Zwischenruf von Harald Fiedler

Warum wir Gewerkschaften brauchen

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„Die Verteilungskämpfe zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern sind härter geworden“, sagt Harald Fiedler, Geschäftsführer des Deutschen Gewerkschaftsbundes Frankfurt / Rhein Main.

Harald Fiedler /

Es gibt zahlreiche junge, gut ausgebildete Menschen, die mit Gewerkschaften nichts oder nur wenig anfangen können. Sie vertreten ihre materiellen Ansprüche gegenüber dem Chef, gestalten ihre Arbeit weitgehend individuell und gründen eine Familie. Der Ruhestand ist weit weg. Arbeitsmarktpolitische Errungenschaften sind in unserem Land selbstverständlich. Da gibt es Tariflohn, Urlaubsanspruch, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Kündigungsschutz, Urlaubs-und Weihnachtsgeld und anderes mehr. Es gibt also Regeln durch Gesetze zwischen Unternehmen und Vertretungen der Belegschaften.

Das alles erforderte lange und teilweise schwere Auseinandersetzungen: In Verhandlungen, Streiks und Demonstrationen wie wir sie gerade jetzt in der Metall- und Elektroindustrie erleben. Jeder für sich alleine hätte hier Probleme. Man stelle sich die Wirkung einer Streikandrohung einzelner Beschäftigter vor. Die Lacher wären zur Stelle. Solche Dinge gemeinsam anzugehen ist der Gedanke, der Gewerkschaften zugrunde liegt. Auch keiner Gewerkschaft angehörende Arbeitnehmer kommen in den Genuss der Tarifverträge, etwa der Erhöhung des Einkommens. Unsere Solidarität gilt auch ihnen. Ein gegeneinander Ausspielen der Arbeitnehmer wird erschwert, da alle durch die Tarifverträge wissen, was ihre Arbeit wert ist.

Besonders verwerflich sind die Versuche, aus Flüchtlingen Billigarbeitskräfte zu machen mit Löhnen weit unter der Mindestlohngrenze. Der gewerkschaftlich durchgesetzte Mindestlohn kommt gegenwärtig etwa fünf Millionen Beschäftigten zugute. Die Verteilungskämpfe zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, also den Tarifpartnern sind härter geworden. Die Reichen werden reicher, die Armen werden ärmer. Die riesigen Profite der Banken, Versicherungen und Großunternehmen dienen nicht der Schaffung neuer Arbeitsplätze, sie werden häufig an der Börse verzockt. Die Gewerkschaften erfahren Tarifangebote, die unterhalb der Teuerungsrate bleiben sollen. Das werden sie nicht hinnehmen. Denn das vorhandene Geld ist nur falsch verteilt.

Man muss Gewerkschaften nicht lieben. Aber politisch Verantwortliche sollten sich mit unseren Argumenten auseinandersetzen. Wenn, wie in Frankfurt, 61 Prozent bei der Kommunalwahl Zuhause bleiben und mehrere rechtspopulistische Parteien in den Römer einziehen, dann muss auch die Kommunalpolitik umsteuern. Sie muss sich der vorrangigen Probleme Wohnen, Arbeit, Gesundheit, Bildung und Bürgerbeteiligung annehmen. Auch hierzu gibt es brauchbare Anregungen aus den Reihen der Frankfurter Gewerkschaften. Wir sind und bleiben kompetente Mahner für die Interessen derjenigen, die keine Lobby haben.


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