus einem kleinen anatolischen Dorf, die sich gegen Grenzen auflehnen und für Freiheit kämpfen, überzeugte 2015 Kritiker und Publikum gleichermaßen. „Mustang“ wurde beim Filmfestival in Cannes ausgezeichnet und erhielt Nominierungen für den Golden Globe und den Oscar. Der Film sei laut Förg auch ein Beleg, dass türkische Filme international anerkannt seien.
Bereits zum vierten Mal findet im Rahmen des Festivals auch das Projekt „Film im Gefängnis“ statt. In diesem Jahr wird der Kinofilm „Fack Ju Göhte 2“ in der Justizvollzugsanstalt Preungesheim gezeigt. Junge Cineasten der Max-Beckmann-Schule in Bockenheim setzen sich mit dem deutsch-türkischen Kinoerfolg „Hördur – Zwischen den Welten“ auseinander. Zum Rahmenprogramm gehören auch Dokumentarfilme zum Thema „Exil in der Türkei“, Konzerte, Podiumsdiskussionen und ein Filmforum unter dem Motto „Arbeitswelt“.
Erstmals Festivalpass
Da die Filme entweder in einer synchronisierten deutschen Fassung oder mit Untertiteln in deutscher oder englischer Sprache gezeigt werden, kann nicht nur die türkische Community im RheinMain-Gebiet die Filme aus ihrem Heimatland ansehen. Die meisten Filme werden im Cinestar Metropolis gezeigt, aber auch das FilmForum Höchst und Orfeo’s Erben gehören zu den Spielorten. Daneben werden vereinzelte Werke in Offenbach, Mühlheim, Dietzenbach und Langen gespielt. Dank des neuen Festivalpasses haben die Besucher erstmals die Möglichkeit, für 25 Euro alle vorgeführten Filme anzuschauen.
Finanzielle Unterstützung nötig
Auch in politisch unruhigen Zeiten will sich das Festival nicht explizit politisch positionieren, vielmehr sehen sich die Verantwortlichen als Forumsgeber. Man wolle den türkischen Künstlern eine Plattform für ihre Filme bieten und so die Freunde in Südosteuropa unterstützen, sind sich Förg und Sitki einig. Das Festival sei ein Symbol dafür, dass Zusammenarbeit und Kommunikation funktioniere, meint der Geschäftsführer des Filmhauses.
Festivalleiter Hüseyin Sitki wies ausdrücklich auf die Zusammenarbeit mit der Stadt und die zahlreichen Unterstützer hin, ohne die das Festival nicht realisierbar sei. Immerhin 60 bis 70 Prozent des Budgets würden durch die Premiumpartner und Sponsoren des Festivals gestellt, für den Rest sorgten unter anderem städtische Förderungen und das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst, erzählte Sitki. Ministerpräsident Volker Bouffier, Minister Boris Rhein, Oberbürgermeister Peter Feldmann und der türkische Generalkonsul M. Mustafa Celik übernehmen dieses Jahr die Schirmherrschaft. Die Frankfurter Saalbau GmbH habe zusätzlich bei den Mieten für die Kinosäle im Cinestar geholfen.
Streit in der Vergangenheit
Die Verantwortung des Türkischen Filmfestivals liegt beim Verein „Transfer zwischen den Kulturen“. Festivalleiter Sitki war im letzten Jahr mit dem Verein in die Schlagzeilen geraten. Die ehemalige Organisatorin des Festivals, Ayfer Arslan, klagte 2015 wegen nicht erfüllter Zahlungen vor dem Frankfurter Landgericht. Neben einem privaten Darlehen ging es dabei auch um das versprochene Gehalt aus dem Jahr 2010. Arslans Klage hatte Erfolg: Ein Teil der geforderten Summe wurde ihr vom Gericht zugesprochen. Sitki musste Arslan ein privates Darlehen von 6000 Euro zurückzahlen, zudem wurde der Verein verpflichtet, der ehemaligen Organisatorin 10000 Euro zuzüglich fünf Prozent Zinsen als Gehalt zu zahlen. Ähnliche Streitigkeiten dürfte es in Zukunft nicht mehr geben. Wie Sitki bei der Pressekonferenz zum 16. Filmfestival betonte, arbeiten alle seine Mitarbeiter nun ehrenamtlich.
>> 16. Türkisches Filmfestival Frankfurt, 30.10. – 5.11., verschiedene Spielorte in Frankfurt und Umgebung, Festivalpass für alle Filme 25 Euro, weitere Informationen zu Tickets und den Spielplan finden Sie auf www.turkfilmfestival.de
Viele Dramen
Filmfreund Ralph Förg verspricht „eine große Bandbreite, viele Themen und viele Genres“ in den gezeigten Filmen. Viele der Werke hätten eine „existenzielle Wucht“ und überzeugten auch durch eindrückliche Naturdarstellungen. Seit 14 Jahren unterstützt der Geschäftsführer vom Filmhaus Frankfurt das Festival. Tatsächlich geht es in diesem Jahr um arrangierte Ehen („The Half“), verarmte Regionen („Snow Pirates“), Patriarchismus („Secret“), Hoffnung („Cold of Kalandar“) und spannungsgeladene Konflikte („Ivy“). Den Schwerpunkt bilden Dramen. Eine besondere Empfehlung spricht Förg für „Snow Pirates“ aus, einem Film über die Kindheit dreier Freunde zu Zeiten der Militärdiktatur. „Die Darstellung der Kindheit in einem fremden Land weckt Erinnerungen in jedem Zuschauer“, ist sich der Geschäftsführer vom Filmhaus sicher: „Der Film hebt die Story aus dem Kontext hinaus und könnte auch in anderen Ländern spielen.“
Wettbewerb und Rahmenprogramm
Eine siebenköpfige Jury aus deutschen Filmschaffenden wählt die Preisträger des Wettbewerbs. Dokumentarfilmer, Regisseure, Filmkritiker und Mitarbeiter des Kinder- und Filmbüros Hessen zählen zur Kommission. Ausgezeichnet werden die besten Leistungen in den Kategorien Regie, Kamera, Drehbuch und Musik. Daneben gibt es zwei Darstellerpreise sowie die Hauptrubrik „Bester Film“. Alle Filmpreise sind undotiert. Zusätzlich bestimmen die Besucher des Festivals durch die Zuschauerzahlen den Publikumspreis: Der Film mit den meisten Kinogängern gewinnt.
