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20 Jahre Theater

„Theater ist für mich mehr als das Leben“

Er selbst bezeichnet sich als „extremen Theatermenschen“. Seit 50 Jahren macht Willy Praml schon Theater und seit 20 Jahren inszeniert er auf der Bühne der Frankfurter Naxos-Halle.
„Theater ist für mich mehr als das Leben. Theater spiegelt nicht einfach nur das Leben wider. Je überhöhter das Theater sich zeigt, umso stärker sind die Parallelen zu unserem eigenen Leben. Theater ist der Ort, wo all das ausgedrückt werden kann, was wir nicht ausdrücken können.“ Das sagt der Theatermacher Willy Praml, der im Jahr des zwanzigjährigen Jubiläums seines Theaters ein besonderes Geburtstagsgeschenk erhalten hat: den mit 50.000 Euro dotierten Binding-Kulturpreis. Damit befindet er sich in bester Gesellschaft, haben doch vor ihm beispielsweise Michael Quast, Heiner Goebbels, das Ensemble Modern oder der Mousonturm den Preis bekommen.

Seit 50 Jahren macht der Leiter und Regisseur des Theaters Willy Praml nun schon Theater. Der 1941 im bayerischen Landshut als Sohn eines Metzger-Ehepaares Geborene studierte Geschichte, Germanistik und Geografie. Sein Vater wollte nicht, dass er Schauspieler wird. Das Theater aber ließ Willy Praml nicht los: Er leitete internationale Theaterseminare, arbeitete als hauptamtlicher Dozent für Theater und Kulturarbeit, entwickelte neue Theaterformen in hessischen Dörfern und gründete schließlich 1991 das Theater Willy Praml.

Mit seinem Theater in der Frankfurter Naxos-Halle bespielt er nun seit 20 Jahren die, wie er sagt, „wahrscheinlich größte Spielstätte Mitteleuropas“ - die er sich schwer erobert hat. Denn lange Zeit kamen seine Aktivitäten auf Naxos einer Quasi-Besetzung gleich, und er wurde nur geduldet. Wenn man die Halle sieht, versteht man, dass er sie nicht verlassen wollte: Es ist eine wunderbare Industriehalle, die letzte erhaltene dieser Art in Frankfurt. Eine Industriekathedrale geradezu, ein eindrucksvoller Ort für Theater, die Praml an die hundert Mal im Jahr in eine Theater- und Spielkathedrale verwandelt. Mit einem vielseitigen Programm, das von Goethe, Schiller und Kleist bis hin zu Brecht, Karl Valentin oder Heiner Müller reicht. Bekannte große Stücke und Stoffe werden ebenso gespielt wie selten inszenierte ungewöhnlichere Werke und Theaterarbeiten. Und immer wieder arbeitet Praml bei seinen Inszenierungen auch mit Laien. Und so bringt er nicht selten etwas zusammen, was Reibung erzeugt: alte und neue Stücke, Menschen unterschiedlicher Schichten und mit unterschiedlichem kulturellen Hintergrund.

Praml holte bereits Laien auf die Bühne, lange bevor diese zum scheinbar neuen Phänomen ausgerufen wurden und landauf landab die Bühnen stürmten. Bereits in den 70er Jahren inszenierte Praml mit Lehrlingen Brecht. Außerdem führte er mit Dorfbewohnern aus dem Hintertaunus zur Aufarbeitung ihrer Geschichte im Nationalsozialismus ein Requiem über das Dritte Reich auf. Mit Bewohnerinnen eines Seniorenheims brachte er 2001 „Briefe an Adolf Hitler (Dokumente aus der Reichskanzlei)“ auf die Bühne - eine Inszenierung bei der Frauen im Alter von 65 bis 85 Jahren aus realen Briefen an Adolf Hitler lasen. „Sie haben gespielt, als wären sie wieder Teenager“, erinnert sich Praml begeistert. Der Geschichte seiner Spielstätte, der Naxoshalle, widmete er sich 2007 mit einem Stück, das aus Gesprächen mit den ehemaligen Angestellten der Naxos-Union entstanden war. „Eine wahnsinnig tolle Sammlung von Geschichten“ - schwärmt Praml noch heute von dem, was die Menschen zu erzählen hatten.

Wie er auf solche Stoffe und Ideen kam? Praml sagt, dass er Theater gemacht habe mit Leuten, deren Stoffe in der Luft lagen. Diese Stoffe ziehen auch Menschen an, und so entsteht sein Theater, das dem gefühlten Auftrag „Theater für alle“ zu machen, folgt. Ein aktuelles Thema für jedermann steht nun auch mit dem „Jedermann“ von Hugo von Hofmannsthal ab dem 29. Juli auf dem Spielplan. Auch bei dieser Inszenierung wirken neben seinem Ensemble wieder Laien mit. Ursprünglich wollte er es in der Taunusanlage, umzingelt von den Bankentürmen aufführen. „Dort, wo es hingehört“, meint Praml, „schließlich ist es ein Stück über Geld.“ Aufgeworfen wird die Frage: Was bleibt vom Gel d im Angesicht des Todes? Denn der wohlhabende Jedermann sieht sich mit dem Tod konfrontiert. Und ihm wird klar, dass ihn die Menschen seiner Umgebung eben so wenig ins Grab begleiten wollen wie sein Geld. Nicht weniger als der Sinn des Lebens steht also mit diesem Stück auf dem Spiel.

Hat das Theater für den extremen Theatermenschen Willy Praml eine sinnstiftende Funktion? „Ich habe so viel Theater gemacht, dass ich vergessen habe, Geld zu verdienen. Geld verdienen allein macht für mich keinen Sinn. Aber ohne Geld kann man auch kein Theater machen. Die Frage nach dem Sinn möchte ich aber gerne aufwerfen mit dem Stück.“
 
Fotogalerie:
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14. Juli 2011, 17.30 Uhr
Astrid Biesemeier (pia)
 
 
 
 
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