In großen Gruppen stürmen sie die Geschäfte auf der Jagd nach deutscher Qualitätsware: chinesische Touristen beleben den Frankfurter Einzelhandel. Ein Potenzial, das noch nicht voll ausgeschöpft ist.
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Erst vor kurzem setzte die New York Times Frankfurt auf Platz zwölf ihres Rankings „52 Places to Go in 2014“. Dass die Stadt am Main eine lohnenswerte Station auf der Deutschlandreise ist, wissen die Chinesen schon länger. Über 98.200 chinesische Besucher zählte die Tourismus und Congress GmbH im Jahr 2013. Das liegt nicht zuletzt daran, dass es sich hier verhältnismäßig günstig einkaufen lässt. Für die Besucher aus dem Reich der Mitte ist selbst die Goethestraße ein reines Schnäppchenparadies. Hochwertige Luxusmarken, für unsereins unerschwinglich, sind in den deutschen Niederlassungen wesentlich günstiger als in Asien. Kein Wunder, dass chinesische Reisegruppen auf ihren Erkundungstouren die Läden regelrecht zu plündern scheinen.
Joachim Stoll, Vorsitzender des Einzelhandelsausschusses der IHK, sieht darin für den Einzelhandel großes Potenzial und ermahnt die Händler, sich mehr um Touristen als Kunden zu bemühen: „Vor allem der Tourismus aus China wächst stark an. Der durchschnittliche chinesische Tourist bleibt weniger als zwei Tage und gibt pro Kopf in dieser Zeit 900 Euro aus. Das liegt deutlich vor den Russen, die pro Person durchschnittlich 630 Euro für Einkäufe in Frankfurt ausgeben“. Besonders beliebt seien neben Juwelieren, typische „Made in Germany“-Waren wie etwa Zwilling-Messer und hochwertige Topfsets, Lederwaren, WMF-Produkte, Rimowakoffer und Geschäfte wie Lorey.
Die meisten chinesischen Reisenden treffen in großen Gruppen an, die von einem Reiseleiter gezielt zu Geschäften geführt werden. Einige wenige jüngere Touristen trauen sich inzwischen auch alleine die Stadt zu erkunden, doch genau wie bei den Reisegruppen, stehen auch für sie ausgiebige Shoppingtouren im Vordergrund. Da ihnen jedoch meistens nur wenig Zeit vor Ort zur Verfügung steht, wird in der Regel sehr gezielt nach Einkaufsliste vorgegangen und weniger gebummelt. Um diese spezielle Kundschaft anzulocken, empfiehlt es sich auf ihre individuellen Bedürfnisse einzugehen. „Viele Touristen informieren sich vor der Reise schon online. Wo gibt es meine Marken in der Nähe vom Hotel?“, sagt Stoll. Je mehr sich die Chinesen allein durch die Stadt bewegen, desto stärker solle man Tax Free anbieten und auch die entsprechenden Kreditkarten akzeptieren. Das sowie die Kenntnis der kulturellen Gepflogenheiten seien die Grundvoraussetzung für das Touristengeschäft. Außerdem lohne es sich, Internetseiten, Broschüren und Visitenkarten mehrsprachig zu gestalten. Bei der IHK kann man darüber hinaus Schulungen für interkulturelles Verkaufstraining absolvieren. Galeria Kaufhof geht noch einen Schritt weiter und stellt gezielt Verkäufer ein, die Mandarin sprechen.
„Galeria Kaufhof ist ein Spezialist für europäische und außereuropäische Touristen. Sie kaufen gerne und häufig in unseren Filialen ein, weil sie neben der Einkaufsatmosphäre und dem breiten, hochwertigen Markenangebot insbesondere auch die Services schätzen, die Galeria Kaufhof speziell für ausländische Kunden bietet zum Beispiel Tax-Free-Service, Akzeptanz ausländischer Kreditkarten, Currency Choice, mehrsprachige Hauswegweiser und Kooperationen mit Reiseunternehmen", sagt die Konzernsprecherin Ruth Henn. Besonders wichtig für einen guten Service seien die Mitarbeiter im Verkauf: "In der Galeria Kaufhof an der Hauptwache gibt es rund zehn Mitarbeiter, die chinesisch sprechen; Menschen aus mehr als 35 Nationen arbeiten hier und können so häufig Kunden in deren Muttersprache beraten. Zwar gibt es keine konkreten Zahlen, wie hoch der Anteil chinesischer Kunden in unserem Haus an der Hauptwache ist. Es kommen jedoch jeden Monat bis zu 300 chinesische Reisegruppen in die Filiale."
Derzeit erlebe der Tourismus aus China einen besonderen Auftrieb mit hohen Zuwachsraten, sagt Henn. "Um die Kunden aus dem Reich der Mitte noch gezielter anzusprechen, heißen wir sie seit August 2013 mit vier chinesischen Schriftzeichen unter dem bekannten Galeria-Kaufhof-Logo willkommen. Das Logo ist markenrechtlich geschützt, verknüpft das bekannte Corporate Design mit einem chinesischen Markennamen für Galeria Kaufhof und wird auf allen Werbemitteln für chinesische Kunden eingesetzt. Derzeit gibt es beispielsweise zwei Broschüren in chinesischer Sprache.“
Auch am Flughafen ist man bereits bestens auf die ausländischen Gäste eingestellt. Dieter Hulick, Sprecher der Fraport, weiß um die Wichtigkeit der guten Kundenbetreuung: „Die Homepage des Flughafens ist unter anderem in Chinesisch gestaltet, ebenso die dazugehörige App. Am Flughafen selbst liegen fremdsprachige Broschüren und Speisekarten aus und das Shop-Personal verfügt über umfangreiche Sprachkenntnisse.“ Darüber hinaus stehen auf dem gesamten Gelände Einkaufsberater, die Personal Shopper, zur Verfügung, um die kauffreudige Kundschaft zu unterstützen.
Joachim Stoll ist überzeugt, dass Frankfurt als Shoppingmekka noch weiter ausgebaut werden kann, um nicht nur im deutschlandweiten, sondern auch im internationalen Vergleich als Einkaufsort ganz vorne dabei zu sein.