Außerhalb des Wettbewerbs wird im FilmForum Höchst auch einer der seltenen Kinoerfolge außerhalb der türkischen Community gezeigt: das Drama „Mustang“. Die türkisch-französisch-deutsche Co-Produktion über fünf Schwestern aus einem kleinen anatolischen Dorf, die sich gegen Grenzen auflehnen und für Freiheit kämpfen, überzeugte 2015 Kritiker und Publikum gleichermaßen. „Mustang“ wurde beim Filmfestival in Cannes ausgezeichnet und erhielt Nominierungen für den Golden Globe und den Oscar. Der Film sei laut Förg auch ein Beleg, dass türkische Filme international anerkannt seien.
Bereits zum vierten Mal findet im Rahmen des Festivals auch das Projekt „Film im Gefängnis“ statt. In diesem Jahr wird der Kinofilm „Fack Ju Göhte 2“ in der Justizvollzugsanstalt Preungesheim gezeigt. Junge Cineasten der Max-Beckmann-Schule in Bockenheim setzen sich mit dem deutsch-türkischen Kinoerfolg „Hördur – Zwischen den Welten“ auseinander. Zum Rahmenprogramm gehören auch Dokumentarfilme zum Thema „Exil in der Türkei“, Konzerte, Podiumsdiskussionen und ein Filmforum unter dem Motto „Arbeitswelt“.
Erstmals Festivalpass
Da die Filme entweder in einer synchronisierten deutschen Fassung oder mit Untertiteln in deutscher oder englischer Sprache gezeigt werden, kann nicht nur die türkische Community im RheinMain-Gebiet die Filme aus ihrem Heimatland ansehen. Die meisten Filme werden im Cinestar Metropolis gezeigt, aber auch das FilmForum Höchst und Orfeo’s Erben gehören zu den Spielorten. Daneben werden vereinzelte Werke in Offenbach, Mühlheim, Dietzenbach und Langen gespielt. Dank des neuen Festivalpasses haben die Besucher erstmals die Möglichkeit, für 25 Euro alle vorgeführten Filme anzuschauen.
Finanzielle Unterstützung nötig
Auch in politisch unruhigen Zeiten will sich das Festival nicht explizit politisch positionieren, vielmehr sehen sich die Verantwortlichen als Forumsgeber. Man wolle den türkischen Künstlern eine Plattform für ihre Filme bieten und so die Freunde in Südosteuropa unterstützen, sind sich Förg und Sitki einig. Das Festival sei ein Symbol dafür, dass Zusammenarbeit und Kommunikation funktioniere, meint der Geschäftsführer des Filmhauses.
Festivalleiter Hüseyin Sitki wies ausdrücklich auf die Zusammenarbeit mit der Stadt und die zahlreichen Unterstützer hin, ohne die das Festival nicht realisierbar sei. Immerhin 60 bis 70 Prozent des Budgets würden durch die Premiumpartner und Sponsoren des Festivals gestellt, für den Rest sorgten unter anderem städtische Förderungen und das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst, erzählte Sitki. Ministerpräsident Volker Bouffier, Minister Boris Rhein, Oberbürgermeister Peter Feldmann und der türkische Generalkonsul M. Mustafa Celik übernehmen dieses Jahr die Schirmherrschaft. Die Frankfurter Saalbau GmbH habe zusätzlich bei den Mieten für die Kinosäle im Cinestar geholfen.
Streit in der Vergangenheit
Die Verantwortung des Türkischen Filmfestivals liegt beim Verein „Transfer zwischen den Kulturen“. Festivalleiter Sitki war im letzten Jahr mit dem Verein in die Schlagzeilen geraten. Die ehemalige Organisatorin des Festivals, Ayfer Arslan, klagte 2015 wegen nicht erfüllter Zahlungen vor dem Frankfurter Landgericht. Neben einem privaten Darlehen ging es dabei auch um das versprochene Gehalt aus dem Jahr 2010. Arslans Klage hatte Erfolg: Ein Teil der geforderten Summe wurde ihr vom Gericht zugesprochen. Sitki musste Arslan ein privates Darlehen von 6000 Euro zurückzahlen, zudem wurde der Verein verpflichtet, der ehemaligen Organisatorin 10000 Euro zuzüglich fünf Prozent Zinsen als Gehalt zu zahlen. Ähnliche Streitigkeiten dürfte es in Zukunft nicht mehr geben. Wie Sitki bei der Pressekonferenz zum 16. Filmfestival betonte, arbeiten alle seine Mitarbeiter nun ehrenamtlich.
>> 16. Türkisches Filmfestival Frankfurt, 30.10. – 5.11., verschiedene Spielorte in Frankfurt und Umgebung, Festivalpass für alle Filme 25 Euro, weitere Informationen zu Tickets und den Spielplan finden Sie auf www.turkfilmfestival.de
26. Oktober 2016, 17.22 Uhr
Nicole Nadine Seliger
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