Der Kreationismus hält Einzug in Hessens Schulen

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Unsere hessiche Kultusministerin und ehemalige Religionslehrerin Karin Wolff (CDU) möchte, das der biblische Schöpfungmythos im Biologieunterricht behandelt wird. Im Gespräch mit der FAZ nennt sie das einen "modernen Biologierunterricht".
Haben es die Kreationisten damit bereits bis in das christdemokratisch geführten Kultusministerium geschafft? Noch weist die Ministerin zwar den Vorwurf zurück, selbst Kreationistin zu sein. Ihre wiederholtes Engagement in dieser Sache und ihre Wortwahl lassen aber vermuten, dass sie diesen religiösen Fundamentalisten näher steht als sie es vielleicht selbst wahrhaben will. "Die Ministerin benutzt die Sprache der Kreationisten und fällt auf deren Tricks herein", zitiert Spiegel Online Ulrich Kutschera, stellvertretender Vorsitzende des Biologenverbandes und Professor für Evolutionsbiologie an der der Universität Kassel. So spreche Wolff von einer Evolutions- und einer Schöpfungstheorie. "Aber diese Wortwahl ist ein Taschenspielertrick der Kreationisten, denn es gibt einerseits die Schöpfungsmythen und andererseits eine Evolutionsbiologie."

So sieht Karin Wolff auch "eine erstaunliche Übereinstimmung" zwischen der Erzählung von den sieben Schöpfungstagen und der wissenschaftlichen Theorie. Dabei sei die Sieben-Tage-Erzählung allerdings kein naturwissenschaftlicher Abriss – vielmehr werde das Verhältnis von Gott und den Menschen und den Menschen untereinander aufgezeigt. Die FR fragt sich deswegen, worin denn dann diese "erstaunliche Übereinstimmung" bestünde, und titelt in der jüngsten Samstagsausgabe "Verdummung auf Hessisch". Und kommentiert treffend: "Wir beginnen zu ahnen, von wie weit oben die deutsche PISA-Schwäche kommt".
Die Süddeutsche Zeitung weist darauf hin, dass in keinem Bundesland die Evolutionstheorie vor dem elften Schuljahr unterrichtet wird. "Wer also mit Mittlerer Reife abschließt, wird in der Schule mit der Evolutionsbiologie gar nicht vertraut gemacht. Warum dann auch noch im Biologieunterricht die Schöpfungsgeschichte lehren, wenn diese vom ersten Schuljahr im Religionsunterricht vermittelt wird? Andererseits: Wenn man schon unterschiedliche "Theorien" unterrichtet, warum dann nicht auch die Astronomie durch die Astrologie ersetzen? Oder die Mathematik durch Zahlenmystik?" fragt sich nicht nur die Süddeutsche.

Einen kleinen Vorgeschmack auf das, was auf unsere Kinder bald zukommen könnte, gibt dieser Auszug aus einem "Schulbuch", dass u. a. an Schulen in Gießen (der privatschule August-Herrmann-Francke-Schule und der staatlichen Liebig-Schule) im Biologie-Unterricht verwendet wurde. Dieser Lückentext, der von den Schülern mit den fehlenden Begriffen ergänzt werden soll, lautet ausgefüllt:


Die [Kontinentalverschiebung] setzte erst nach der Sintflut ein. Gott schickte die [Sintflut] auf die Erde, weil die [Menschen] so böse waren, aber Noah fand [Gnade] vor dem Herrn. (... und weiter geht's nach der Flut:) Der Mensch isst jetzt Fleisch, es gibt Naturkatastrophen und Klimaprobleme, Menschen werden nicht mehr so alt.


(aus: “Evolution. Ein kritisches Lehrbuch


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