Trotz Corona-Krise leiden die Tiere im Frankfurter Zoo nicht unter Versorgungs- oder Pflegeengpässen. Anders sieht es bei ihren wildlebenden Artgenossen aus. Zoo und Zoologische Gesellschaft sorgen sich um die Schutzgebiete der Tiere.
Johanna Wendel /
Im Juni gab es im Frankfurter Zoo doppelten Nachwuchs im Bongo-Gehege: Forrest, wegen seiner Beinprobleme nach Forrest Gump benannt, und Pili, deren Name auf Suaheli „die Zweite“ bedeutet. Die afrikanischen Antilopenart hat im Frankfurter Zoo einen sicheren Lebensraum. So wie den anderen fast 450 Tierarten im Ostend mangelt es ihnen während der Corona-Pandemie weder an Nahrung noch an Pflege. Anders sieht das bei den in Wildnis lebenden Bongos aus.
„Mittlerweile leben vier mal so viele Bongos in Zoos wie im tropischen Bergenwald Afrikas“, erklärt Zoodirektor Miguel Casares. Der Wildbestand dieser Unterart betrage nur noch 70 bis 80 Tiere. Laut Roter Liste sind ostafrikanische Bongos vom Aussterben bedroht. Mit „Hinter dem Zoo geht’s weiter“ wollen der Zoo Frankfurt und die Zoologische Gesellschaft Frankfurt auf den Schutz von Tropenwäldern und den dort lebenden Tieren sowie weitere Probleme, die durch die Corona-Krise verstärkt hinzukommen, aufmerksam machen.
„Wir sind so auf Corona fixiert, dass wir die anderen großen Krisen gar nicht mehr mitbekommen. Auch die Umwelt und die biologische Vielfalt sind nach wie vor bedroht“, so der Geschäftsführer der Zoologischen Gesellschaft (ZGF) Christof Schenk. „Wir haben die Büchse der Pandora geöffnet. Wir wollen keine Schwarzmaler sein, aber im Bezug auf Pandemien zeichnen Experten ein ähnlich düsteres Bild wie für die Umwelt und die Artenvielfalt. Wir werden mehr solcher Krankheiten erleben.“
Der Schutz natürlicher Lebensräume sei elementar für das Wohlergehen der Menschheit. Dadurch, dass es durch das Sterben der Tiere weniger Wirte für die Viren gebe, würden diese sich automatisch stärker bei einzelnen Wirten ausprägen. „Krankheiten wie Covid-19 entstehen eher in geschädigten Ökosystemen. Daher sind Biodiversitäts- und Klimaschutz auch unser bester Schutz vor weiteren Pandemien dieser Art“, führt Schenk aus.
Mehr Unterstützung für Schutzgebiete
In Nationalparks in Afrika oder Südamerika sei mit der Pandemie zudem der Tourismus, und damit eine wichtige Finanzquelle der Parks, weggebrochen. Die Ranger könnten deshalb nicht mehr bezahlt werden. Niemand schütze die Tiere dann vor Wilderern. Um überhaupt Geld zu verdienen, würden die Ranger sich zudem ebenfalls vermehrt illegalen Aktivitäten zuwenden und Wilderei, Abholzung und den Abbau von Bodenschätzen wie Gold betreiben. „Wenn wir uns hier Gold kaufen, sollten wir uns Gedanken darüber machen, welche Auswirkungen das auf die Herkunftsgebiete hat“, so der ZGF-Geschäftsführer Schenk.
Dabei müsste auch der Schutz von indigenen Völkern bedacht werden, erläutert Schenk. Diese könnten bereits an einem einfachen Grippevirus sterben. Es sei eine sowohl menschlich, ethisch als auch moralisch eine schwierige Situation. Deshalb müssten die Schutzgebiete dauerhaft stabilisiert und eine nachhaltige und vom Tourismus unabhängigere Sicherung geschaffen werden, erläutert Schenk. „In letzter Zeit wurde viel über Systemrelevanz gesprochen. Um Pandemien wie Corona in Zukunft zu verhindern, sind große Wildgebiete systemrelevant.“
In einer Vorstandssitzung am Mittwoch wollen Zoo und Zoologische Gesellschaft über einen Nachtragshaushalt sprechen, um den Naturschutz voranzutreiben. Auch über einen sogenannten „Naturschutz-Euro“, eine Art Solidaritätsbeitrag von Einzelnen, werde man sprechen. In der Serengeti fehlen Beträge im zwei- bis dreistelligen Millionenbereich, doch jeder Euro sei ein guter Euro, wenn er in die Schutzgebiete investiert werde.